Der feministische Body-Horror hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Sichtbarkeit erlangt. Werke wie Julia Ducournaus Raw und Titane, Swallow von Carlo Mirabella-Davis, oder Coralie Fargeats Oscar-nominiertes The Substance haben gezeigt, wie kraftvoll sich gesellschaftliche Themen durch groteske Körperbilder und radikale Transformationen verhandeln lassen. In diese Reihe fügt sich nun Amy Wangs Spielfilmdebüt Slanted ein – ein Film, der die vertrauten Motive aufgreift, sie aber in einer zugänglicheren, fast popkulturellen Variante verarbeitet.
Im Zentrum steht Joan Huang (Shirley Chen, Dìdi), eine Schülerin, die verzweifelt danach strebt, Teil der amerikanischen Highschool-Hierarchie zu werden. Um dazuzugehören, unterzieht sie sich einer extremen Operation: Sie lässt sich in ein weißes, blondes Mädchen verwandeln und glaubt fortan, endlich die ersehnte Akzeptanz zu finden. Als "Jo" (Mckenna Grace, Ghostbusters: Frozen Empire) träumt sie davon, Ballkönigin zu werden – ein Symbol für das absolute Einswerden mit einer Kultur, die ihr zuvor immer fremd geblieben ist. Schon in dieser Ausgangslage liegt eine bittere Ironie: Die Suche nach Anerkennung führt zu einer radikalen Selbstverleugnung, die Joan unweigerlich zerreißen muss.
Der Film arbeitet diese innere Zerrissenheit konsequent heraus. Joan spürt, dass ihr Körper die Transformation nicht dauerhaft mitträgt – ein Konflikt, der im Body-Horror meist in blutige Eskalationen mündet, hier jedoch subtiler gestaltet ist. Interessant ist dabei weniger die körperliche Veränderung an sich, sondern die psychologische Dimension: Jo kann erst dann "Jo" sein, wenn sie sich von ihrer Herkunft lossagt. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Anpassung und Identität verleiht "Slanted" emotionale Tiefe, auch wenn der Film in der Darstellung erstaunlich zurückhaltend bleibt.
Denn im direkten Vergleich mit den radikaleren Genre-Beiträgen zeigt sich, dass Wang bewusst einen anderen Weg einschlägt. Wo The Substance oder Emilie Blichfeldts The Ugly Stepsister mit grotesken Exzessen schockieren, ist Slanted beinahe sanft. Der Body-Horror wird hier zur bunten Pop-Variante: visuell ansprechend, klar strukturiert und ohne die krassen schmerzhaften Grenzüberschreitungen, die andere Filme des Subgenres prägen. Für manche mag dies eine Schwäche sein, für andere hingegen ein Türöffner, der den Zugang zu einer sonst oft als sperrig empfundenen Form ermöglicht.
Die Inszenierung ist durchweg solide. Wang beweist ein Gespür für Tempo, Rhythmus und Farbgebung, auch wenn sich kaum wirklich einprägsame Bilder ins Gedächtnis brennen. Der Horror bleibt meist Andeutung, die Schockmomente sind eher rar. Stattdessen setzt der Film auf satirische Spitzen, wenn er die Oberflächlichkeit von Schönheitsidealen oder den Druck gesellschaftlicher Anpassung karikiert. So entwickelt Slanted durchaus Biss, wirkt aber gleichzeitig so, als würde er sein Publikum lieber behutsam begleiten, statt es radikal zu verstören.
Damit erweist sich Wangs Debüt als ungewöhnliche Mischung: ein Body-Horror, der zugänglich bleibt, ohne sich vollständig von den dunklen Wurzeln des Genres zu lösen. Slanted ist weniger schockierend als seine prominenten Kolleginnen, aber als Einstieg in diese Form des Kinos ebenso geeignet wie als Denkanstoß über Anpassung, Herkunft und Selbstbestimmung. Wer nicht das Extreme sucht, sondern eine pointierte Variation, findet hier einen sehenswerten Beitrag.