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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Russland, Anfang der 1990er Jahre. Inmitten des postsowjetischen Chaos schlägt der brillante junge Mann Vadim Baranov seinen Weg ein. Zunächst Künstler, dann Reality-TV-Produzent, wird er zum Spindoktor eines aufstrebenden KGB-Agenten: Wladimir Putin. Im Zentrum der Macht gestaltet Baranov das neue Russland und verwischt die Grenzen zwischen Wahrheit und Lüge, Glauben und Manipulation.

Kritik

Beim dritten oder vierten Mal, dass jemand in (Suspended Time) satirischem Politthriller sagt: ”Hier in Russland …-” und dann angebliche Eigenheiten der russischen Mentalität erläutert, scheint der paternalistische Expositionsdrang des französischen Filmemachers besser geeignet für eine Doku. Eine solche verwehrt allerdings die Fiktion seines scheinhistorischen Szenarios. Das kokettiert mit der narrativen Nähe zu realen Figuren, die dennoch nie hinter der dramaturgischen Maske hervortreten. Vladimir Putin alias “der Zar”, wie ihn der Voice-Over des Protagonisten der Rahmenhandlung nennt; weit mehr noch als Paul Danos (The Studio) machiavellistischer Titelcharakter.

Vadim Baranov ist nach seinen eigenen Worten “machtsüchtige” Königsmacher des Kreml und klar erkennbares Alter Ego Vladislav Surkovs. Der russische Schattenpolitiker wuchs vom Avantgarde-Theaterregisseur, Schriftsteller und Funktionär zu einer der einflussreichsten Männer in enger - und gefährlicher - Vertrautheit zum Präsidenten. Den spielt Jude Law (Black Rabbit) mit maskenhafter Ungerührtheit als kühlen Kalkulator, mit irritierender Gleichgültigkeit gegenüber staatlichem Einfluss. Dagegen lässt Dano hinter Baranovs jungenhaftem Gesicht sowohl verwirrende Amoral als auch blasierte Banalität hervorblitzen. In einer realitätsfernen Rahmenhandlung erzählt er ausgerechnet einem anonymen amerikanischen Akademiker (Jeffery Wright, The Batman Part II) seine Laufbahn. 

Dieses unbegründete Vertrauen basiert ausschließlich in beider gemeinsamen Interesse für den bolschewikischen Schriftsteller Yevgeny Zamyatin, (wenn überhaupt) bekannt als Verfasser einer literarischen Inspiration zu George Orwells “1984”. In einem manierierten Monologe, dessen romaneske Rhetorik Giuliano Da Empolis gleichnamige Buchvorlage evoziert, schildert der mittlerweile ins Private zurückgezogene Baranov beim Tee-Kränzchen in seiner opulenten Datscha die in kapitelartigen Rückblenden illustrierte Haupthandlung. Die reicht von der progressiven Ära nach dem Ende der Sowjetunion bis ins Jahr 2014. Schlüsselereignisse wie das Kursk-Desaster und die Krim-Invasion definieren sich aus den Gegenpositionen Baranov und Putins.

Strukturelle Dichte verflacht die eintönige Aufzählung geschichtlicher Entscheidungen in Stil einer Prestige-Produktion fürs Fernsehen. Die ideologische und institutionelle Verflechtung, die eine neue Autokratie aus den Überresten des alten Systems stampft, bleibt ein ornamentales Randelement. Baranov inszeniert Propaganda, manipuliert Medien und formt die öffentliche Wahrnehmung. Unterwegs verfällt er der hedonistischen Ksenia (verschenkt:  Tanz der Titanenund konkurriert mit dem mächtigen Oligarchen Boris Berezovsky (Will KeenMy Lady Jane) und Banker Dmitri Sidorov (Tom Sturridge, The Chronology of Water). Die sarkastische Schein-Biografie eines modernen Rasputins ist das glattgebügelte Geschichts-Theater handwerklich tadellos und ausreichend unterhaltsam, doch gleich seines Hauptcharakters zu selbstvernarrt, um seine analytische Schwäche zu erkennen.

Fazit

Kernthemen wie mediale Steuerung, die Konstruktion gesellschaftlicher Realität und die intellektualistische Verführbarkeit bleiben in Olivier Assayas rigidem Zeitabriss dekoratives Denouement. Stilistisch sicher, dramaturgisch ambitioniert und historisch breit angelegt, verhebt sich sein Regierungs-Reigen zwischen Mockumentary, Monografie und Macht-Krimi an den eigenen Ambitionen. Die Studie politischer Korruption und skrupelloser Staatsräson scheitert nicht nur an ihrer chronistischen Konformität. Die progressive Post-Sowjet-Ära erscheint als Travestie westlichen Wertverfalls, die amoralischen Autokraten als schillernde Anti-Helden. Assayas totalitaristisches Theater folgt selbst der Macht-Ikonographie, die es demaskieren will.

Kritik: Lida Bach

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