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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Jeffrey findet ein abgeschnittenes Ohr - ein alptraumhafter Trip in die Welt von Sex, Gewalt und Sado-Maso beginnt. Auf der Suche nach einem vermeintlichen Verbrecher dringt er heimlich in die Wohnung der erotischen Nachtclub-Sängerin Dorothy ein. Entsetzt wird er Zeuge einer Vergewaltigung und findet heraus, dass sie von dem perversen Lüstling erpresst wird, der ihren Mann und ihr Kind als Geiseln genommen hat. Zusammen mit der Tochter des Sheriffs, die ihn mit Tipps versorgt, gerät Jeffrey in einen Teufelskreis von Perversionen, in den auch die örtliche Polizei und eine Rauschgiftbande verstrickt ist. Als Jeffrey entdeckt wird, ist es zu spät um auszusteigen. Aus seinem Detektivspiel wird ein Kampf um Leben und Tod.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Ich weiß nicht, ob du nur neugierig bist oder pervers.“

Das Kino verfügt über eine Ikonographie der Vorstadt, die jedem Cineasten aus diversen Filmen inzwischen mehr als nur geläufig ist: Satte, reingewaschene Farben begrüßen den Zuschauer dort. Frischgestrichene Zäune, rote Rosen, penibel gepflegte Vorgärten, weiße Haustüren. Die Menschen lächeln sich unentwegt zu, Eichhörnchen tummeln sich in den Bäumen und die Vogelschar am blauen, von Wolken gänzlich befreiten Himmel singt ein gar liebliches Lied. David Lynch (Mulholland Drive – Straße der Finsternis) räumt diesen kanonischen Impressionen in Blue Velvet auch ihren Platz ein. Da sind die strahlenden Rosen, da ist der Feuerwehrmann, der einem in Zeitlupe freudig vom Leiterwagen entgegen winkt – und auf der Tonspur macht es sich Bobby Vintons titelgebender Klassiker gemütlich. Unweigerlich keimt die Frage auf, ob das filmische Bildrepertoire wirklich so begrenzt ist, wenn wir uns wieder in das amerikanische Suburbia begeben?

Natürlich nicht, wie David Lynch hier eindrücklich beweist. Stattdessen nutzt er diese quasi vorgeschriebenen Eindrücke jenes behüteten Mikrokosmos, um sie nach und nach der inhaltlichen Reflexion unterzuordnen. In Blue Velvet nämlich steht die Korrelation vom Vertrauten und Fremden im Zentrum, was Lynch zum Anlass nimmt, die in der Vergangenheit zu genüge abgebildeten Illustrationen der Vorstadt erst einmal zu reproduzieren, bevor er sie einer nachhaltigen Demontage unterzieht. Da ist Jeffrey (Kyle MacLachlan, The Hidden – Das unsagbar Böse), der bedingt durch einen Unfall seines Vaters zurück in sein Heimatnest, Lumberton, kehrt. Blue Velvet aber lässt seiner Hauptfigur keine Chance, sich im gutbürgerlichen Puritanismus einzunisten, wie Jeffrey mit der Entdeckung eines abgeschnittenen Ohres ebenfalls schnell feststellt. Was folgt, ist der Blick in den Orkus der sozialen Psychologie: Dort, wo individuelle Bedürfnisse und urwüchsige Triebe florieren.

Das Vertraute und Fremde, es erfährt eben nicht nur im äußerlichen Dunstkreis der Kleinstadt seinen Zusammenschluss, wenn sich Jeffrey auf ein „kleines Abenteuer“ einlässt und in die Wohnung der Sängerin Dorothy (Isabella Rossellini, Two Lovers) einsteigt. Auch im Inneren von Jeffrey wird jene Dichotomie stärker und stärker definiert, dringt der junge Student doch in diffundierte Gefühls- und Stimmungswelten vor, die er zuvor, in der hermetisch abgeriegelten Vorstadt, niemals auskosten respektive überhaupt erfahren konnte. Das Böse, Fremdartige, Unbekannte, es ist allerdings schon immer hier gewesen. Und gleichzeitig: Es war auch schon immer in Jeffrey veranlagt. Blue Velvet formuliert sich dabei als eine Fahrstuhlfahrt in das Unterbewusstsein; als der neugierige Blick in eine von Rot- und Blautönen durchtränkte Dimension, die unserer Wirklichkeit ähnelt, aber diese immer noch ein Stück weit verzerrt, verdreht, verschiebt – was nur umso intensiver dafür sorgt, unsere gesellschaftliche und menschliche Mitte zu spiegeln.

Ohnehin ist David Lynchs Umgang mit dem Symbolcharakter einzelner Farben innerhalb seiner genuinen Bildwelten augenfällig: Das Rot der Lippen, das Rot der Blumen, das Rot des Gehirns, welches sich auf dem Teppich verteilen wird und natürlich das Blau, wie der Samt, der einen Vorhang säumt, hinter dem wir Geheimnisse erforschen, die von abgründiger Macht und intimer Schönheit sind. Diese Signale, Impulse und Reize flankieren Jeffreys innerseelische Erkundungsreise. Die fremde, seltsame Welt, wie er wiederholt zu sagen pflegt, wir leben nicht nur in ihr, sie lebt auch ins uns. Das Böse und Irreale, es spaltet sich nicht ab, es ist unter und in uns, verborgen in der Tiefe des Bildes, der Weite des Raumes, der Sehnsucht von Körper und Geist. Und am Ende? Da bleibt das Augenzwinkern, das Rotkehlchen, das Insekt, die Dunkelheit, das Licht und über allem: Das Bewusstsein.

Fazit

"Blue Velvet" ist eines der vielen Meisterwerke im Schaffen des Virtuosen David Lynch. Wir begleiten Kyle McLachlan in einen Fahrstuhl, der direkt in das Unterbewusstsein eindringt, und finden dabei das Fremdartige, Böse und Irreale nicht nur in unserer Umwelt, sondern auch in uns selbst – und es wartet darauf, an die Oberfläche getragen zu werden. Zudem ist "Blue Velvet" ein wunderbares Warm-up für das großartige "Twin Peaks", verfügt "Blue Velvet" doch bereits über all das, was die geniale Serie ausmachen sollte.

Kritik: Pascal Reis

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