Inhalt
Nach einer persönlichen Tragödie zieht sich Harper allein in die wunderschöne englische Landschaft zurück, in der Hoffnung, einen Ort der Heilung zu finden. Aber jemand oder etwas aus den umliegenden Wäldern scheint sie zu verfolgen. Was als schwelendes Grauen beginnt, entwickelt sich zu einem ausgewachsenen Albtraum, der von ihren dunkelsten Erinnerungen und Ängsten bevölkert wird.
Kritik
Männer sind doch alle gleich! Darauf läuft es hinaus in Alex Garlands (Auslöschung) unebenem Beitrag zur parallel zu Cannes abgehaltenen Quinzaine des Réalisateurs. Die dritte Regiearbeit des Autors versucht sich wie bereits seine Science-Fiction-Story Annihilation an einer feministischen Perspektive, die allerdings wenig überraschend mehr über männliche Fixierungen und Ängste aussagt als über weibliche Traumata. Von denen hat die Hauptfigur Harper (Jessie Buckley, Frau im Dunkeln) jede Menge im Gepäck, als sie auf einem englischen Landsitz Erholung sucht.
Was die einer pathologischen Beziehung entkommene Protagonistin in ihrem von dichten Wäldern und verfallenden Ortschaften umgebenen Refugium stattdessen erwartet, ist der vertraute Schrecken in neuem (oder gänzlich ohne) Gewand. Unter der gelungenen Maske steckt ein wandelbarer Rory Kinnear (Our Flag Means Death) in einer Reihe prototypischer Personifikationen misogyner Aggression: als schmieriger Hausherr Geoffrey, perverser Teenager mit Sex-Puppen-Maske, patriarchalischer Priester, Chauvi-Prolls im örtlichen Pub und animalischer Stalker, dessen exhibitionistische Tendenzen augenscheinlich Teil heidnischer Huldigung eines Waldgottes sind.
Die den Auftakt der Handlung dominierenden Folk Horror Elemente überschatten das isolierte Idyll mit einer Atmosphäre unterschwelliger Bedrohung, die entschieden effektiver ist als der sicht- und greifbare Schrecken attackierender Kinnear-Kopien. Deren ironisch übertriebene Creepiness untergräbt die vorgeblich feministische Perspektive Harpers als unzuverlässig und macht gerade Zuschauern die Abgrenzung allzu leicht: Stichwort #NotAllMen. Die Holzhammer-Message, dass toxische Männlichkeit sich immerzu in verschiedenen Variationen fortpflanze, ist weniger eine Erklärung frauenverachtender Gewalt als deren verkappte Rechtfertigung.
Fazit
Feministische Ambitionen und Folk Horror verkoppelt Alex Garland auf enttäuschend uninspirierte Weise zu einer bizarren Bedrohungskonstellation, die weit spannender klingt, als sie im Endeffekt umgesetzt ist. Gezielte Ironisierung und unfreiwillige Komik verschmelzen untrennbar, als mörderischer Machismo und monströse Märchenhaftigkeit aufeinandertreffen. Der Körper-Horror Klimax verrät mehr über männliche Ängste vor reproduktiver Redundanz und Freud'scher Fixierung auf weibliche Mysterien als die Auswirkungen alltäglicher Aggressionen. Das starke Schauspiel und und morbide Momentaufnahmen erinnern an das verschenkte Potenzial.
Autor: Lida Bach