Inhalt
Ein wahrlich beunruhigendes Kind ist Nico, ebenso hochbegabt wie durchtrieben. Ein passionierter Schachspieler und noch viel passionierterer Misanthrop. Seine distanzierte Art lässt Nicos wohlhabende Eltern einen Psychologen auf den Plan rufen – zumal der pubertierende Junge offensichtlich in den blutigen Tod des Haustieres verwickelt war und mit steigendem Argwohn auf Vater und Schwester blickt. Psychologe Julio sträubt sich gegen die Ansicht, dass Nico sich zu einem gefährlichen Irren entwickelt. Er versucht die Talente des Jungen zu fördern und die Geheimnisse der emotional defekten Familie zu lüften.
Kritik
"Son of Cain" beginnt blutig und präsentiert bereits nach wenigen Minuten den blutüberströmten Hund der Familie Albert. Es folgt die Frage, ob Sohn Nico nicht nur Misanthrop, sondern auch potentieller Mörder ist. Die spanische Produktion driftet anschließend jedoch nicht in House-Terror oder Slasher ab (was jederzeit möglich scheint). Bewusst bleibt die Geschichte ruhig und der narrative Überraschungseffekt stets Sieger über blutige Extreme.
Nachdem Psychologe Julio (Julio Manrique) zu Hilfe eilt und den stets garstigen Teenager in ein Schachspiel verwickelt, entspinnt sich ein graziler Überbau zur Paranoia im Hause Albert. Nico tritt einem renommierten Schachverein bei und scheint sogar Gefühle für eine Kontrahentin zu entwickeln. Der Side-Plot steuert auf ein großes Schachturnier zu, während in den heimischen vier Wänden immer wieder neue Verdachtsmomente lauern. Warum ist der Vater von Nico nur so cholerisch und bringt ausschließlich seiner kleinen Tochter Liebe entgegen? Warum hat Nico ein Guckloch zum Badezimmer? Eine geheime Schatulle bringt vielleicht Licht ins Dunkel.
Die Ausgangssituation klingt ein wenig nach „We need to talk about Kevin“. Doch „Son of Cain“ grenzt sich durch ein größeres Ensemble ab, indem jede Figur irgendein schmutziges Geheimnis hat. Oder warum springt Nico's Mutter ohne lange zu zögern mit Julio ins Bett?
Augenscheinlich wird paktiert und um die wahre Bedrohung in der Familie gerätselt. Dabei stößt manchmal sauer auf, dass der Zuschauer nicht selbst kombinieren darf, sondern „Son of Cain“ jeden neuen Kniff mit dem Vorschlaghammer präsentiert. Im Finale lohnt sich das Konzept allerdings und das perfide Schachspiel endet mit einem furchtbaren von langer Hand geplanten Matt. Um die beklemmende Atmosphäre zu forcieren, ist „Son of Cain“ in sterilen hellen Bildern abgefilmt. Dazu noch dezenter Einsatz von Musik und schon sind alle Zuschauer auf verstohlene Blicke und kleinste verräterische Gestern von wem auch immer gerichtet.
Fazit
„Son of Cain“ ist ein beklemmender Thriller, der sein kompaktes Ensemble herrlich zwiespältig zeichnet und bis zum Ende offenlässt, vor wem man sich hier eigentlich am meisten fürchten muss. Dabei führt allein schon der Titel geschickt auf eine falsche (oder doch richtige?) Fährte.