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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Mitten im tiefsten Wald wohnt der namenlose Survivalist. Die Zahl der Weltbevölkerung ist ins Bodenlose gesunken, Anarchie herrscht, Zivilisation ist nicht mehr denkbar - und der Survivalist hat sich in den Wald verzogen, um nicht auf andere Menschen zu treffen. Sein relativ geordnetes Leben läuft aus dem Ruder, als eine Mutter mit ihrer Tochter aufkreuzen und um Nahrung bitten.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Hin und wieder kommen Filmemacher aus dem Nichts daher, nehmen sich ein Genre, stellen es auf den Kopf, lassen wichtige Elemente hinweg, nehmen andere hinzu und lassen so einen ungemein interessanten, neuartigen Mix entstehen. Stephen Fingleton, der mit „The Survivalist“ ein intensives Debüt ablieferte, ist so ein Mix gelungen. Er vereint Elemente des Survival-Thrillers mit Aspekten des Dramas und bettet alles in eine Dystopie, die ansonsten eher für Science-Fiction-Filme typisch ist. Natürlich birgt eine Abweichung der Genre-Regeln, oder eine Vermengung der solchen, stets die Gefahr, dass das Gesamtkonstrukt nicht mehr unter einen Hut zu kriegen ist. Ein Stolperstein, den Fingleton gekonnt übergeht.

Auffällig ist, wie wenig deskriptiv der Film mit seiner Ausgangslage umgeht. Natürlich gibt es hier einen ersten Akt, Minuten, die das Leben der Hauptperson zeigen. Die den Zuschauer Zeuge werden lassen, wie er die Stunden des Tages überbrückt, wie er sich wäscht, wie es ihm gelingt, Pflanzen wachsen zu lassen; er hat sich einen kleinen in sich funktionierenden Hof aufgebaut, dessen einziger Bewohner er ist. Mitten im tiefsten Wald lebt er, fernab von allen anderen Überlebenden. Hier zeigt sich bereits etwas, was den Film von gewöhnlichen Streifen unterscheidet, die sich mit dem Leben nach der Apokalypse beschäftigen. Normalerweise folgt man Menschen, die auf der Suche nach einer Gruppe durch das karge, trockene, tote, ausgebrannte Land stapfen. Der Survivalist aber ist nicht auf der Suche nach Menschen; er versteckt sich vor ihnen - nicht in einer kargen Wüste, sondern in einem prächtigen, saftigen Walde.

Wie die Apokalypse überhaupt aussah, was weshalb und wie passiert ist; das alles enthält Fingleton dem Zuschauer. Das Publikum erfährt nur ganz zu Anfang dank eines Zeitstrahles, das gröbste, was man ihm anbieten kann: Die Anzahl der Menschen auf der Erde steigt langsam an, dann, als die Ölproduktion dazu kommt, immer schneller. Beides Linien steigen rasant in die Höhe, bis jene, die die Ölgewinnung symbolisiert, plötzlich wegbricht, während die Bevölkerungszahl weiter zu neuen Höhen findet. Dann aber fällt sie ins Bodenlose, von den einst Milliarden Menschen sind nur noch eine Handvoll übrig. Hier setzt der Film ein, in einer Welt, in der jeder vogelfrei ist, weil so etwas wie eine Zivilisation nicht mehr zu existieren scheint. Schließlich befinden wir uns im tiefsten Wald; dort, wo unten matschige Erde und oben nasskalter Regen ist. Dort, wo man ganz einfach Leichen verschwinden lassen kann.

Dort, wo das saftige Leben dominiert und einen harten Kontrast zur postapokalyptischen Welt darstellt. Der Mensch und sein verhältnisloser Exzess verlieren, die Natur siegt und zwingt den Menschen in die Natur zurück. Eine Position, in der sich der Überlebende nicht wirklich wohl fühlt, ist sie doch geprägt von Gier, Neid, Furcht und einer Einstellung, in der Gerechtigkeit nichts anderes heißt, als „Ich will das, was er hat“. Der Hang zur Gewalt, ob gegen sich selbst, gegen andere oder von den Einflüssen der Umwelt ausgehend, er ist omnipräsent in den 100 Minuten Film, die Fingleton hier zusammenbringt. Omnipräsent und das mit einer harten, unterkühlten Schärfe, die wie eine rostige Klinge im Fleisch des Zuschauers stecken bleibt. Sobald der Hang zur Gewalt in tatsächliche Konflikt umschlägt, es um das nackte Überleben geht und Jäger wie Gejagter in aufmerksamer Stille auf einen Fehler des Gegenüber warten, dann verbindet Fingleton die Kontrahenten und überbrückt die räumliche Distanz zwischen ihnen. Er vereinigt die menschliche Bestie in den Momenten der körperlichen Zerstörung.

Als schließlich eine Mutter und ihre jugendliche Tochter auf die Hütte des Survivalists treffen und um Kost und Schutz bitten, reagiert er argwöhnisch, unsicher, scheinbar erbarmungslos, doch er lässt sie gewähren. Obwohl es so scheint, dass aus Argwohn Zuneigung wird, aus Einsamkeit eine Gemeinschaft und ein wenig Empathie die distanzierte und unpersönliche Kälte durchbricht, verschieben sich immer wieder die Fronten der Beziehung zwischen den Figuren. Niemand ist hier für mehr als fünf Minuten auf der sicheren Seite - immer wieder scheint mal der, dann der andere die Oberhand zu haben, weil er ein As im Ärmel hat. Worte werden hier generell nur sehr wenige gewechselt. Was gibt es auch schon zu sagen, was wäre die Stimme wert? Es wäre Verschwendung in einem Leben, das durch Verschwendung zu dem wurde, was es ist. Die Absenz vom gesprochenen Wort ist so drückend, dass jedes tatsächliche Wort wie ein Messer durch die Stille schneidet und den Zuschauer aus der intensiven Ruhe schrecken lässt. Es könnte ja noch jemand mithören, der nicht mithören dürfte. Die Paranoia, die von den Figuren ausgeht, nimmt langsam aber sicher die Oberhand - der Zuschauer fühlt sich nicht nur ertappt, er fühlt sich, als wäre er in Gefahr.

Fazit

Mit „The Survivalist“ ist Stephen Fingleton ein beeindruckendes Debüt gelungen. Inszeniert ist das so grafisch und eiskalt wie das europäische Kino von Lars von Triers Depressions-Trilogie. So geht auch dieser Film hier und da über die Grenzen hinweg und stampft dem Zuschauer immer wieder gehörig die Magengrube ein. Überleben ist hier die große Thematik, Überleben in einer Welt, die keine Gnade kennt, in der jeder Mensch eine Last für alle anderen ist, in der das Leben selbst eine Bürde ist. Welchen Wert hat das Überleben dort, wo Wahn und Harmonie derart nah beieinander stehen, dass man den Unterschied nicht immer klar erkennen kann? Welchen Wert hat das Leben, wenn Errichtetes in Bruchteilen von Momenten wieder zerstört werden kann? Geklärt werden müsste außerdem, ob Harmonie überhaupt Bestandteil des Lebens sein kann. Es gibt Momente im Leben, in denen man das anzweifeln möchte.

Kritik: Levin Günther

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