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Inhalt

US-Drama von Alan Parker aus dem Jahr 1984. Die ungleichen Freunde Al und Birdy (Nicolas Cage und Matthew Modine) müssen in den Vietnamkrieg ziehen. Dort wird Al schwer verletzt, Birdy landet nach der Heimkehr in einer Irrenanstalt, wo er glaubt, ein Vogel zu sein. Eine Traumwelt, aus der ihn sein Freund Al wieder herausholen will. Gewinner des Großen Preis der Jury beim Cannes Festival 1984.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Niemand möchte in einem Käfig leben.“

„Birdy“, der Film mit Nicolas Cage („Wild at Heart“) in einem selbstgenähten Taubenkostüm. In den letzten 15 Jahre im Leben des wilden Nicolas eigentlich keine Besonderheit mehr angesichts seiner furios-bekloppten Vita (man denke nur an den sagenhaften Auftritt als Fahrrad-konfiszierenden, Frauen-kickenden, Bärenfell-tragenden Bienen-Schreihals in dem kuriosen Remake-Bauchlandung „Wicker Man – Ritual des Bösen“), doch hier schreiben wir das Jahr 1984. Es ist die erste (geteilte) Hauptrolle von Sick-Nic und der Regisseur ist niemand geringerer als der große Sir Alan Parker, Schöpfer von Filme wie (dem umstrittenen, dennoch großartigen) „12 Uhr nachts – Midnight Express“, „Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses“ und natürlich seinem absoluten Masterpiece „Angel Heart“. Damals war Cage noch ein aufstrebender, hochtalentierter Jungstar und Parker eine Klasse für sich. In der Kombination ergibt dies „Birdy“, einen wunderschönen Film über zwei eigentlich völlig unterschiedliche Heranwachsende, deren Bindung nichts erschüttern kann. Eher noch festigen.

Vor erlesenen Bilder von Parkers Stammkameramann Michael Seresin (u.a. auch „Das Leben des David Gale“) und unterlegt mit dem hypnotischen Score von Peter Gabriel portraitiert Parker die innige Freundschaft des italo-stammigen Aufreißer-Typen Al (Cage) und dem merkwürdigen, introvertierten Freak aus der Nachbarschaft (Matthew Modine, „Full Metal Jacket“), der lieber in Bäumen hockt als mit den anderen Baseball zu spielen. Halsbrecherisch Tauben hinterher jagt, anstatt den Röcken von willigen Mädels. Ein, im wahrsten Sinne des Wortes, komischer Vogel. Mehr als nur der klassische Außenseiter, fast wie ein Alien, gestrandet auf dem ihm fremden Planeten Erde. Dabei ist Birdy durchaus von dieser Welt, nur nicht im richtigen Körper. Oder vielmehr der Spezies. Mit vögeln hat er nichts am Hut, dafür umso mehr mit Vögeln. Der einzige echte Birdman, mit der hoffnungslosen Macht der Träumerei. Anhand diesem Gerüst aus Coming-of-Age, sensibler Charakterstudie und post-traumatischer Vietnamverarbeitung hangelt sich Alan Parker entlang und erzählt dabei eine ganz einfache Geschichte: Über puren Eskapismus, die Flucht aus einer erdrückenden Welt, in die man geboren wurde, sich aber nicht ausgesucht hat. Wenn sie einen endgültig erschlägt, wird dicht gemacht.

Der Auslöser dafür war (wahrscheinlich) nicht zwingend Vietnam, maximal das Tüpfelchen auf dem i. Vietnam vereint nur die vorher beinah entzweiten Freunde wieder, denn der Krieg hat dem anderen nicht nur sein Gesicht, sondern auch seine (leicht) oberflächliche Weltanschauung genommen, die allgemein als „normal“ gilt. Die Kulisse eines psychiatrischen Auffanglagers für „Kriegshelden“ – genau genommen nur der Zwischenstopp für eine Dauerkarte in der untherapierbaren Gummizelle – ist unmittelbar auf Vietnam zurückzuführen, der Krieg hat dabei eigentlich weniger Gewicht als vermutet oder angedeutet. Obwohl es sich nicht verkniffen wird, die größte (öffentlich) anerkannte Niederlage der USA in kriegerischen Konflikten direkt miteinzubeziehen. „Birdy“ würde rein auf seinen titelgebenden Charakter auch so funktionieren, doch so sind sich die Freunde in ihrem Leid mehr vereint. „In jedem anderen Krieg wären wir Helden gewesen“ lässt sich Al entlocken und Recht hat er damit. Nun sind sie Krüppel, soziale Bittsteller und lieber unter den Teppich gekehrte Mahnmale an das eigene Versagen. Vielleicht musste Al auch erst am eigenen Leib erleben was es heißt, die Welt um sich herum nicht (mehr) zu verstehen und sich als Außenseiter zu fühlen.

Während der durch den Einsatz entstellte Al verzweifelt versucht seinen Freund aus dessen katatonischen Zustand zu holen, erzählt Parker anhand von Rückblenden ihre gemeinsame Vergangenheit. Ein ungleiches Duo, deren Interessen und Weltanschauungen kaum differenter sein könnten, dennoch zu besten Freunden werden. Mit einigen lustigen, traurigen, rührenden und tragischen Momenten, homogen abgestimmt zu einer ehrlichen und menschlichen Geschichte, mit ganz leicht phantastischen Anleihen. Und einigen beeindruckend inszenierten Sequenzen, allein der „Flug“ durch die Augen von Birdy, großartig. Dazu von Modine und Cage hervorragend gespielt. Was waren das noch für Zeiten, als Nicolas Cage sein Temperament nicht nur als Pausenclown verschwendete. Wenn sich „Birdy“ etwas ankreiden lässt, dann das er seine Laufzeit nicht immer optimal nutzt, nicht jedes geschilderte Detail größere Relevanz für das große Ganze hat. Aber allein die tolle, klitzekleine Schlusspointe – die mit Sicherheit bei jedem eine Reaktion hervorruft – bügelt das mühelos aus.

Fazit

Bedauerlich, dass Alan Parker seit über zehn Jahren keinen Spielfilm mehr gedreht hat. Aus seinem bestechend guten Lebenslauf gibt es kaum Ausreißer und auch „Birdy“ kann sich dort problemlos einreihen. Ein empathisches Drama und Appell an Toleranz, nicht zu schwer, nicht zu leicht und nicht im Zwang, alles haarklein begründen zu müssen. Manche Menschen sind halt, wie sie sind. Das muss man nicht verurteilen und auch nicht unbedingt verstehen, aber zumindest akzeptieren. Ach ja: Und Krieg ist kacke, aber das wussten wir eh schon.

Kritik: Jacko Kunze

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