Augen sind das Fenster zur Seele. Bei Alita: Battle Angel könnten die Augen der Titelheldin kein Fenster, aber zumindest ein Grund dafür sein, dass einige Zuschauer mit der Figur nichts anfangen können. Denn genau wie in der Manga-Vorlage von Yukito Kishiro sind die Augen von Alita riesig. Gewiss eine bewusste Entscheidung der Filmemacher, die vermutlich gut damit leben können, dass es Teile des Publikums geben wird, die mit diesem Look absolut nichts anfangen können. Dabei sind Alitas Augen mit das Beste und vor allem Schönste des gesamten Films. Wenn Alita bewundert, lacht, weint, verzweifelt oder wütend ist, sind es neben anderen Aspekten vor allem ihre Augen, die diese Emotionen transportieren.
Vor allem das Staunen zu Beginn des Films ist wichtig, übernimmt sie doch quasi die Rolle des Zuschauers, der ebenfalls ins Staunen kommen kann, bei der artifiziellen Welt, die sich schon während der klassischen Fanfare des 20th Century Fox Logos aufbaut. Die utopische Welt des Films ist voller Details, lebendig und man riecht förmlich den Atem der Metropole Iron City. Ja, gerade zu Beginn ist Alita: Battle Angel vor allem eines: ein reizvolles, visuelles Erkunden.
Natürlich ist das erst der Beginn. Eine Geschichte baut sich auf. Wirklich überzeugend ist diese aber nicht, auch wenn sie die oberflächlichen Möglichkeiten dieser Cyborg-Welt nutzt, bleibt viel Potenzial auf dem staubigen Boden von Iron City liegen. Ein spannender philosophischer wie ethischer Diskurs über künstliche Intelligenz und Existenz wird nie wirklich ausgearbeitet. Die kurzen Intervalle, in denen sich der Film für diese Thematik interessiert, werden regelmäßig von Effektlawinen überrollt. Wer von Alita: Battle Angel einen weiteren Blade Runner erwartet, guckt also in die Röhre.
Das macht aber nichts, da Alita: Battle Ange sich zu jeder Sekunde stimmig anfühlt und dabei gerne den Emotionen viel Raum lässt zur Entfaltung, auch wenn die Geschichte im weiteren Verlauf etwas zu viel Ballast aufnimmt. Auch viele der Actionszenen sind zwar gelungen, aber es fehlt ihnen hier und da dann doch noch etwas Pfiff. Dennoch haben sich Autor und Produzent James Cameron (Avatar - Aufbruch nach Pandora) sowie Regisseur Robert Rodriguez (From Dusk Till Dawn) nicht lumpen lassen, wenn es zu den Konfrontationen geht. Zwar ist Alita: Battle Angel relativ blutleer, dennoch haben die Schüsse, Schläge und Schwerthiebe immer ein Gewicht und vor allem meist einen sehr destruktiven Effekt, auch wenn das meiste aus dem Hochleistungsrechner stammt.
Das bringt uns zu den Spezialeffekten. Die können sich wirklich sehen lassen. Natürlich ist es immer wieder mehr als ersichtlich, was aus Fleisch und Blut und was aus Bits und Bytes besteht, aber es wirkt dennoch wie ein Großes und Ganzes. Der Film baut gekonnt seine Immersion aus, in dem er seinen Zuschauer relativ unvorbereitet in diese Welt der Zukunft zerrt. Es gibt kein großes Vorgeplänkel. Film ab, Welt da. Es ist ein faszinierendes Tech-Biotop, bestehend aus Versatzstücken anderer Genre-Werke wie Blade Runner, District 9, Robocop oder Metropolis. Alita: Battle Angel ist also nicht bloß ein Sci-Fi-Film, sondern lässt sich durchaus auch als Huldigung vor dem Genre selbst verstehen. Eine Huldigung, die am Schluss kein wirklich umfangreich befriedigendes Ende präsentiert, sondern klar in Richtung Fortsetzung zeigt.
Ob es eine geben wird? Wir werden sehen. Fox hat sich aber sicherlich gut entschiedenen, als sie den Kinostart von Weihnachten 2018 auf Februar 2019 verlegt haben. So muss Alita: Battle Angel sich nicht mit Bumblebee, Aquaman und Mary Poppins' Rückkehr am Box-Office messen. Vielleicht gelingt es dem Film ja kommerziell ein Erfolg zu werden, denn eine Rückkehr nach Iron City wäre wünschenswert. In dieser Stadt und in dieser Gesellschaft schlummert noch allerlei Potenzial. Der erste Abstecher ist aber, trotz klarer Makel, einen Blick mit großen Augen wert.