7.5

MB-Kritik

Die unglaubliche Geschichte von der Riesenbirne 2017

Animation

7.5

Inhalt

Mika und Sebastian staunen nicht schlecht, als sie eines Tages eine Flaschenpost aus dem Meer ziehen. Darin finden sie einen Brief ihres spurlos verschwundenen Bürgermeisters H.B. und einen Samen, der über Nacht zu einer riesengroßen Birne auswächst. Nach kurzen Irrungen und Wirrungen wird diese zum Segelboot. Schon findet sich der ängstliche Sebastian mit der wasserscheuen Mika und dem verrückten Professor Glykose mitten auf dem Meer in Richtung der geheimnisvollen Insel wieder. Hier vermuten sie H.B.. Etwas beunruhigend ist nur, dass noch niemand von dieser Insel zurückgekehrt ist. Getreu der vor Einfallsreichtum und Witz nur so sprudelnden Kinderbuchvorlage des dänischen Karikaturisten und Autors Jakob Martin Strid entwickelt sich ein rasantes Animationsfilmabenteuer.

Kritik

Es gibt immer noch einen anderen Weg, ein Ziel zu erreichen. An diese schlichte Botschaft, die Philip Einstein Lipski (Ronal, der Barbar), Amalie Naesby Fick und Jorgen Lerdam (Kuddelmuddel bei Petterson und Findus) in ihrem charmanten Kinderfilm vermittelt, hält sich das Regie-Trio auch bei der Inszenierung. Die Leinwandadaption von Jakob Martin Strids Bilderbuch versucht sowohl stilistisch als auch erzählerisch neue Wege weiter zu erkunden. Mut zu visueller und narrativer Eigenwilligkeit und zwei kindliche Hauptfiguren abseits verstaubter Klischees sind die Stärke des drolligen Kinowerks, das vor liebevollen Details fast überschwappt. Zwar wagen sich die Macher der tollkühnen Geschichte einer Rettungsaktion nicht ansatzweise so weit auf unbekanntes Terrain wie die Charaktere, aber die Verbindung von Humor, Spannung und liebenswerten Helden wäre dennoch ein Gewinn für hiesige Kinos.

Dorthin schaffen es leider nur wenige Filme aus dem Jugendprogramm der Berlinale, wo der Mix aus Puppentrick und Computeranimation Premiere feiert. Dabei wickelt das Regie-Team das Publikum bereits spielerisch um den Finger, wenn es in den ersten Szenen den Startpunkt der wilden Seefahrt vorstellt. Sunnytown erinnert zugleich an eine wuselnde Knetlandschaft und eine übergroße Spielzeugwelt. Autos und die eher untypischen Fortbewegungsmittel auf den Straßen des verträumten Städtchens haben etwas von Duplo und Matchbox. Gebäude erinnern an aufklappbare Häuser aus dem Technikbaukasten. So besticht das Szenario ältere Zuschauer mit einer Spur Nostalgie, während es für Jüngere jede Menge knuffige und lustige Feinheiten in der kunterbunten Szenerie zu entdecken gibt. Ähnliches Gespür für Nuancen zeigen die Charaktere. 

Alle, auch der besorgte Sebastian (Alfred Bjerre Larsen) und seine wagemutige Freundin Mitcho (Liva Elvira Magnussen), haben Schwächen, die ihre Suche nach Sunnytowns verschwundenen Bürgermeister J.B. hindern. In unscheinbaren Szenen, in denen die Mission wortwörtlich abzusaufen droht, wenn das fruchtige Fahrvehikel von Sebastian, Mitcho und ihrem tüftelnden Weggenossen Professor Glucose (Peter Frödin, Guldhornene) kentert, zeigt der Plot, dass vermeintliche Schwächen und Gefahren nicht zwangsläufig solche sind. Worauf es ankommt, ist der Umgang damit: sei es Furcht, ein von Nemo mit der Nautilus inspirierter U-Boot-Kapitän, ein überdimensionales Stück Obst oder eben ein danach benanntes Kinderbuch. Aus dessen simpler Story destillieren die Filmemacher den Geist, gemixt mit einem Schuss Anarchie. Und ein Gläschen Birnengeist gibt‘s für die Helden obendrein.

Fazit

Das spaßige Kinoabenteuer bezaubert mit einer verspielten Kombination aus Puppentrick und CGI. Bevölkert von einnehmenden Figuren, abseits dumpfer Gut-Böse-Schemata und altbackener Rollenklischees, sprengt die turbulente Fantasie-Reise optisch und dramaturgisch die Buchdeckel der Vorlage. Wenn die Kids im Familienverband selbst nach dem Piraten-Loblied auf Melonen und riesigen Mengen animierter Riesenbirnen immer kein Obst mögen – ja, äh, einfach selber essen.

Autor: Lida Bach
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