Inhalt
Bei einem texanischen Hands-on-Wettbewerb stehen die Teilnehmer*innen tagelang um einen neuen Pick-up-Truck herum, den sie mit einer Hand berühren. Wer am längsten durchhält, gewinnt den Wagen. Ein Psychogramm von Armut, Reichtum und Verzweiflung.
Kritik
In einer nicht näher benannten texanischen Kleinstadt findet während des schwülsten Hochsommers ein beliebtes Event statt: Der sogenannte „Hands On“-Contest. Teilnehmer müssen ihre Hände permanent an einem stattlichen Pick-Up Truck lassen, ohne sich hinzuknien oder abzustützen. Der Sieger, wer immer als letzter seine Hand vom Truck nimmt, darf den Truck behalten. Bastian Günthers (Autopiloten) lässt mit One of These Days die Prozedur dieses erweiterten Ausdauer-Contests spürbar werden. Mehrere Leute versammeln sich um den Truck: Junge Leute, Arme Leute, Verzweifelte Leute, auch Leute, denen es eigentlich zu gut geht, Familienmenschen und Einzelgänger. Alles für ein bisschen materielle Erfüllung. Am Ende werden nicht nur die Nerven blank liegen. Günthers Film wandelt sich vom Querschnitt durch die texanische Landschaft zur hechelnd, verzweifelten Sozial-Satire.
Von Anfang an ist das Umfeld, welches einem der Film präsentiert, zutiefst unangenehm. Die texanische Provinz ist ja oft, besonders im europäischen Kino, Platzhalter für eine Belustigung über uramerikanisch, veraltete Werte und Lebenseinstellungen. Günthers Film macht sich dies zu nutzen. Das Publikum wird geworfen in eine Welt zwischen Vorgartenpartys, Anonymen Alkoholiker Treffen und Leuten, die an ihrem Vaporizer kleben. Schon von Anfang an brodelt die Stimmung und selbst die Organisatorin des, eigentlich für Unterhaltung gedachten, Wettbewerbs, Joan (Carrie Preston, To the Bone) steckt in einer Lebenskrise. Die Feindseligkeit innerhalb der Provinz tritt entweder subtil oder offensiv an die Oberfläche und kriecht in nahezu jedes Gespräch. One of These Days gibt sich in dieser Hinsicht hemmungslos dem eignen Kulturpessimismus hin und erklärt die texanische Provinz als Ort der niedersten menschlichen Qualitäten. Das ist manchmal belustigend, manchmal wirkt es aber auch so als würde der Film es sich zu einfach machen, wenn er provinzielle toxische Dynamiken mehr dämonisiert satt zu untersuchen. Subtil ist Günthers Film nicht, sympathisch auch nicht wirklich.
Dennoch aber gelingen Günther einige schöne Beobachtungen. Die Fahrt durch eine Autowaschanlage schafft für kurze Zeit eine Isolation von diesem triefend, angespanntem Klima und verpricht kurz einen Moment der Reinwaschung. Das Auto, in all seinen gesellschaftlichen Konnotationen, steht für Mobilität und Status. Der Wettbewerb selbst kann als Metapher für kapitalistische Konkurrenz gelesen werden und die stärksten Momente des Filmes ergeben sich aus den Dynamiken zwischen den Teilnehmern. Das dieses kommunale Ereignis Züge einer kollektiven Demütigung in sich trägt wird relativ schnell klar und jeder weitere, verstreichende Tag entfernt die Teilnehmer ein Stück weit von ihrer Würde, wenn auch der Film ihnen diese schon von Anfang an nur in Ansätzen eingesteht. Auch hier agiert One of These Days nicht sehr unterschwellig und treibt seine USA-Satire sehr auf die Spitze. Dies hindert aber die Effektivität mancher Szenen nicht, wenn diese mit etwas feinfühligen Charakteren wahrscheinlich besser funktioniert hätte.
Fazit
„One of These Days“ ist ein unsubtiles und plakatives Fressen für Kulturpessimisten welches weniger in seiner Subtilität und mehr in seinem Einfangen eines feindseligen Klimas punkten kann.
Autor: Jakob Jurisch