Inhalt
London, 1970: Sally Alexander (Keira Knightley) hat es satt, als Frau ständig benachteiligt zu werden. Insbesondere der alljährliche „Miss World“-Wettbewerb steht für sie sinnbildlich für ein veraltetes Frauenbild. Zusammen mit der rebellischen Jo Robinson (Jessie Buckley) will sie die Öffentlichkeit auf die Missstände in der Gesellschaft aufmerksam machen. Unterdessen reisen die Teilnehmerinnen der bevorstehenden Misswahl an und bereiten sich auf das TV-Ereignis des Jahres vor – 100 Millionen Zuschauer werden zu der von Komiker Bop Hope (Greg Kinnear) moderierten Show weltweit an ihren Fernsehgeräten erwartet. Während Außenseiterin Miss Grenada (Gugu Mbatha-Raw) und ihre Konkurrentinnen das Posieren in Badeanzügen üben, schmiedet die „Women’s Liberation Movement“ um Sally und Jo einen Plan, der die Welt endlich wachrütteln soll …
Kritik
Misswahlen sind furchtbar! Mit das schrecklichste, was es in der Unterhaltungs- und Eventindustrie gibt. Während die Veranstalter heutzutage krampfhaft versuchen die Wahl zu Miss Beauty oder Miss Ofenkartoffel in falsche Relevanz zu kleiden, waren diese Shows noch vor einigen Jahren durchaus eine gern gesehene Attraktion. Doch nicht erst seit den 2000ern regt sich Widerstand gegen Misswahlen, die ihre Teilnehmerinnen eigentlich nur auf ihr Aussehen reduzieren - auch wenn die Verantwortlichen nicht müde werden zu betonen, dass auch andere Aspekte wichtig sind, um am Ende die Krone zu bekommen. Aber am Ende des Tages bleibt es was es ist: Eine Fleischbeschauung. Als die Wahl zur Miss World 1970 in London stattfand, kam es erstmals dazu, dass der Protest von (vornehmlich) Frauen gegen solche Veranstaltungen pressewirksam vor die Bühne des Events verlagert wurde. Davon erzählt nun Die Misswahl - Beginn einer Revolution von Regisseurin Philippa Lowthorpe.
Doch nicht alleine davon handelt der Film. Es geht auch um die US-amerikanische Moderatorenlegende Bob Hope (Greg Kinnear, Little Miss Sunshine), die Apartheid in Südafrika, das Training der Anwärterinnen zur Miss World und natürlich die feministische Bewegung. Das Drehbuch von Rebecca Frayn (The Lady - Ein geteiltes Herz) und Gaby Chiappe (Ihre beste Stunde - Drehbuch einer Heldin) ist also vollgestopft, geradezu überladen mit durchaus interessanten wie wichtigen Themen, die allerdings in den knapp 105 Minuten niemals vollends befriedigend ausgeschöpft werden können. Mit spürbarem Zeitdruck rast, springt und hetzt der Film von einem Thema zum anderen, nutzt die Misswahl dabei als (manchmal recht dünnen) roten Faden und schafft es leider nicht wirklich eine Sache ausgiebig genug zu behandeln. In Die Misswahl - Beginn einer Revolution steckt so viel drin, dass eine Mini-Serie wahrscheinlich besser gewesen wäre, als ein Kinofilm.
Etwas reduziert wird der Ballast des Films von den Darstellerinnen. Während Keira Knightley(Can a Song Save Your Life?) ein wenig wie auf Autopilot agiert, darf Jessie Buckley (I'm Thinking of Ending Things) mit aggressivem rebellischem Gestus und enormer Quirligkeit über die Leinwand preschen, was Die Misswahl - Beginn einer Revolution durchaus einen bitter notwendigen vitalen Kick verleiht. Auch die Darstellerinnen der Miss-World-Kandidatinnen können durchaus überzeugen, vor allem weil das Script hier von klischeehaften Zickenkrieg-Szenen ordentlich Abstand hält. Einige der Momente, die die Vorbereitung zur großen Show zeigen erweisen sich dazu auch als durchaus amüsant, ohne die Kritik an der Veranstaltung und dem einhergehenden Weltbild aus dem Auge zu verlieren.
Dennoch bleibt stetig das Problem bestehen, dass Die Misswahl - Beginn einer Revolution sich einfach zu viel aufgeladen hat, für nur einen Film. Am Ende konnte kein Aspekt, keine Komponente wirklich vollends behandelt werden. Das Ergebnis sind jede Menge Leerstellen und auch wenn vorm Abspann noch ein paar Texttafeln auf den Zuschauer warten, entlässt der Film einen nicht gerade mit dem Gefühl, eine vollwertige Geschichte gesehen zu haben, sondern nur Facetten. Die eine kurz angerissen, die andere etwas mehr. Da aber jeder der vielen Themen, die Die Misswahl - Beginn einer Revolution vorlegt, interessant, spannend und gerade im Kontext zur heutigen Zeit wichtig ist, wirkt das Gesamtbild leider zu überproportional, um in voller Gänze zu überzeugen.
Fazit
Statt eines Kinofilmes hätte sich das Script zu "Die Misswahl - Beginn einer Revolution" wohl besser für eine Mini-Serie geeignet. Zu viele interessante wie spannende Themen werden versucht in unter zwei Stunden ordentlich behandelt zu werden. Das funktioniert nicht. Das Ergebnis ist ein Film mit guter Absicht, der sich aber so überladen hat, dass er nur keuchend und kriechend den Abspann erreicht.
Autor: Sebastian Groß