6.6

MB-Kritik

Der andere Liebhaber 2017

Romance, Drama, Thriller

6.6

Marine Vacth
Jérémie Renier
Jacqueline Bisset
Myriam Boyer
Dominique Reymond
Fanny Sage
Jean-Édouard Bodziak
Antoine de La Morinerie
Jean-Paul Muel
Keisley Gauthier
Tchaz Gauthier
Clemence Trocque
Pascal Aubert
Guillaume Le Pape
Benoît Giros

Inhalt

Als sich die attraktive Chloé in ihren Psychotherapeuten Paul verliebt, scheinen all ihre Probleme gelöst. Sie zieht mit ihm zusammen, doch schon bald merkt sie, dass er ihr etwas verheimlicht. Durch Zufall entdeckt Chloé, dass Paul einen Zwillingsbruder hat, der ebenfalls Therapeut ist. Von Neugier getrieben begibt sie sich bei ihm in Behandlung und ist geschockt: Obwohl er ihm äußerlich aufs Haar gleicht, ist Louis das völlige Gegenteil seines Bruders – arrogant, zynisch und besitzergreifend. Trotzdem fühlt sich Chloé von ihm angezogen und gerät in ein gefährliches Geflecht aus Begierde und Täuschung.

Kritik

Die voyeuristische Eingangseinstellung von Francois Ozons krudem Sex-Horror resümiert perfekt, wie der Regisseur seine Protagonistin und überhaupt Frauen sieht, filmisch und menschlich: hilflose hysterische Lustobjekte, entweder nymphoman oder frigide, ängstlich und abhängig, Gebär-Mütter (ja, so anatomisch explizit wird es) und schließlich groteske Mutter-Monster, deren krankhafte oder mangelnde Liebesfähigkeit ihren Nachwuchs nachhaltig schädigt. Da kann Mann mit noch so viel Umsicht, medizinischem Fachwissen und materieller Sicherheit das ominöse weibliche Leiden zu kurieren versuchen. Nichtmal Softie-Psychiater Paul (Jeremie Renier) findet ein Heilmittel gegen das doppelte X-Chromosom. Das macht selbst das männlichste aller Y-Chromosomen putt. Deshalb sind vom Klinefelter-Syndrome betroffene Individuen, wie Ozon tolerant und feinfühlig ausführt, „Monster“. 

Genau wie Zwillinge. Besser gesagt, einer von beiden: der Böse! Der ist in der losen Adaption von Joyce Carol Oats' Roman „Lives of the Twins“ Louis Delord (Renier). Der arrogante Psychologe finanziert sein mit Designerspiegeln (Spiegel - Zwillinge, kapiert?) vollgehängtes Behandlungs-Apartment mit Therapiesitzungen, für die er schon mal 150 Euro für fünf Minuten berappt: „Ich entscheide, wann die Sitzung vorbei ist!“ Klingt nach Komödie, soll aber ein nervenzerfetzender Erotik-Thriller sein. Eines Tages sitzt in Louis' Designerstuhl die junge Chloe (Marine Vacath). Ihre Wehwehchen hat sein Zwillingsbruder Paul bereits analysiert: alles psychosomatisch, wie das bei Frauen halt ist. Sein Mittel dagegen? Sex. Mit wem? Ihm.

Klingt wieder nach Komödie, aber jede der 110 Minuten Laufzeit nimmt sich todernst. Chloe braucht mehr Sex-Therapie und kriegt die bei Louis. Klingt nach miesem Soft-Porno und nichts anderes ist die reißerische Dreiecksgeschichte. In der Optik eines Calvin-Klein-Werbeclips gibt es unsinnige Füllszenen und Küchenpsychologie, garniert mit ekelhafter Menschenfeindlichkeit. Louis durchschaut Chloes Abwehr seiner aggressiven Zudringlichkeit als unterdrückte Lust, denn wenn Frauen „Nein!“ rufen und sich wehren, wollen sie eigentlich doch. So stellt es Ozon wiederholt dar, während er Zwillings-Horror-Klischees und mit einer Portion Rosemarie's Baby verquickt. Als roter Faden bleibt nur ein Motiv: knuffige Kätzchen. Die verfehlen ja nie ihre Wirkung. Nichtmal in Cannes.

Fazit

Der aalglatt inszenierte Mix aus Sex, Ekelmomenten und sinn- und zusammenhanglosen Szenen versteckt seinen Voyeurismus hinter den aufgetakelten Szenenbildern einer Markenreklame und Thriller-Klischees. Das Resultat ist jedoch so offenkundig spekulativ und uninspiriert, dass es weder für Spannung reicht noch für Grusel. Letzten erzeugt dafür die sozial und wissenschaftlich gleichermaßen rückständigen Zerrbilder.

Autor: Lida Bach
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