Inhalt
Der Titel ist purer Zynismus: Die Straße auf der Mitchell (Josh Duhamel) und Carter (Dan Fogler) bruchlanden ist zwar im Ansatz malerisch, aber weder reizvoll noch szenisch. In der kargen Hitze ist der Marsch zur nächsten Kleinstadt ein dreifacher Marathon und Lebensmittel haben die einst besten Freunde auch nicht dabei. Als wäre der Frust nicht bereits groß genug, gesteht Carter nach kurzer Zeit, die fatale Autopanne selbst getürkt zu haben, um seinen zum Spießer mutierten Ex-Buddy mit einem konzentrierten Gespräch mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Mit der Beichte ist die gut gemeinte Intervention zunichte und die zwei Entfremdeten verlieren langsam die Beherrschung.
Kritik
Josh Duhamel nervt in romantischen Komödien und in "Transformers", Dan Fogler nervt eigentlich immer. Jetzt werden diese beiden Typen auch noch in einen kammerspielartigen Film gesteckt und – so absurd es klingt – wirken dabei richtig liebenswert. Irgendwie beunruhigend aber von den Gebrüdern Kevin & Michael Goetz auf dem Regiestuhl eindrucksvoll bewerkstelligt. Jetzt mögen wir also den arroganten Schönling und den nerdigen Faulpelz, während die beiden sich gegenseitig an die Gurgel gehen. Der Grund für die Keilereien der ehemals dicksten Freunde ist die von Carter (Fogler) verursachte Autopanne. Aus der geplanten Intervention zum Thema „Ehe, Lifestyle, Realness“ wird purer Nervenkrieg mit hohen Verlusten auf beiden Seiten.
Zwischen Autopanne, Irokesenhaarschnitt und gebrochener Nase (wer gönnt es Duhamel nicht?) schiebt sich aber immer das wohlige Gefühl familiärer Zugehörigkeit. Kann so ein Film vielleicht nur von Brüdern realisiert werden? In „Scenic Route“ wird im Laufe der Zeit gehauen und gestochen, Kühlwassser getrunken und Paranoia geschoben. Und dennoch: Mitchell und Carter haben sich lieb. Das merkt man, weil die Darsteller wirklich - also wirklich wirklich – gut spielen und den katastrophalen Trip mit allerhand interessanten Beichten oder Theorien füllen. Es wird debattiert und eskaliert. Neben viel Sand ist dabei immer noch rechtzeitig ein zwinkerndes Auge seitens der Regisseure präsent. So erhält sich „Scenic Route“ auch kurz vor dem Verdursten der Protagonisten stets eine nostalgische Wohlfühlzone und gibt Raum für eigene Erinnerungen über aus den Augen verlorene Freunde und geplatzte Jugendträume.
Mit der Zeit wirft „Scenic Route“ zwei alles bestimmende Fragen auf. Werden Mitchell und Carter dem Tod in der Wüste entfliehen? Und wie wird ihr Leben nach dem prägenden Unfall aussehen? Speziell über Letzteres zu grübeln bietet viel Potential, da Mitchell sich mit seinen Haaren sinnbildlich vom Dasein als Spießer verabschiedet, wohl aber kaum wegen dem Trip seine Familie verlassen wird – obwohl er mitunter auch einen One-Night-Stand beichtet. Gespannt, amüsiert, teilweise schockiert wartet man auf die Auflösung der in schönen Bildern eingefangenen Tour de Force. Was dann kommt ist ein zu sehr gewollter Mindfuck, der sich nicht homogen ins Stimmungsbild der bereits erzählten Geschichte einfügen möchte und bitte als vereinzelter inszenatorischer Querschläger abgetan werden sollte.
Fazit
Zwei gegensätzliche Typen stranden in der Wüste und schlagen sich im Laufe der Zeit die Köpfe ein. Das Konzept klingt nach purer Comedy, birgt aber deutlich mehr Dramatik und Tiefsinn als es von Josh Duhamel und Dan Fogler zu erwarten wäre. „Scenic Route“ ist genauso übertrieben wie ehrlich, dazu arg brutal und extrem witzig. Ein den Regisseuren entsprechend brüderlicher Film über beste Freunde am Ende (oder dem Neubeginn?) ihrer gemeinsamen Zeit.
Autor: d kr