Inhalt
Eine „Coming of RAGE“-Liebesgeschichte der gefeierten Autorin Diablo Cody (Jennifer’s Body) über einen missverstandenen Teenager und ihren Highschool-Schwarm, der zufällig eine hübsche Leiche ist. Nachdem er durch eine Reihe spielerisch schrecklicher Umstände wieder zum Leben erweckt wird, begeben sich die beiden auf eine mörderische Reise, um Liebe, Glück und ein paar fehlende Körperteile zu finden.
Kritik
Nachdem das Drehbuch zu Juno einen beeindruckenden Hype auslöste, schien Hollywood für die Autorin Diablo Cody weit geöffnet zu sein. In einer kreativen Partnerschaft mit Steven Spielberg realisierte sie die Serie Taras Welten, die leider nicht den erwarteten Erfolg verbuchen konnte. Im Kinobereich sollte indes der Horrorfilm Jennifer's Body - Jungs nach ihrem Geschmack den wohlverdienten Ruf von Cody weiter festigen, jedoch waren auch hier die Resonanzen eher marginal. Trotz des inzwischen kultähnlichen Status des Titels bleibt das Endergebnis im Vergleich zu den hohen Erwartungen zweifelsohne enttäuschend. Nun, viele Jahre später, wurde ein weiteres Horror-Skript von ihr verfilmt, nämlich Lisa Frankenstein. Diese Produktion präsentiert sich als facettenreiches Konglomerat aus nostalgischen Eighties-Vibes, softer Nekroromantik und einer biestigen Spießbürger-Satire.
Die Hauptrolle wird von Kathryn Newton verkörpert, die bereits in der Horrorkomödie Freaky im Genre überzeugend agierte. Als Lisa verkörpert sie eine Außenseiterin, deren Charakterisierung an die von John Hughes gezeichneten Figuren erinnert. Es lässt sich vermuten, dass der Schöpfer von Werken wie Ferris macht Blau oder Breakfast Club eine bedeutende Inspirationsquelle darstellte, da Lisa Frankenstein den Eindruck eines vergessenen Hughes-Films zu vermitteln versucht. Diese Illusion wird durch passenden Indie-Pop-Soundtrack der späten 1980er Jahre unterstrichen. Glücklicherweise wird auf übermäßige Verwendung popkultureller Zitate verzichtet. Der ästhetische Ansatz dient hier primär der visuellen Gestaltung und nicht der formgebenden Entwicklung von Handlung und Figuren. Die meisten Charaktere folgen klaren Leitlinien, wobei Taffy (Liza Soberano, Trese), Lisas Stiefschwester, als erfreuliche Ausnahme heraussticht. Die beliebte und erfolgreiche Cheerleaderin entpuppt sich als unüberraschend naiv und weniger intelligent, aber durch ihre angestrengte Offenheit wird sie zu einer des interesanteren Persönlichkeiten im Film.
Nicht erst, wenn Cole Sprouse (Zack & Cody) als namenlose Kreatur aus dem Grab steigt, sondern bereits zuvor, wenn wir erfahren, dass Lisa den Mord an ihrer Mutter durch einen maskierten Killer mitansehen musste, integrieren Diablo Cody und die Regisseurin Zelda Williams effektive, wenn auch unbefriedigende Elemente in ihren Film. Das Schicksal der Protagonistin wird selten wirklich vertieft. Fragen nach dem Mörder, seinen Motiven oder einer möglichen Rückkehr bleiben unbeantwortet. Die Absicht der Macher*innen, das Publikum zu trollen oder eine andere Agenda zu verfolgen, könnte zu spannenden Diskussionen führen – sicherlich interessanter als der Film selbst, der trotz seiner vielfältigen, morbiden und charmanten Ideen niemals so recht Fahrt aufnimmt. Selbst wenn Bewegung eintritt, wirkt der Film erstaunlich steif und fade. Den einzelnen Szenen fehlt es an Struktur und Aufbau. Da helfen dann auch nerdige Jokes über G.W. Pabst oder sympathische Needle Drops wenig weiter.
Die erzählte Geschichte von Lisa Frankenstein ist durchaus vielversprechend. Sowohl die untote Kreatur als auch die Titelfigur lernen, sich zu ermächtigen und für sich einzustehen. Diese Erzählweise spiegelt Codys wiederkehrendes Thema der Selbstbestimmung wider, gepaart mit der Abwehr von Heteronomie. Als bunte und schwarzhumorige Komödie angelegt, fallen die Gags jedoch häufig flach, und die Handlung scheint von der absorbierten Ästhetik besoffen zu sein, unfähig, ein klares Narrativ zu entwickeln. Der Film schwankt zappelig und unentschlossen zwischen Coming-of-Age, ausgelebten Rachephantasien und postpubertärem Natural Born Killers in der Vorstadt-Idylle. Eine plagiatfreie Interpretation von May mit deutlichen Einflüssen von Tim Burton. Es mag Sinn ergeben und Spaß machen, wenn man es sich vorstellt. Jedoch fehlt es dem Werk an einem deutlichen Feinschliff. Denn Trotz vieler kurioser, morbider und charmant wirkender Ideen bleibt der Puls des Films stets mehr tot als lebendig. Auch Lisa Frankenstein wird vermutlich das gleiche Schicksal ereilen wie Jennifer's Body. Vielleicht heißt es 15 Jahre später dann auch bei Lisa Frankenstein, dass er gar nicht so übel war.
Fazit
"Lisa Frankenstein" verspricht ein facettenreiches Zusammenspiel aus 80er-Charme, Nekroromantik und spöttischer Spießbürger-Satire. Wirklich überzeugend umgesetzt ist davon leider nichts. Ein Titel, dessen Ideen und Ansätze auf dem Papier besser und durchdachter wirken, als im Film.
Autor: Sebastian Groß