Inhalt
Der für die Ermordung des Liebhabers seiner Frau verurteilte und gerade auf Bewährung entlassene Ex-Cop Jim Slade hat nicht nur das Glück, eine äußerst attraktive Bewährungshelferin zugeteilt zu bekommen, sondern ergattert auch gleich einen Job als Nachtwächter an einem College. Doch bereits in seiner ersten Schicht wird ein Einbruch verübt, bei dem aus dem Büro des College-Psychologen Bänder mit intimen Aussagen von Studenten gestohlen werden. Zwei Tage später ist Studentin Natalie, Tochter eines hochrangigen Politikers, tot. Der Sheriff verhaftet den Hausmeister, doch Slade glaubt nicht an dessen Schuld und beginnt, selbst Nachforschungen anzustellen..
Kritik
Mit dem Bus trifft er in Jordan ein, den Fedora auf dem Kopf, die Aktentasche in der Hand und das Jackett lässig über den Arm geworfen. Auch wenn Jim Slade (Burt Lancaster, Verdammt in alle Ewigkeit) merklich in die Jahre gekommen ist, hat ihn sein Charme noch lange nicht verlassen. Genau jener Charme, den man braucht, um sich einen Neuanfang ermöglichen zu können. In Chicago war er einst als Polizist tätig, bis er seine Frau mit einem anderen Typen im Bett erwischt hat und ihm die Sicherung durchgebrannt ist. Jetzt bleibt ihm, nachdem er jahrelang wegen Mordes im Gefängnis gesessen hat, nur noch der Job als Nachtwächter an einem College. Der Mitternachtsmann aber erzählt nicht von Resozialisierung, sondern tragischerweise nur von der Unbeirrbarkeit seines Protagonisten.
Nachdem Jim Slade seine neue Stelle angetreten hat, werden nicht nur kurz darauf Unterlagen entwendet, sondern auch eine Stundentin, die Tochter des Senators (Morgan Woodward, Mord an einem chinesischen Buchmacher), umgebracht. Daraus entspinnt sich ein sehr klassisch gehaltenes Whodunit, in dem er Ex-Cop noch einmal unter Beweis stellen kann, dass er vielleicht nicht mehr Jüngste ist, aber immer noch mit einer der besten Schnürnasen weit und breit ausgezeichnet ist. Roland Kibbee und Burt Lancaster, die nicht nur eine langjährige Freundschaft eint und Zusammenarbeiten bei den Filmen Der rote Korsar, Vera Cruz, The Devil's Disciple sowie Valdez, haben mit Der Mitternachtsmann ihr ganz persönliches Projekt aus dem Boden gestampft. Als Regisseure, Produzenten und Drehbuchautoren genossen Kibbee und Lancaster den volle künstlerische Verantwortung.
Man hätte sich als Zuschauer nur etwas Originelleres gewünscht, denn auch wenn Der Mitternachtsmann letzten Endes eine solide Murder Mystery aufbietet, die vor allem durch die Präsenz von Burt Lancaster in der Hauptrolle gnadenlos veredelt wird, wirkt der Krimi zumeist wie ein TV-Film. Säuberlich werden dem Zuschauer die involvierten Charaktere (sprich: Verdächtigen) vorgestellt, damit nicht nur die altmodische Typologie des Genres abgedeckt wird, sondern auch dem Zuschauer die Chance dargereicht, sich seine eigenen Gedanken über den hiesigen Fall zu machen. Das gelingt, wie gesagt, recht solide, sein wahres Potenzial aber streckt Der Mitternachtsmann fast schon mit erschreckender Gleichgültigkeit nieder. Jim Slade nämlich sollte eigentlich als zutiefst ambivalente Figur gehandelt werden, anstatt hier durchweg als geradliniger Ratefuchs für seine detektivischen Qualitäten abgefeiert zu werden.
Fazit
Solide Whodunit-Kost aus den 1970er Jahren, welche durch Burt Lancaster in der Hauptrolle unheimlich veredelt wird. Während sich der spannungstechnisch routinierte "Der Mitternachtsmann" inhaltlich an den dramaturgischen Erzählprinzipien des Genres hält, versagt er darin, die Ambivalenzen seines Protagonisten zu behandeln, um seinem Szenario einen doppelten Boden zu ermöglichen. Letztlich wirkt "Der Mitternachtsmann" wie ein TV-Film, der sich dem altmodischen Kriminalkinos annimmt. Nett, aber austauschbar.
Autor: Pascal Reis