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Quelle: themoviedb.org

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In Schottland gedrehter Science-Fiction-Thriller mit Romy Schneider und Harvey Keitel: Der Tod einer schwerkranken Frau soll live im Fernsehen übertragen werden. Als die sich dem entziehen will, starten die Medien eine geschmacklose Hetzjagd.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Science Fiction-Geschichten aus einer nicht allzu fernen Zukunft zum entsprechenden Zeitpunkt auf ihre prophetische Treffsicherheit zu überprüfen besitzt immer einen besonderen Reiz. In vielen Fällen war es Gott sei Dank reine Fiktion. 1984 war die Welt noch nicht wie in Orwell’s dystopischer Fantasie (obwohl vieles davon verblüffend zeitlos geblieben ist), 1997 war Manhattan kein riesiges Freiluftgefängnis wie in Die Klapperschlange und 2012 sollte auch nur ein Jahr wie jedes andere werden. Manchmal ist man aber furchterregend nah dran an einer gewissen Prognose und würde denselben Stoff heutzutage nur noch geringfügig der Science Fiction zuordnen. Zu diesen Exemplaren zählt Der gekaufte Tod von Bertrand Tavernier (Ein Sonntag auf dem Lande) aus dem Jahr 1980.

Es gibt keine konkrete Zeitangabe für diese düstere Zukunftsvision und (bewusst so gewählt) könnte es vom äußeren Erscheinungsbild auch zu seinem realen Entstehungszeitpunkt spielen. Wir werden nicht in eine futuristische Welt befördert, nur mit besonderen Umständen konfrontiert. Erklärungen oder Hintergründe werden nicht erläutert. Sporadisch ergeben sich Fragmente einer trostlosen Gesellschaft, die zwar wissenschaftlich vieles erreicht, sozial jedoch am Abgrund steht. Stillschweigend hingenommen und ignoriert. Übertönt von einem zur Unterhaltung, Ablenkung und Manipulation genutzten Medienapparat, bei dem die Reality-Show „Death Watch“ sich als Straßenfeger herausstellt. Krankheiten sind beinahe besiegt, der Tod tritt in der Regel nur durch unvorhersehbare Ereignisse oder auf natürlichem Wege ein. Dadurch sind extrem selten gewordene Schicksalsschläge wie der der Schriftstellerin Katherine (Romy Schneider, Nachtblende) von obszönem, öffentlichem Interesse. Die junge Frau wird sterben, die Medizin kann ihr nicht mehr helfen. Ihr Dahinscheiden soll ungefiltert dokumentiert werden, worauf sie sich irgendwann einlässt. Bis sie sich entschließt, sich nicht würdelos zu verkaufen. Sie flieht und bekommt dabei die Unterstützung von Roddy (Harvey Keitel, Reservoir Dogs). Nichtsahnend, dass dieser mit einer hinter der Netzhaut implantierten Kamera die One-Man-Crew der Show ist.

Die Gier nach Voyeurismus, die Befriedigung durch medialen Elendstourismus und die damit einhergehende, persönliche, selbstbetrügerische Kurzzeitabsolution vom eigenen Unglück ist das Hauptthema von Der gekaufte Tod und somit die verstörend zutreffende Parallele zu unserem aktuellen Zeitgeschehen. Sicher ist die gezeigte Extreme immer noch ein Tabu, im Grunde wird sich aber sehr dicht darum bewegt und der moralische Radius spürbar verkleinert. Nichts des Stattfindenden erscheint inzwischen gänzlich unvorstellbar und in kleinen Nuancen sind wir dem schon längts einen Schritt voraus. Am Rande werden immer wieder noch weitere, nicht näher vertiefte Skizzierungen einer selbstverständlichen Enthumanisierung angerissen. Unsere Protagonistin verfasst ihre Bestseller nicht etwa selbst, sondern gibt ihre A.I. „Harriet“ nur Ideen vor, die diese dann akzeptiert oder ablehnt. Ein Mann sammelt Unterschriften dagegen, dass Schulkinder nicht mehr von menschlichen Lehrern unterrichtet werden. Viele Krankheiten sind offenbar einfach wegzuoperieren, aber die Alten und Dementen werden abgeschottet aufbewahrt. Das insgeheim beobachtende Auge darf nicht schlafen, richtet seinen Fokus aber nicht auf die brutale Ghettoisierung, die an einem gewissen Punkt direkt vor ihm stattfindet. Denn das will keiner sehen. Sehenswert ist das Dahinsiechen einer jungen Frau, um von der allgemein totgeschwiegenen Tristesse abzulenken.

Romy Schneider ist die tragische Idealbesetzung für die Rolle einer Frau, die vor aller Augen langsam aber sicher ihren Lebensmut verliert. Ihr ganz persönliches Schicksal ist beängstigend nah an der Geschichte, was aber wirklich reiner Zufall ist. Keinesfalls willkürlich ist die analytische, gen Ende beinah vernichtende Kompromisslosigkeit, die alle verwendete Facetten schlüssig miteinander verwebt. Der Voyeur entwaffnet sich von Schuld geplagt, sein Opfer zahlt den höchsten Preis und die Drahtzieher müssen ihr Herzensprojekt als gnadenlos gescheitert betrachten. Pessimistisch und vor allem zynisch bis ins Mark übt der Film nicht nur drastische Kritik an medialen Konsumverhalten und dem Werteverfall einer immer unsozialeren Zivilisation, besonders mahnt er mit Blick in seine nie exakt bestimmte Zukunft. Vermutlich befinden wir uns gerade genau dort. Und müssen uns fragen, was denn davon noch nicht zumindest im Kleinen eingetreten und längst selbstverständlich ist. Die Antwort darauf ist ehrlich gesagt deprimierend.

Fazit

Eine unaufgeregt vorgetragene, aber enorm beunruhigende Gesellschafts-Dystopie und zynisch-ätzende Mediensatire zugleich. Exzellent gespielt und von erdrückender Präzision was die Entwicklung unserer Zivilisation angeht. Zum absoluten Meisterwerk fehlt noch ein gutes Stück, mehr als sehenswert jedoch auf alle Fälle.

Kritik: Jacko Kunze

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