Inhalt
Das Chaos hat vier Namen. Livi, Malea, Tessa und Kenny. Die Schwestern haben erstmal nichts gemeinsam. Ausser dem Nachnamen Martini. Womit jede von ihnen mehr als fein ist. Denn sind wir mal ehrlich: nicht nur Eltern sind mega peinlich – sondern meist auch die eigenen Geschwister. Und wenn man sich seine Familie schon nicht aussuchen kann, dann muss man versuchen so wenig wie möglich mit ihnen zu tun zu haben. Doch das wird sich bald ändern.
Kritik
Das Chaos hat vier Namen. Der Kommerz übrigens auch und das sind nicht zufällig die gleichen: Livi (Lilit Serger), Tessa (Momo Beier, Vatersland), Malea (Cara Vondey) und Kenny (Rona Regjepi, Sebastian Fitzeks Die Therapie). Die vier Heldinnen Dagmar H. Muellers gleichnamiger Kinderbuchreihe sind weiß, wohlhabend, cis, trotz ihrer jungen Jahre demonstrativ straight und able-bodied sowieso. Also haargenau die Art ultraprivilegierter Publikumslieblinge, von denen die bildungsbürgerlichen Zielgruppe nicht genug kriegen kann, aber wie Erzählerin Olivia alias Livi trotzdem natürlich irgendwie „anders“.
Keine Sorge, natürlich nicht „anders“ wie keine konservative Musterfamilie (die beider perfekte Eltern abgeben) oder wie materielle Probleme (das mit unbegrenztem Budget ausgestattete Quartett logiert in einer Villa mit Grundstück) oder wie Patchwork (dass die Titelfiguren tatsächlich vertauscht seien, wird ostentativ ausgeschlossen) oder wie kognitive oder psychische Herausforderungen (dass die Jüngste Malea mit einem fiktiven Silberfischchen spricht, wird als grenzwertig geframet). Anders heißt hier besonders cool. Entsprechend schwierig ist eine Identifikation mit den kindlichen Klischees.
Die begegnen bei ihrem Abenteuer-Ausflug zum Zoo ähnlich tumb charakterisierten Erwachsenen. Magier-Paar Mary (Janine Kunze, Bielendorfer!) und Marc (Max Giermann, Die unlangweiligste Schue der Welt) chargiert ordentlich auf der Jagd nach Pinguin Paul, dessen Tanzkünste ihre Show aufpeppen sollen, damit das Kinderpublikum weiß, dass es zu lachen hat, wenn beide durch die Landschaft stolpert. Auf diesem Humor- und Spannungsniveau geht es zum vorhersehbaren Ende, zu dem Livi in Unternehmersohn Deniz (Giovanni Francesco, Mein Bruder ist ein Einzelkind) einen Boyfriend parat hat und allseits demonstrativ beklatscht wird.
Fazit
Bei den Kindern im Kinosaal zeigt der suggestive Selbstapplaus Mike Mazurks Adaption der gleichnamigen Buchreihe wenig Wirkung. Verständlich angesichts des plumpen Schauspiels und der einfallslosen Story des Geschwister-Abenteuers. Überdeutlich aus filmischen Versatzstücken zusammengeklaubt und mit tierischem Niedlichkeitsfaktor überzuckert, unterstreicht die spießige Inszenierung das Faible des Regisseurs für gestrige Kinderunterhaltung. Noch verstaubter als die konservativen Familienwerte ist die Idealisierung von Zoos als Tierparadies mit Öko-Mission sowie die Abwertung Schaustellender als dümmlicher Krimineller und Dienstleistender als arbeitsscheu.
Autor: Lida Bach