MB-Kritik

Mo Papa 2025

Drama

Inhalt

Eugen, 28, wird nach zehn Jahren Haft entlassen, weil er versehentlich den Tod seines jüngeren Bruders verursacht hat – eine tragische Tat, die durch sein unbewältigtes Trauma der Verlassenheit durch seine Eltern ausgelöst wurde. Nun, da nur noch sein entfremdeter Vater und seine Kindheitsfreunde Stina und Riko aus dem Waisenhaus in seinem Leben sind, hofft Eugen auf Versöhnung. Doch die Narben der Verlassenheit ziehen ihn zurück in destruktive Verhaltensmuster. „Mo Papa“ beleuchtet einen verheerenden Kreislauf des Traumas, in dem Liebe und Selbsthass verschwimmen und Vergebung durch die Last der Schuldgefühle blockiert wird.

Kritik

Schuldgefühle, seelische Narben und soziale Marginaisierung sind das dramaturgische Momentum Eeva Mägis stilsicheren Sozialdramas, das konzeptionelles Kalkül und imitierten Independent-Look geschickt zu einer authentischen Aura kombiniert. Das bescheidene Budget fügt sich perfekt in die doppelte Dramaturgie vor und hinter der Kamera, die dem frisch aus der Haft entlassenen Eugen (Jarmo Reha) bei seinen schwierigen Schritten in ein neues Leben begleitet. Nach zehn Jahren hinter Gittern für die Tötung seines jüngeren Bruders hat er nur noch seinen Vater und Freundschaften in ähnlich prekären Situationen wie er.

Beide sind wie Eugen Gefangene ihrer sozialen Umstände. Stina (Ester Kuntu) sieht keinen Ausweg aus der materiellen Abhängigkeit ihrer Sugar-Beziehung, Riko (Paul Abiline) sitzt in der Psychiatrie. Der emotionale Halt, den sie Eugen geben wollen, fehlt ihnen selbst. „Wir weinen nicht“, ermahnen sich Stina und der junge Hauptcharakter gegenseitig in einem zahlloser Momente schroffer Sentimentalität. Jene drücken gezielt auf die Tränendrüse des Publikums, dem parallel zum Plot der Produktionsmythos gefüttert wird. So basieren die Ereignisse angeblich auf „gelebter Erfahrung“ - allerdings nicht Mägis.

Dass gelebte Erfahrung, die man nicht gelebt hat, keine gelebte Erfahrung ist, wird dabei ebenso übergangene wie die Spezifika der das Handlungsgeschehen untermauernden psychiatrischen Erlebnisse. Die Regisseurin und Drehbuchautorin war zwar in der Psychiatrie, allerdings nicht als Internierte, sondern Wärterin. Passend dazu bleibt ihr dramatischer Blick eine spürbar distanzierte Außenperspektive. Jene biegt die minimale Handlung nach der bekannten filmischen Formel für anspruchsvolle Arthouse-Dramen. Unstete Handkamera, teilimprovisierte Dialoge, eine düster-kalte Farbplatte, ruppiges Schauspiel, Figuren am Rande des psychischen Kollaps. Independent-Nimbus wird zum Image.

Fazit

Selbstsicheres Schauspiel, tiefschürfende Themen und raue Romantik bündelt Eeva Mägi zum zweiten Teil einer Leinwand-Trilogie, versiert auf minimales Plotting und dialogische Improvisation. Als „göttlichen Funken“ bezeichnet die Regisseurin die Eingabe zu diesem pseudo-authentischen Prestige-Projekt, dessen Entstehungsgeschichte integraler Teil des kunsthandwerklichen Konstrukts ist. Die Inszenierung orientiert sich mehr an visuellen Schemata als emotionaler Wahrhaftigkeit. So wird die Kulisse des verschneiten Tallinn zur vertrauten Analogie von Gefühlskälte und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Der wortlastige Plot überbrückt den Mangel narrativer Ausarbeitung und psychologischer Präzision mit Genre-Manierismen und inszenatorischen Codes.

Autor: Lida Bach
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