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Inhalt

Der lange Schatten der Vergangenheit hält Tilly, die als Kind des Mordes beschuldigt wurde, nicht davon ab, in ihre verschlafene Heimatstadt zurückzukehren. Die schwierige gesellschaftliche Situation, mit der sich die Frau auseinandersetzen muss, wird dadurch entschärft, dass ihre Modekreationen bei den Frauen der Gegend sehr gut ankommen. So gelingt es Tilly, die Vorurteile mithilfe ihrer schönen Kleider abzubauen. Denn Mode ist mehr als nur ein bisschen Stoff.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Die australische Rache-Komödie mit Starbesetzung beginnt ganz im Stile einer Fernsehserie, die schon die eine oder andere Folge hinter sich hat. In einer kurzen Eröffnungssequenz lebt die Vergangenheit der Hauptfigur Myrtle „Tilly“ Dunnage in düsteren Bildern auf, noch bevor der Zuschauer begreifen kann, um was es sich handelt. Dann steht eine pompös gekleidete Kate Winslet am Ende ihrer Reise zurück in das heimatliche Kleinstadtnest Dungatar im Outback Australiens. Ihr Blick schweift über die fast vergessenen Konturen der Gebäude, sie zündet sich eine Zigarette an, stößt genüsslich den Rauch aus und leitet mit den verruchten Worten „Ich bin zurück, ihr Mistkerle“ zum Titel des Films über. Im weiteren Verlauf des Films wird deutlich, was die Regisseurin Jocelyn Moorhouse sich dabei gedacht haben könnte, der Verfilmung des Buches von Rosalie Ham eine derartige Eröffnung zu verpassen.

Der Regisseurin zufolge bewege sich der Film in gewisser Weise auf den Spuren von Clint Eastwoods Erbarmungslos, nur, dass hier nun eine Nähmaschine im Mittelpunkt stehe und dem Thema Rache die Kreativität gegenübergestellt werde. Mit Myrtle (Kate Winslet) kehrt eine Frau in ihre Heimat zurück, die von einem anderen Planeten zu kommen scheint, obwohl sie in der Zwischenzeit lediglich in der Modemetropole Paris ihr Leben in neue Bahnen gelenkt hat. In extravaganten Haute-Couture-Kostümen, die schlagartig von allen Frauen des Ortes heiß begehrt werden, entlädt sich die schöpferische Kraft der Hauptfigur. Damit wird zumindest oberflächlich die Thematik der Kreativität bedient, kann der Zuschauer doch nie einen Blick auf den Schaffensprozess erhaschen. Demgegenüber steht das Motiv der Rache, das sich aus der schemenhaft aufblitzenden Vergangenheit Myrtles speist. Denn in Dungatar gibt es trotz ihrer jahrelangen Abwesenheit kaum einen Menschen, der sie nicht wegen ihres Mordes an einem Jungen verabscheut, sodass die Frage aufkommt, wer hier wem Unrecht tut. Betrachtet man die beiden durch eine durchaus originelle Inszenierung vereinten Themen in ihrer Verflechtung, eröffnet sich der Blick auf eine überzeichnete, skurrile und seelenlose filmische Erzählung.

Die Hommage an bekannte Westernklassiker und ihre angestrebte Vervollkommnung durch moderne gesellschaftliche Facetten wie Transgender und die Integration von Menschen mit Behinderung misslingt eher als dass sie gelingt. Die Figuren wirken wie aus verschiedenen Erdteilen und Jahrhunderten zusammengewürfelt, was dazu führt, dass sie zu Karikaturen verkommen und jeglicher Bezug des Zuschauers zu den in der Vergangenheit begründeten Konflikten im Keim erstickt wird. Die kurzen, abgehackten Szenen nehmen den Dialogen die Luft zum Atmen, sodass eine Entfaltung der Geschichte und Charaktere zu keinem Zeitpunkt möglich ist. Menschliche Interaktionen machen von Beginn an hohlen Phrasen und maschinenhaften Gegenseitigkeiten Platz. Was einerseits als künstlerisches Mittel und stilsichere Comiccollage interpretiert werden kann, ist im Bezug auf die psychologisch-traumatische Kernthematik mehr als unangemessen.

Kate Winslet liefert eine gewohnt sehenswerte darstellerische Leistung als die Modeschönheit aus der Weltstadt ab. Eine ihrer Kopfbedeckungen erinnert aufgrund ihres orangenen Farbtons wehmütig an einen ihrer besseren Filme: in Vergiss mein nicht! spielte sie die impulsive Clementine, die gerne ihre Haarfarbe wechselt. In The Dressmaker gibt sich auch Hugo Weaving die Ehre, der als Sergeant Farrat weibliche Züge an sich entdeckt und sich als Feder-Boa-Fetischist entpuppt. Judy Davis verkörpert Myrtles kranke Mutter Molly, die ihrer Tochter nicht gerade einen herzlichen Empfang bereitet und ihr loses Mundwerk nur schwer im Zaum zu halten weiß. Selbstverständlich darf auch der braungebrannte, gutmütige, blauäugig-blitzende Teddy nicht fehlen, der als einziger vollstes Vertrauen in Myrtle hat und ihr bei der Bewältigung ihres Traumas beiseite steht. Diesen Part übernimmt Liam Hemsworth so konstant und unverändert, wie man es von ihm kennt.

Nach der skurrilen, aberwitzigen ersten Hälfte macht sich mit einem Schlag Traurigkeit breit. Der Film verdichtet sich bis zu seinem tragischen Höhepunkt und sorgt für den ein oder anderen Glanzmoment, bevor er sich in weiteren rahmensprengenden Wendepunkten verliert. Vor allem durch die lockere, unbefangene Atmosphäre zu Beginn, die gefälligen Farbkompositionen und die schrägen Ideen gelingt es The Dressmaker immerhin, die Aufmerksamkeit des Zuschauers dauerhaft auf das Geschehen zu lenken. Mit einer unpersönlicheren Thematik hätte hier ein sehenswertes Stück Popkultur-Kino bei herumkommen können.

Fazit

Frei nach dem Motto „Kleider machen Leute“ erzählt The Dressmaker auf skurrile, comicartige Weise eine Geschichte über Rache, Rivalität und Romantik. Getragen von ordentlichen Darstellern und einer bunt-vergnügten Bildsprache bietet der Film uns Sex and the City im australischen Westernsetting. Mit seiner Hommage an Westernklassiker und der Integration aktueller Themen übernimmt sich der Film jedoch deutlich und bleibt als überspitzte, leblose Figurenschau ohne Bezug zur Wirklichkeit im Gedächtnis.

Kritik: Jonas Göken

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