MB-Kritik

Stams 2023

Documentary

Inhalt

Das Ski-Internat Stams in den Tiroler Alpen gilt als Kaderschmiede für die Besten, das Ziel: Olympia. Über ein Schuljahr hinweg beobachtet der Film mit höchster Konzentration die junge Elite des Skisports im akribisch getakteten Trainingsalltag.

Kritik

Ehrgeiz, Elite, Extrem-Anforderungen: Dafür steht die titelgebende Gemeinde in Tirol, deren Name zum Synonym wurde für das dort 1967 gegründete Ski-Internat. Hinter die Mauern der weltweit als Meisterschmiede für Wintersport bekannten Akademie schaut Bernhard Braunstein in einem dokumentarischen Steckbrief, dessen schulmeisterliche Schematik charakteristische Eindrücke und Erkenntnisse so kategorisch ausschließt wie Kritik. Ob letzte untersagt wurde oder der Regisseur und Co-Drehbuchautorin Lixi Frank bewusst darauf verzichteten, ist eine zahlreicher ungeklärter Fragen.

Von denen werden augenscheinlich keine gestellt, obwohl sie sich schon zu Anfang aufdrängen. So sticht die soziale und ethnische Segregation der Schülerschaft, Lehrende und Trainer sofort ins Auge. Praktisch alle der aspirierenden Spitzensportler:innen und ihrer Pädagogen sind weiß und wohlhabend. Die diskriminierenden Strukturen, die hier offensichtlich wirken, werden nie angesprochen oder aufgezeigt. Was kostet der Besuch der Akademie? Welche Aufnahmekriterien gelten? Wieso wird Diversität so nachhaltig und absolut verhindert?

 in der Eröffnungsszene beim christlichen Gottesdienst der Geistliche während der Predigt den Grundsatz der Gleichheit aller Menschen an Würde implizit zu widerlegen versucht, indem er von einer Ungleichheit in Talenten spricht, deutet das nicht nur auf quasi-religiösen Eifer im Hochleistungssport. Es zeigt ein tief verinnerlichtes Überlegenheitsdenken verbunden mit einem klerikal untermauerten Glauben an Leistungshierarchien. Solchen wird indes nie nachgespürt. Überforderung, Unsicherheit, Konkurrenzkampf, Versagensangst: All das soll offenkundig niemand sehen.

Fazit

Im Zickzackkurs zwischen Trainingstagebuch und Schulalbum konstruiert Bernhard Braunstein eine dokumentarische Tour durch Österreichs berühmtestes Ski-Internat, das hier so modern und makellos dargestellt wird wie in einem Werbeclip. Kein Wort über die systeminhärente Bevorzugung einer materiellen Elite, über Aufnahmekonzepte, die rassistische und xenophobe Diskriminierung nahelegen, über Lobbyismus und Nepotismus in der Sportwelt oder die Vorwürfe sexueller Belästigung und Machtmissbrauchs. Stattdessen wirkt der Aufenthalt wie ein straffer geführter Sporturlaub im Winterwunderland.

Autor: Lida Bach
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