Inhalt
Thomas will heiraten, Nils versucht, die Affäre seiner Frau zu vergessen, und Andreas hofft, endlich die große Liebe zu finden, obwohl er dieser eigentlich abgeschworen hat. Nach schrägen Speed Dates, einem katastrophalen Junggesellenabschied und einer Beerdigung wird ihnen klar, worauf es imLeben wirklich ankommt: Familie, Freundschaft und Liebe.
Kritik
Til Schweiger (Der Eisbär) scheut sich keinesfalls davor, die ganz großen, profuden, ja, universellen Themen anzusprechen. Immerzu geht es um Familie, Freundschaft, Liebe und jene Fallstricke wie Scherereien, die mit diesen Bereichen früher oder später nun einmal einhergehen. Damit erklärt sich natürlich auch irgendwo der immense Erfolg, den Til Schweiger mit Filmen wie KeinOhrHasen, Kokowääh und Honig im Kopf feiern durfte. Unser Frauenversteher, nein, Quatsch; unser Menschenflüsterer stillt hier bundesdeutsche Sehnsüchte, die in der Mischung aus zotigem Brachialklamauk und (Behauptung) sensibler Lebensweisheit irgendwie in allen Altersklassen Anklang finden. Und genau das ist bedenklich, denn letztlich sind all die Dinge, die Til Schweiger hier scheinbar bewegen, ausschließlich verlogene Mittel zum selbstvermarktenden Zweck. Echte Menschen aus Fleisch und Blut sucht man auch in Die Hochzeit vergeblich.
Zeichnete sich Klassentreffen 1.0 – Die unglaubliche Reise der Silberrücken schon auf extrem unangenehme Art und Weise dadurch aus, eine ätzend-primitive Mischung von Ego-Macho-Kino und nostalgischer Selbstbeweihräucherung darzustellen, deren rückständig-infantiles Menschen- wie Weltbild in quasi jeder Einstellung zum Ausdruck gebracht wurde, ist Die Hochzeit nun die exakte Fortführung dessen – und erfüllt damit immerhin seine Funktion als Sequel. Noch immer geht es um Familie, Liebe und Freundschaft, um die Stolpersteine und die Schönheit, das Suchen und das Finden, und unser Womanizer Thomas Schilling (Schweiger) ist nun auch endlich an dem Punkt gekommen, seiner Nina (Stefanie Stappenbeck, Der 7. Tag) das Ja-Wort zu geben. Genug mit den Mitte 20-jährigen Groupies hinter der Bühne herumgebumst! Tommy hat sich weiterentwickelt und ist endlich angekommen – und erwartet dafür natürlich stehende Ovationen.
Denn – und hier wird es interessant (nicht wirklich, aber was soll's) – Til Schweiger begibt sich mit Die Hochzeit auf eine lächerliche Meta-Ebene und rechnet mit der Kritikerschaft ab, die seit jeher nichts Besseres zu tun hat, als seine Meisterwerke madig zu machen. Als Thomas Schilling erliegt er nun nämlich dem künstlerischen Anspruch, die Leute nicht mehr nur zum Tanzen zu bringen, sondern auch emotional zu erreichen. Das Ergebnis? Schlechte Presse, natürlich! Dabei hat er doch nur etwas Neues, Frisches, Anderes ausprobiert, ist zu unbekannten Ufern aufgebrochen und stößt damit in das gleiche selbstmitleidige Horn, welches bereits Klassentreffen 1.0 – Die unglaubliche Reise der Silberrücken permanent durchdrang. Am Ende ist es natürlich der Star-DJ, der sich für seinen Mut auf die Schulter klopfen kann, während der Rest der Welt einfach noch nicht bereit war, die erdrutschartige Brillanz seiner Schöpfung (von der man keinerlei Kostprobe erhält, klar) zu erkennen.
Samuel Finzi (Der Hauptmann) und Milan Peschel (Halt auf freier Strecke) dürfen sich zudem erneut in der unrühmlichen Position der jämmerlichen Sidekicks abmühen. Zwar wird nicht mehr auf Hämorriden und Pornosucht herumgeritten, dafür aber dienen Unfälle mit Potenzpillen, ungewollten Entblößungen vor den Partnern der Kinder und allgemeine sexuelle Frustration (gerne auch in Kombination mit der von Til Schweiger ohnehin mit Vorliebe auslebten Homophobie und Misogynie) als komödiantischer Treibstoff für Bloßstellung und Erniedrigung. Kurios und verstörend dabei ist nicht nur, dass Til Schweiger wirklich glaubt, die Charaktere damit greifbar zu konturieren, ihnen nahe zu kommen, sondern auch sein Komplex-verhafteter Zwang, dieses ganze wehleidige, von Produktplatzierungen verzogene Erbauungsgejammer zu nutzen, um sich eine hochnotpeinliche Plattform zu errichten, auf der er als Alltagsheld und Menschenkenner erstrahlt, letztlich aber nur veraltete Geschlechterbilder und Männlichkeitsvorstellungen bestätigt.
Fazit
Noch zäher als "Klassentreffen 1.0 – Die unglaubliche Reise der Silberrücken", erweist sich die Fortsetzung erneut als desaströser (und natürlich ungewollter) Offenbarungseid eines von egomanischen Männlichkeitskomplexen heimgesuchten Filmemachers, der das Kino nutzt, um sich auf verstörende Art und Weise selbst ein Denkmal zu setzen. "Die Hochzeit" ist wehleidig-verzogenes und handwerklich hilflos arrangiertes Erbauungsgejammer, das am liebsten mit dem Finger auf andere zeigt, um ein rückständig-infantiles Menschen- und Weltbild zu formen, das mit der Vorgabe zwischenmenschlicher Authentizität nichts mehr am Hut hat. Furchtbar.
Autor: Pascal Reis