Inhalt
Der Ire Sean Thornton hat in den U.S.A. als Boxer Karriere gemacht. Nun kehrt er zurück in sein Heimatdorf. Mit Freuden heißen ihn die Dorfbewohner willkommen - bis auf einen: Red Wil Danaher. Sean hat ihm nämlich ein Haus vor der Nase weggeschnappt. Wie der Zufall es will, ist Red der Bruder von Seans großer Liebe Mary Kate. Gemäß der irischen Tradition hält Sean bei ihrem Bruder um ihre Hand an. Dabei wird er fortwährend von Red Will beleidigt. Aber Sean geht einem Kampf aus dem Weg. Mary Kate schämt sich deswegen. Sie fordert ihren - vermeintlich feigen - Mann auf, Red Will zur Herausgabe der Mitgift zu zwingen. Erst als Sean sich ihr und ihrem Bruder handgreiflich zeigt, wer Herr im Haus ist, gewinnt er ihren Respekt.
Kritik
Selbst wenn man Der Sieger von John Ford (Der schwarze Falke) nie gesehen haben mag, so pflegt man doch eine Beziehung zu diesem Film. Warum? Die Antwort darauf lautet Steven Spielberg (Ready Player One), der dem zweifach Oscar-prämierten Film aus dem Jahre 1952 in seinem herzigen Klassiker E.T. - Der Außerirdische auf äußerst charmante Art und Weise Tribut zollte: Kaum jemand nämlich wird die Szene vergessen, in der sich Elliott (Henry Thomas, Legenden der Leidenschaft) eine Mitschülerin im Biologieunterricht schnappt und ihr im wortwörtlichen Sturm der Liebe einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen presst. Zeitgleich dazu sieht sich E.T. daheim Der Sieger an, in dem genau diese ikonische Sequenz über den Bildschirm flimmert. Ein wunderbarer, wahrlich denkwürdiger Augenblick des 1980er Jahre Kinos.
So entzückend diese Anekdote an dieser Stelle auch ausfällt, John Ford, der den begehrten Goldjungen für die Beste Regie für Der Sieger entgegennehmen durfte, hat hier ein Werk abgeliefert, dem die Zeit nicht gut getan hat. Das bedeutet konkret, die damaligen Geschlechtervorstellungen scheinen nicht nur gnadenlos überholt, sie gestalten sich gar problematisch, um die beschwingte Komödie, die Der Sieger darstellen will, wirklich genießen zu können. Dabei beginnt es durchaus einträchtig, wenn ein Dandy-hafter John Wayne (Der letzte Scharfschütze) als Sean Thornton die Vereinigten Staaten verlässt, um zurück nach Innisfree, seiner irischen Heimatstadt, zu reisen. Hier hat er den Rückkauf seines Elternhauses in die Wege geleitet, was den grantigen Gutsbesitzer Will „Red“ Danaher (Victor McLaglen, In 80 Tagen um die Welt) regelrecht zur Weißglut treibt.
Da wir uns in einem Film von John Ford befinden – und zwar in einem seiner weniger durchdachten wie profunden -, ist schnell klar, worauf der Konflikt zwischen Thornton und Danaher hinauslaufen wird: Auf eine zünftige Rauferei, bei der die gesamte irische Gemeinde anwesend sein wird. Bis dahin aber versteht sich Der Sieger als luftiges Geschlechterstück, in dem Thornton um die Hand der hinreißenden Mary Kate (Maureen O'Hara, Rio Grande) anhalten möchte, blöderweise aber ist sie ausgerechnet die Schwester des wutschnaubenden Danaher – und ohne dessen Einwilligung kann das junge Paar nicht vor den Traualtar treten. Und eigentlich ist Der Sieger irgendwo ein niedlicher Schwank, der sich zu Recht und gekonnt an der nicht zu verleugnenden Chemie zwischen Wayne und O'Horo weidet. Wären dort nicht die temporär aufwallenden Impulsen einer verqueren Weltanschauung.
Denn so sehr sich Der Sieger darum bemüht, als liebenswerte, kauzige Komödie zu bestehen, so enervierend ist es, wenn sich Maureen O'Hara entgegen ihrer Selbstermächtigungsphantasien immerzu dazu genötigt sich, sich ihrem männlichen Beschützer und Versorger zu fügen. Den Tiefpunkt in diesem durchaus sexistischen Gepräge bildet die Sequenz, in der John Wayne sie über fünf Meilen am Kragen durch die irische Landschaft zehrt und anschließend ihr Mitgift, das Symbol ihrer Unabhängigkeit, im Feuerloch einer Dampfmaschine verbrannt. Überwältigt von dieser Testosteron-geladenen Geste bietet sie ihm kurzerhand an, ein schmackhaftes Abendessen für ihn zu servieren. Unfassbar. Außer Frage allerdings steht die inszenatorische Qualität: Der Sieger ist eine Augenweide in ewigem CinemaScope, derart kraftvolle, kontrastreiche Fotografien sucht man in jenen Jahren vergeblich. Ein edler Bilderbogen, jedes Frame ein Gemälde, welches zum Verweilen einlädt.
Fazit
Die Wahrnehmung von Geschlechterrollen lässt einem eins um andere Mal einen kalten Schauer über den Rücken laufen, inszenatorisch ist "Der Sieger" allerdings ein Meisterwerk: Jede Aufnahme ist von malerischer Erhabenheit, in der man sich als Zuschauer verlieren möchte. Dank des gut aufgelegten Ensembles kann sich der mit zwei Oscars prämierte Klassiker von John Ford in das solide Mittelfeld retten.
Autor: Pascal Reis