Inhalt
Unterwegs im Herzen der Highlands, erhält Edmond Murray (James McAvoy) einen Anruf von seiner in Tränen aufgelösten Ex-Frau Joan (Claire Foy). Ihr siebenjähriger Sohn ist auf einem Campingplatz verschwunden. Als Edmond am Campingplatz ankommt, trifft er auf Joan und den führenden Ermittler Inspector Roy (Gary Lewis). Nach aussichtslosen Einsätzen des Suchtrupps wird klar, dass es sich um eine Entführung handelt. Eine unangenehme Begegnung zwischen Edmond und Joans neuem Freund Frank (Tom Cullen) schöpft bei Edmond Verdacht....
Kritik
Es gibt zwei Besonderheiten an dem Film My Son: Die erste ist, dass der Regisseur und Drehbuchautor Christian Carion (Merry Christmas) mit My Son ein Remake seines eigenen französischen Films Mon garçon erschaffen hat und die zweite ist, dass James McAvoy (Es-Kapitel 2) und Claire Foy (The Crown) kein Drehbuch bekamen und alle Szenen und Dialoge wie im Original improvisieren mussten. Das hebt die schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller natürlich auf ein ganz hohes Niveau. Das Improvisationstalent der beiden ist überragend. Von James McAvoy hat man natürlich nichts anders erwartet, denn seine außergewöhnliche Darbietung in Split hat sich wohl bei den meisten Zuschauern ins Gedächtnis eingebrannt.
Abgesehen von gutem Schauspiel hat My Son auch noch eine stimmige düstere Atmosphäre und atemberaubende Landschaftaufnahmen zu bieten. Während Edmond (James McAvoy) mit seinem Auto durch die wunderschönen schottischen Highlands fährt, spürt man die Unbehaglichkeit, die Dunkelheit und die Kälte regelrecht am eigenen Leib. Untermauert mit bedrohlicher Musik wird die Stimmung der beiden Protagonisten, die auf der verzweifelten Suche nach ihrem Sohn sind, passend wiedergegeben. Während des ganzen Films verirrt sich kein einzelner Sonnenstrahl auf den Bildschirm. Entweder es regnet gerade oder es sieht so aus, als würde es jeden Moment regnen. Insgesamt wird ein schönes Setting geschaffen, um die irre Verzweiflung bei der Suche nach einem vermissten Kind darzustellen.
Die Gefühle kochen hoch und es gibt emotionale Gespräche, gegenseitige Schuldzuweisungen und Wutanfälle. Trotz all dem ist My Son kein Film, bei dem alles Schlag auf Schlag geht, vielmehr schreitet die Handlung langsam voran. Was der eine als Stärke ansehen könnte, würde der andere eher als Schwäche identifizieren, weil My Son teilweise das erzählerische Tempo zu sehr herausnimmt und man zu lange hingehalten wird bis etwas passiert. Es bleibt trotzdem spannend, doch es nicht die Art von Spannung, bei der man kaum still sitzen kann, der Film löst beim Zuschauer eher eine ruhige interessierte Erwartungshaltung aus. Hier heißt es „weniger ist mehr“ , darum wird vieles in Gesprächen wiedergegeben, ohne es wirklich zu zeigen. Das regt wiederum die Fantasie an und überlässt es dem Zuschauer, das große Ganze zu erkennen, ohne jede Kleinigkeit auf dem Bildschirm wiedergeben zu müssen.
Fazit
„My Son“ ist eine clevere, düstere und stimmige Inszenierung einer Vermisstensuche vor der atemberaubenden Kulisse der schottischen Highlands, mit zwei talentierten Hauptdarstellern, die alle Dialoge improvisiert haben. Insgesamt handelt es sich hier um eine beeindruckende Leistung mit einem starken Gespür für die richtige Atmosphäre. Allerdings ist das Erzähltempo leider stellenweise zu langsam, sodass die Spannung zwar aufgebaut wird, aber der Film trotzdem nicht dauerhaft zu fesseln vermag.
Autor: Yuliya Mieland