5.8

MB-Kritik

Studio 54 1998

Drama, History, Music – USA

5.8

Ryan Phillippe
Salma Hayek Pinault
Neve Campbell
Mike Myers
Sela Ward
Breckin Meyer
Sherry Stringfield
Ellen Albertini Dow
Cameron Mathison
Noam Jenkins
Jay Goede
Patrick Taylor
Heather Matarazzo
Skipp Sudduth
Aemilia Robinson
Daniel Lapaine

Inhalt

Es ist das Jahr 1979. Shane O'Shea, ein braver und gutaussehender Junge, langweilt sich in einer kleinen und spießigen New Yorker Vorstadt zu Tode. Eines Abends überquert er zum ersten Mal die Brücke zum Big Apple und taucht in eine Welt voller Luxus, Begierde und Dekadenz. Ein Nachtclub ist der Mittelpunkt seines neuen Universums: Studio 54. New Yorks legendärer Nachtclub der 70 er Jahre - Stammdisco, in der Bianca Jagger, Andy Warhol und Liza Minelli zu den heißen Rhythmen von Diana Ross und Blondie tanzten. Nach einem ersten glamourösen Besuch wird Shane Kellner und lernt seine großen Idole kennen. Alle lieben ihn und selbst Studioboss Steven Rubell findet an dem hübschen Jüngling Gefallen. Bald wird er Shane 54 - Mitglied der Familie 54, die Ende der 70 er bestimmt, was angesagt war und so die größte Party aller Zeiten organisiert hat. Sein Leben dreht sich von nun an um Drogen, Sex und Superstars, um Discomusik im Überfluss und Exzesse ohne Ende. In seinem Kollegen Greg und dessen Frau Anita, der Gadrobiere im Studio 54, findet er eine Ersatzfamilie. Doch bald liegt ein Schatten über ihrer Freundschaft. Greg bedient sich an der Schwarzgeldkasse des Studios und dealt aus Frust und Eifersucht über den erfolgreicheren Shane mit Drogen und Anita träumt nur noch von einer Karriere als Sängerin bis zu jener Silvesternacht...Plötzlich wird Shane bewusst, dass alles nur Show ist. Selbst seine Traumfrau Julie spielt nur mit seinen Gefühlen und lässt ihn für ihre Karriereplanung fallen. Dann bricht Disco-Oma Dottie an einer Überdosis auf der Tanzfläche zusammen. Doch erst als die Steuerfahndung das Spaßparadies stürmt, nimmt der Tanz auf dem Vulkan ein jähes Ende.

Kritik

Wir schreiben den 10. Dezember 1998. Der Autor dieser Kritik sitzt nachmittags im Kino und schaut „Studio  54“, der vorab durch seine (sehr gelungene) Werbekampagne als Skandalfilm beworben wurde. Nun gut, skandalös wenn man mit arg konservativen und reaktionären werten dem Film, bzw. der Geschichte des legendären Studios 54 begegnet. Doch was da auf der Leinwand zu sehen war, erwies sich als eher bieder Abhandlung des großen New Yorker Szenemythos. Damals dachte man sich nur, dass man mal wieder falsche Erwartungen hatte, doch mit den Jahren, als herauskam dass der Film vom Studio und ohne Einverständnis des Regisseurs teils massiv geschnitten wurde, wuchs die Neugier, wie wohl der Director’s Cut von „Studio 54“ aussehen wird.

Nun, dieses Geheimnis kann nur enthüllt werden, denn diese Schnittfassung hat es endlich auf Blu-ray geschafft. Nun wird man also endlich Zeuge von Drogen-, Sex- sowie Partyexzessen und hat endlich nicht das Gefühl, dass alles Verbotene sowie Sexuelle irgendwie verleugnet wird, wie der ungeliebte Verwandte, über den bei Familienfesten nur hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird. Doch schaut man sich den Director’s Cut an, wird einem leider eines klar: Die erhoffte Offenbarung, die den Film aus der Mittelmäßigkeit hievt und wieder im cineastischen Bewusstsein des Publikums absetzt, ist es leider nicht geworden.

Nichtsdestotrotz bietet die Schnittfassung von Regisseurs Mark Christopher das bessere Erlebnis. Der Grund liegt daran, dass die Figuren bei ihm komplexer und damit interessanter sind, die Stimmung des 54 wesentlich authentischer eingefangen wird und der Film nicht zu einer recht boulevardesken Romanze verkommt. Auch die gesellschaftlichen Bereiche, die damals recht vehement aufeinander trafen werden besser in den Fokus geschoben, auch wenn der Director’s Cut einiges an Potenzial diesbezüglich verschenkt. Aber wenigstens macht er seinem Publikum bewusst, welcher Zeitgeist damals herrschte, wenn man die Discokugel beiseiteschob.

Im Zentrum steht aber weiterhin der hübsche Shane (Ryan Phillipe, der damals noch als echter Shooting Star galt), der von New Jersey nach New York kommt und im bekanntesten und exklusivsten Nachtclub der westlichen Hemisphäre einen Job als Barkeeper bekommt. Im Grunde ist es seine Geschichte, die im Director’s Cut zu einer Menage á trois wird, zwischen ihm und seinen Arbeitskollegen (Salma Hayek und Breckin Meyer). Diese Konstellation besäße durchaus Feuer, aber irgendwie wollen die Flammen nicht lodern. Regisseur Christopher lässt wirkliche, emotionale Intensität vermissen und erschafft aus Disco, Drogen und Dreisamkeit nicht mehr als ein recht dröges wie oftmals regelrecht generisches Zeitgeistimitat der späten 1970er Jahre. Lustfeindlichkeit macht sich irgendwie auch in der Fassung des Regisseurs breit, wenn auch nicht so breitgesäßig wie im Cut des Studios.

Dennoch bleibt das Ganze nicht ohne interessante Ansätze. So wird im Director’s Cut Homosexualität nicht als Besonderheit gebrandmarkt und das Studio 54 wird auch nicht erst gegen Ende des Films, als Hort der Eitelkeiten und Selbstsüchte demaskiert. Einhergehend damit ist auch die Rolle des Besitzers: Steve Ruball. Der wird von niemand anderem als Komiker Mike Myers („Wayne‘s World“) verkörpert und egal ob Kinofassung oder Director’s Cut, der Kanadier überzeugt vollends. Letztlich ist „Studio 54“ genau sein Film und es gelingt ihm diesen Herren der damaligen Partyszene eine Menschlichkeit zu verleihen, die gleichzeitig verletzlich, überheblich, manipulativ und selbstzerstörerisch ist. Ein monströser Bonvivant. Seine Performance überstrahlt alles andere. Das war damals im Kino so und das hat sich auch auf Blu-ray nicht geändert.

Fazit

Der Director's Cut macht aus "Studio 54" einen besseren Film. Dennoch bleibt Mark Christophers Zeitgeist-Abhandlung eher eine Enttäuschung. Es mangelt ihr an Intensität und Energie. Was bleibt ist ein Drama ohne sonderliche Erinnerungswürdigkeit, dass aber durchaus auch ein paar Stärken besitzt, die man nicht unterschätzen sollte. Mike Myers ist so eine Stärke. Wenn man dem Film eine Chance geben sollte, dann wegen ihm.

Autor: Sebastian Groß
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