Inhalt
El Mariachi hatte sich einem Leben in Einsamkeit ergeben. Aus diesem wird er jedoch jäh herausgerissen, als ihn der undurchschaubare CIA-Agent Sands für einen tollkühnen Mordplan gewinnen will, in den der Präsident von Mexiko, ein kompromissloser Drogenbaron und ein korrupter General verwickelt sind. El Mariachi hat seine eigenen Gründe dafür, warum er den Auftrag annimmt: Er will Rache. Und so schart er seine zwei einzigen Freunde um sich und zieht in eine Schlacht, in der nur der überleben wird, der an die Liebe, die Freiheit und ein aufrechtes Mexiko glaubt.
Kritik
2003 war es endlich soweit: Irgendwann in Mexico erblickte das Licht der Welt. Acht lange Jahre sollten ins Land ziehen, bis Regisseur und Drehbuchautor Robert Rodriguez (The Faculty) nach Desperado den dritten Teil der sogenannten Mariachi-Trilogie ablieferte. Jene Reihe, die 1992 mit El Mariachi für ein sagenhaft schmales Budget aus der kinematographischen Taufe gehoben wurde und den Grundstein der spannenden Karriere des mexikanischen Künstlers legte, die heute Kultfilme wie From Dusk Till Dawn, Sin City oder Machete umfasst und zuletzt sogar im hochbudgetierten Blockbuster Alita: Battle Angel mündete. Man konnte sagen, dass Robert Rodriguez zu dieser Zeit bereits in der Branche angekommen war, was die gemischten Reaktionen auf Irgendwann in Mexico fast schon ein Stück weit zu plausibel erscheinen lassen.
Die große Qualität von Rodriguez nämlich keimte immer daraus, seine Vielseitigkeit und seine Originalität unter Beweis zu stellen. Erwiesen sich die Mittel der jeweiligen Produktion auch noch so überschaubar, der Mann hatte immer eine zündende Idee, wie er damit umgehen konnte, sprich, wie er die einschränkenden Umstände künstlerisch für sich nutzbar erklärte. In Irgendwann in Mexico allerdings scheint es aus den ersten Blick so, als würde sich der Meister nun damit begnügen, sich auf Selbstzitaten auszuruhen, was bis zu einem gewissen Grad nicht von der Hand zu weisen ist. Erneut beginnt alles mit Cheech Marin (Ghostbusters II), der von einem Fremden, in diesem Fall der CIA-Agent Sheldon Sands (Johnny Depp, Donnie Brasco) aufgesucht wird. Diesem sind die Geschichten um einen gewissen Mexikaner zu Ohren gekommen.
Und wie schon in Desperado dient die Eröffnung von Irgendwann in Mexico erst einmal dazu, die weitläufige Legende rundum den Mariachi (Antonio Banderas, Die Maske des Zorro) zu befeuern. Das kann man nun altbacken finden, passt aber in erzählerische Konzept der El Mariachi-Welt, in der sich Robert Rodriguez vordergründig damit beschäftigt, Mythen zu bestätigen und neue Mythen zu erschaffen. Im Gegensatz zum Vorgänger konnte Rodriguez nun auf das fast vierfache Budget zurückgreifen, was offensichtlich die Ambition in ihn geweckt hat, all die Einfälle in dem Szenario unterzubringen, die ihm seit Jahren vermutlich schon im Kopf herumkreisten. Das beginnt allein schon mit der fast durchweg hochkarätig besetzen Fülle an Charakteren, die sich hier in einer politischen Verschwörung wiederfinden, in der Liebe, Rache, ein Staatsstreich und gutes Essen die tonangebenden Einheiten darstellen.
Robert Rodriguez überlädt respektive überspannt seinen Irgendwann in Mexico etwas zu deutlich und erweckt damit zu oft den Anschein, es würde sich hier um eine reinrassige Nummernrevue oder den Best-of-Zusammenschnitt mexikanischer Exploitation handeln: Es passiert ständig etwas, Explosionen, große Gesten, verwegene Wortwechsel. Die Geschichte befindet sich durchweg in Bewegung, aber sie wirkt inkohärent, was die Bewegung in keine klare Richtung kanalisiert. Eine Ansammlung von Coolness durchtränkter Action macht am Ende des Tages keinen Unterschied, wenn man sie als actiongeladene Coolness verkauft – es bleibt so oder so eine fahrig-wüste Ansammlung aus Eindrücken und Eingebungen. Dennoch haben wir es hier immer noch mit einem Projekt von Robert Rodriguez zu tun, und der inszenatorisch bekanntlich mit allen Wassern gewaschen ist. In diesem Fall wohl mit Feuerwasser.
Obgleich sich Irgendwann in Mexico etwas auch zu überfrachtet formulieren mag, so ist es doch erneut eine cineastische Freude, in die Rodriguez'eske Mythenlandschaft abzutauchen, in der bleihaltig-blutspritzende Schusswechsel, ikonische Posen, detailverliebte Referenzen und eine berückende Ästhetik an der Tagesordnung stehen. Zum ersten Mal hat Rodriguez hier indes mit High-Definition-Kameras gearbeitet – und das Ergebnis ist absolut formidabel. Die durchstilisierten Fotografien sind keinesfall artifiziell, sondern plastisch, körnig, von einer – um beim Thema zu bleiben - fast mythischer Schönheit beseelt, in der man sich verlieren möchte. Sie sind verantwortlich dafür, um den Zuschauer in den hitzigen Bann des Geschehens zu ziehen und Robert Rodriguez bei der Verwirklichung seiner Vision die bestmögliche Plattform zu geben, auf der Legenden noch Legenden sein dürfen.
Fazit
"Irgendwann in Mexico" befindet sich nicht mehr auf dem Niveau von "Desperado": Dafür ist der Abschluss der Mariachi-Trilogie zu überladen und inkohärent. Man hat das Gefühl, dass Robert Rodriguez hier fast schon zu viel Geld zur Verfügung stehen hatte und sich dadurch nicht mehr auf die Prinzipien seiner ökonomischen Erzählstrategien konzentrieren konnte. Dennoch ist das dritte Abenteuer der Gitarrenkämpfers ein durchaus sehenswertes, lässt Rodriguez doch auch hier seine Liebe zu kinematographischen Mythenlandschaften in formidablen Bildern und verwegenen Posen aufleben. Kein wirklich runder Film, aber einer, den man lieb haben muss.
Autor: Pascal Reis