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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Oberösterreich im Jahr 1750: Ein Karpfenteich reflektiert das Grau des Himmels. Ein tiefer, dunkler Wald schluckt das Sonnenlicht. Auf einem Hügel wird eine Hingerichtete zur Schau gestellt. Als Exempel. Als Warnung. Ein Omen? Die tiefreligiöse und hochsensible Agnes betrachtet die tote Frau mit Mitleid.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Der Titel als altertümliche Bezeichnung für Krankheitsbilder ähnlich dem der heutigen Depression bündelt nicht nur gleichsam unheimlich und unmittelbar das wortwörtliche Verteufeln psychischer Leiden seitens einer christlichen-klerikalen Gesellschaft. Mehr noch wird er zum spukhaftes Sinnbild des Hexenkessels aus frommen Fanatismus und gesellschaftlicher Zwänge, der die empfindsame Agnes (eindringlich: Anja Plaschg, Axolotl Overkill) in den Tod treibt. Der einzige Weg dorthin führt im Oberösterreich des späten 18. Jahrhunderts, als Selbstmord mit ewiger Verdammnis gleichgesetzt wird, nur ein Mord.

Diese kaum diskutierte und entsprechend wenig bekannte Form des mittelbaren Freitods steht im Zentrum des faszinierenden Folklore-Thrillers, mit dem Veronika Franz und ihr Langzeitkollaborateur Severin Fiala (Ich sehe, ich sehe) im Berlinale Wettbewerb ein gespenstisches Glanzlicht setzen. Das Grauen der metikulös recherchierten Chimäre aus Horror-Drama, Historien-Thriller und Heimatfilm entspringt der heilsuchenden Hysterie der Protagonistin, deren Verzweiflung über das Scheitern ihrer bescheidenen Träume von einem Kind und glücklichen Eheleben mit dem frisch angetrauten Wolf (David Scheid) die repressive Zeitmoral verstärkt. 

Obwohl die Bruegel und Hans Baldung Grien heraufbeschwörende Dorfkulisse und frostige Winterlandschaft die unheimliche Atmosphäre eines Genrewerks atmet, ist die hintersinnige Inszenierung eine geschickte Verkehrung deren charakteristischer Motive. Getrocknete Insekten symbolisieren erstorbenen Frohsinns, ein umgedrehtes Kruzifix die religiöse Perversion, Blutegel und Barbier-Kuren die unverändert gängige medizinische Gewalt gegen Menschen, die sich dem engen Normkonstrukt nicht anpassen können. Der nicht dem Splatter, sondern Geschichtsbuch entnommene Blutumtrunk zelebriert schließlich einen sich selbst zerfleischenden und verzehrenden klerikalen Kannibalismus.

Fazit

Nach ihrem packenden Hütten-HorrorThe Lodgetauchen Veronika Franz und Severin Fiala erneut in die archaischen Abgründe fanatischen Glaubenseifers. Dessen mit faszinierender Detailtreue auf die Leinwand gebanntes Abbild verstört umso mehr, da unter der mittelalterlichen Patina der von realen Gerichtsprotokollen inspirierten Handlung die Gegenwart immer greifbar bleibt. Der kriminalistische Prolog und allegorische Schlussakkord erweitern das schaurig-schöne Sittengemälde zu einem künstlerisch und kritisch scharfsinnigen Plädoyer gegen bis heute überdauernde christlichen Dogmen, deren Lebenszwang den Tod provoziert.

Kritik: Lida Bach

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