Inhalt
Tridan Lagache (Dany Boon) hat sein ganzes Leben im Club Med verbracht und damit alle 8 Tage seine Freunde gewechselt. Im Alter von 50 Jahren verlässt er den mexikanischen Urlaubsclub, in dem er geboren wurde, um seine große Kindheitsliebe Violette zu finden – nach 42 Jahren! Naiv und verloren kommt Tridan in Paris an und freut sich, bei Louis (Kad Merad) unterzukommen, seinem Halbbruder, von dem er gar nichts wusste. Der möchte den mühsamen Tridan aber lieber wieder loswerden. So bittet Louis eine seiner Eroberungen, Roxane (Charlotte Gainsbourg), als die Violette aufzutreten, von der Tridan glaubt, dass er sie auf den ersten Blick wieder erkennen wird...
Kritik
Bei seiner Erfolgskomödie Willkommen bei den Sch'tis ist es anscheinend passiert. Dany Boon entdeckte eine für ihn wiederverwendbare Rezeptur. Eine universelle Formel, für deren Einhaltung er im Grunde nur zwei Zutaten, bzw. Rollen benötigt. Auf der einen Seite einen liebenswerten Naivling, der mit Zuversichtlichkeit genauso gesegnet wie gestraft ist und auf der anderen Seite einen robusten Gegenpol, der die rosarote Brille schon lange abgelegt hat und der Welt kritisch und eher ablehnend gegenüber steht. Den Part des schlichten Optimisten nahm er sich selbst an, das menschliche Gegenstück überließ er Kad Merad. Unbestreitbar die Entstehung eines Dream-Teams. Ihre Chemie machte einen Großteil des Charmes und der Komik von Willkommen bei den Sch'tis aus. Es verwunderte also nicht, dass das Duo sich immer wieder vor der Kamera zusammenfand, ohne aber jemals ihre erste Zusammenarbeit heranzureichen. Mit Voll ins Leben gibt es nun einen weiteren Versuch. Ein Vorhaben, welches aber wieder offenbart, dass Dany Boon (und Kad Merad) vielleicht einmal versuchen sollte, die Rezeptur zu ändern oder zumindest der Geschichte, die um die festgefahrene Konstellation errichtet wurde, mehr Sorgfalt zukommen zu lassen.
An und für sich, die Ausgangslage ja recht vergnüglich und bietet außerordentlich viel Eventualitäten, für eine spaßige Komödie. Der 50 Jahre alte Tridan (übersetzt: Dreizack) wurde im Urlaubsressort Club Med in Mexiko geboren. Als er acht Jahre alt war, verliebte er sich in die gleichaltrige Französin Violette. Jetzt verlässt er sein Zuhause zum allerersten Mal, um in Paris seine große Liebe wiederzusehen. Für den Urlaubsexperten, der dank seiner Club-Erfahrung jedem Menschen ein Lächeln abringen kann, klingt der Plan unglaublich einfach, aber schon bald muss er feststellen, dass die Suche nach Violette schwerer wird als gedacht. Nicht nur, weil er zum ersten Mal festes Schuhwerk anzieht, sondern auch, weil er plötzlich vor die Tatsachen gestellt wird, dass er mit Louis einen Halbbruder hat und es dann schon einige gewichtige Unterschiede zwischen dem Alltag im Club Med und Paris gibt.
Eine klassische Fish-out-of-Water-Geschichte, die Dany Boon (der wie oft hier auch für die Regie sowie das Script verantwortlich ist) aber nicht ausreicht. Immer mehr und mehr legt er auf die Auslage und achtet dabei nicht wirklich darauf, ob das alles tonal zusammen passt. Geschichten über Verlust und Trauma werden genauso halbherzig und teilweise tumb durchexerziert, wie die Eheprobleme von Louis. Alles Füllmaterialien, die nie wirklich so in der Komödie behandelt werden, dass sie eine wirkliche Gewichtung haben. Die Phrase Weniger ist mehr kommt da in den Sinn. Und tatsächlich, mit abgezogenen erzählerischem Ballast und einem klareren und vor allem kohärenten Fokus, hätte Voll ins Leben einiges hergemacht. So bleibt es ein amüsantes Filmchen, dass seine gelungenen Momente besitzt, aber die meiste Zeit um seine wunderbare Kernidee herum mäandert.
Immerhin gibt es Charlotte Gainsbourg. Die verorten viele ja größtenteils mehr in die düstere Arthouse-Ecke und mit Antichrist hat sie auch in einem dazugehörigen Koloss mitgewirkt. Aber die gute Frau gibt sich gerne auch in massentauglichen Produktionen die Ehre so wie eben jetzt in Voll ins Leben. Als Roxane bringt sie ein gutes Stück Leidenschaft und Sinnlichkeit in die Geschichte. Allerdings ist ihr Charakter durchzogen von übereiligen und manchmal fast schon willkürlich anmutenden Persönlichkeitswechseln. Eine Schwäche des Drehbuches, genau wie die oftmals zerdehnte Erzählung sowie das abrupt wirkende Ende, dass einem mit dem Gefühl zurücklässt, dass ein paar offene Fragen noch unschön im Raum stehen. Eine davon ist, ob Boon und Merad (der übrigens wirklich mal in einem Club Med gearbeitet hat) uns eines Tages als Leinwand-Duo noch (positiv) überraschen können? Hoffentlich. Das Talent wäre vorhanden.
Fazit
Trotz oder gerade weil das Duo Dany Boon und Kad Merad so eingespielt ist, gelingt es dem Titel nie, die schon sehr amüsante Grundidee in eine durchgängig funktionierende Komödie zu verwandeln. Mit Charlotte Gainsbourg hat die Produktion ein klares (darstellerisches) Highlight, aber auch sie kann nicht verhindern, dass der Film nicht "Voll ins Leben" geht, sondern mehr "Halb leer in die Gleichgültigkeit".
Autor: Sebastian Groß