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Ein vom Feuilleton gekränkter Theatermime täuscht einen Suizid vor, um nach dem Vorbild von Morden in Shakespeare-Dramen seine Kritiker einen nach dem anderen zur Rechenschaft zu ziehen. Rabenschwarze britische Horrorkomödie mit einer Paraderolle für Vincent Price.
Kritik
Als ikonisches Aushängeschild des Horror-Genres ist Vincent Price (Das Grab des Grauens) aus der Popkultur nicht mehr wegzudenken. Der amerikanische Schauspieler wirkte ab dem Ende der 30er Jahre bis zu seinem Tod Anfang der 90er Jahre in dutzenden Horrorfilmen mit und machte sich neben seinen denkwürdigen Auftritten vor allem auch durch seine markante Stimme einen Namen, durch die er außerhalb des Schauspielgeschäfts zusätzlich für diverse Sprechrollen gebucht wurde. Prices Stellenwert für die Historie des Horrorfilms wird nicht nur bis heute von vielen Fans vorwiegend älterer Werke des Genres hoch geschätzt, sondern auch von verschiedenen Bands aus dem (Punk-)Rock- und Metal-Sektor wie den Misfits oder Deep Purple, die dem Schauspieler teilweise eigene Songs widmeten.
In denkwürdiger Hochform ist Price auch in Theater des Grauens von Douglas Hickox (Auf der Fährte des Adlers) zu erleben, wo sich der Schauspieler mithilfe ausgefallenster Masken und Kostüme in ganz und gar ungebremster Rage austoben durfte. Als frustrierter Theaterschauspieler Edward Lionheart, der sich ausschließlich Stücke von William Shakespeare vornahm und dem von einer Kritikervereinigung der Preis für den besten Schauspieler verwehrt wurde, setzt Prices Figur nach vorgetäuschtem Selbstmord zu einem ausgetüftelten Rachefeldzug an, bei dem ein Kritiker nach dem anderen das Zeitliche segnen soll.
Das wahlweise Frustrierende oder eben Urkomische an Hickoxs Film besteht darin, dass sich Theater des Grauens vollständig auf dieser simplen Prämisse ausruht und in geradezu haarsträubend redundanter Manier ein mörderisches, blutbesudeltes oder makaberes set piece an das nächste reiht. Wenig überraschend gibt sich Lionheart keinesfalls mit gewöhnlichen Mordmethoden zufrieden, sondern setzt auch bei seinen Auftritten als unverstandener, von den vermeintlichen Toten auferstandener Künstler auf eine möglichst theatralische Inszenierung, bei der er sich weiterhin an sein großes Vorbild William Shakespeare richtet.
Inspiriert von den einflussreichen Werken des englischen Dramatikers verwickelt Lionheart seine Opfer in ebenso ausgefallene wie bizarre Aufführungen, an deren Ende für gewöhnlich das qualvolle Ableben des jeweiligen Kritikers als Höhepunkt gesetzt wird. Bei seiner eigenen Inszenierung setzt Hickox dabei auf möglichst schwarzhumorige Einfälle, für die der Regisseur seinem Hauptdarsteller, der sich mit diebischem Vergnügen dem Overacting verschreibt, eine möglichst breite Bühne bereitet. Unter den teilweise hervorragend gefilmten oder mit obskuren Ideen ausgestatteten Einzelszenen sticht so beispielsweise nicht nur ein exzellent choreographierter Fechtkampf zwischen Lionheart und einem der Kritiker hervor, sondern auch eine besonders morbide Variation von Shakespeares Titus Andronicus, bei der ein ahnungsloser Kritiker seine zwei geliebten Pudel zu Pasteten verarbeitet als Festmahl vorgesetzt bekommt.
Als schrill überzogenes B-Movie-Spektakel begibt sich der Streifen somit über die gesamte Laufzeit hinweg ohne großartig erwähnenswerten, narrativen Überbau von einem absurden Tötungsakt zum nächsten, was vom Zuschauer definitiv Toleranz für grotesk in die Länge gezogenen Horror-Schabernack erfordert. Neben der wieder einmal alles dominierenden Präsenz von Price besticht Theater des Grauens aber zusätzlich noch durch genüssliche Seitenhiebe gegen von sich selbst eingenommene Kritiker. So ist Lionhearts gnadenloser Rachefeldzug gegen einzelne Personen ebenso ein Frontalangriff auf ein blasiertes Feuilleton, das längst jeglichen Bezug zu den Menschen hinter der Kunst verloren hat und auf zynische Weise daran erinnert wird, was es bedeutet, für die eigene Berufung leiden zu müssen.
Fazit
„Theater des Grauens“ ist ein launiges, aber gleichzeitig auch ziemlich eintöniges B-Movie, das eindeutig von der markanten Präsenz von Hauptdarsteller Vincent Price und einigen vergnüglich-makabren Einfällen getragen wird. Der erbarmungslose, kunstvoll aufbereitete Rachefeldzug eines frustrierten Theaterschauspielers gegen einen eitlen Kritikerzirkel dehnt eine einzige Pointe auf Spielfilmlänge aus, besticht aber durch genüssliche Seitenhiebe auf das Metier voreingenommener Feuilletonisten und einfallsreiche, morbide Einfälle, die trotz inhaltlicher Redundanz bei Laune halten.
Autor: Patrick Reinbott