Eine Handvoll bunt zusammengewürfelter Abenteurer, eine Prise tragische Backstory, eine Portion Heist-Movie und das Ganze garniert mit kräftig viel Fantasysetting: Fertig ist der neue Dungeons-&-Dragons-Film Honor Among Thieves. Die Trailer versprachen bereits ein humorvolles Abenteuer mit viel Augenzwinkern, das sich selbst nicht zu ernst nimmt, dafür aber mit viel Herz die chaotische Energie einer Rollenspielkampagne zelebriert. Und, so viel sei gleich vorab gesagt: Das gelingt dem Film tatsächlich.
Honor Among Thieves muss dabei einen Spagat schaffen. Einerseits gilt es, möglichst viele für Dungeons & Dragons (DnD) spezifische Inhalte unterzubringen, um rollenspielbegeisterte Fans anzusprechen – schließlich ist der Film explizit diesem Franchise verpflichtet.Andererseits will er als unterhaltsames Fantasy-Abenteuer zugleich auch massentauglich zugänglich sein. Und überhaupt, wie bringt man über fünfzig Jahre gewachsene Lore und Spielmechaniken auf die Leinwand?
Diese Aufgabe bewältigt Honor Among Thieves erfolgreich: Wer sich mit DnD sowie dem klassischen Setting der Vergessenen Reiche auskennt, darf sich über reichlich Input, Namedropping und Cameos freuen: ein Füllhorn an Flair, ohne dass es für die Einordnung aber Kontextwissen braucht.
So wuseln aus den Regelwerken vertraute Monster und Fantasyvölker durch die Szenen, viele Zaubersprüche lassen sich klar zuordnen und typische Spielmechaniken wurden narrativ stimmig mit der Geschichte verwoben – etwa die unberechenbare wilde Magie oder aber die Notwendigkeit, sich auf ein magisches Artefakt erst einstimmen zu müssen. So einiges funktioniert – aus dramaturgischen Gründen – natürlich deutlich anders als in der Rollenspielvorlage.
Auch visuell wird nicht mit Effekten gegeizt, die größtenteils vollauf überzeugen. Dabei wird längst nicht nur auf CGI gesetzt; stattdessen verrieten die Macher, sich bewusst auch an Jurassic Park (1993) und dessen Kombination von praktischen und computergenerierten Effekten orientiert zu haben. Somit gibt es in Homor Among Thieves auch einiges an Animatronic zu sehen. Tatsächlich fügen sich die meisten Wesen – wie der Dragonborn oder der Aarakocra (Vogelmensch) in den ersten Szenen – stimmig ins Gesamtbild, auch die Drachen machen Spaß und die Magie ist nicht nur im Showdown wirkungsvoll in Szene gesetzt. Nur vereinzelt überzeugen Effekte weniger, so etwa beim ersten Blick auf die Stadt Neverwinter, der man ihre digitale Natur eine Spur zu deutlich ansieht.
Kampfszenen gibt es überraschend wenige, dafür sind sie flott choreographiert und setzen meist eine einzelne Figur gekonnt in Szene. Lediglich im Finale sehen wir hier echtes Teamwork, wie es für DnD essenziell ist.
Die ikonischen Klassen des Spielsystems bleiben bei den Figuren erkennbar, ihre Merkmale wurden allerdings stark eingedampft. Chris Pine etwa mimt mit Edgin einen Barden, von dessen magischem Allroundtalent letztlich aber nur der überproportional hohe Charisma-Wert bleibt – und natürlich eine Laute. Die Druidenfähigkeiten der frisch angeheuerten Doric wiederum beschränken sich aufs Gestaltwandeln. Auch diese Entscheidungen sind aber aus erzählerischer Sicht nachvollziehbar.
Mit Blick auf die vier Hauptfiguren gibt sich der Film zumindest Mühe, ihnen solide Backstorys und Motivationen zu spendieren. Teilweise bleibt das recht sparsam, teilweise folgt man reichlich konventionellen und abgegriffenen Mustern (speziell bei Edgin). Für das Format einer unterhaltsamen Abenteuerkomödie reicht die geleistete Arbeit aber, zumal Honor Among Thieves die Figurenhintergründe nicht einfach als schmückendes Beiwerk betrachtet, sondern sie – so formelhaft sie auch sein mögen – als Dreh- und Angelpunkt für die gesamte Handlung nutzt. Das stärkt die oft generische Hauptstory, denn die Truppe um Edgin hat zumindest handfeste Gründe, sich mit der übermächtigen Gegenseite anzulegen.
Und teilweise überrascht das Drehbuch mit unerwartetem Fingerspitzengefühl. Barbarin Holgas Besuch bei ihrem Ex-Mann gehört verblüffenderweise zu den schönsten Szenen des Films, weil die Sequenz trotz humoristischer Elemente nicht ins Klamaukige abgleitet, sondern echte Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit der Figuren andeutet.
Es scheint also eine bewusste Entscheidung, dass die Figurendynamik die eher geradlinige Handlung über weite Strecken entscheidend trägt. Zwar gilt es am Ende auch den klassisch angelegten Plan eines bedrohlich-übermächtigen Bösewichts zu vereiteln, zunächst aber bekommt die Truppe um Edgin es vor allem mit dem selbstverliebten Hochstapler Forge (Hugh Grant, Glass Onion) zu tun – und mit Verrat und Vertrauensverlust auf ganz persönlicher Ebene, denn Forge hat Edgins Tochter Kira für seine Zwecke manipuliert.
Gerade Grant hat sichtlich Spaß an seiner Rolle, doch auch Pine, Rodriguez, Smith und Lillis liefern im Rahmen des Drehbuchs schauspielerisch gute Leistung, wobei gerade Lillis' vielversprechende Figur enttäuschend wenig zum Zug kommen darf. Für mit die meisten Lacher dürfte ironischerweise der komplett humorbefreite Paladin Xenk (Regé-Jean Page, Bridgerton) sorgen.
Die Handlung gerät bald zu einer temporeichen und unterhaltsamen Questreihe mit wechselnden Schauplätzen und Herausforderungen. Langeweile kommt so trotz der langen Spielzeit keine auf, bisweilen aber eine gewisse Atemlosigkeit. Teilweise wird der Plot durch ausnehmend zweckdienliche Zufälle vorangetrieben: Die einzige Lösung für ein Rätsel ist ein legendäres, seit Jahrzehnten verschollenes Artefakt? Rein zufällig weiß ausgerechnet die gruppeneigene Barbarin, wo es sich befindet! Darüber lässt sich jedoch größtenteils gut hinwegsehen, zumal davon ab erzählerisch solide gearbeitet wird: Twists und Entwicklungen werden frühzeitig vorbereitet, indem die Story die notwendigen Elemente etabliert.
Möglicherweise machen hier auch Perspektive und Medium einen Unterschied: In einer Rollenspielkampagne können praktische Zufälle von langer Hand durch die Spielleitung vorbereitet sein und als gelungene Verknüpfung von Hauptquest und Figurenhintergrund funktionieren (… oder sie sind die improvisierte Belohnung für eine besonders erfolgreiche Würfelprobe). Überhaupt ist anzunehmen, dass Honor Among Thieves bei aller Zugänglichkeit Rollenspielenden doch am meisten Spaß machen könnte: Zwar gibt es keinen Metaplot am Spieltisch (gut so!), aber das rasante Pläneschmieden und -verwerfen der Heldentruppe dürfte vielen aus der eigenen Runde vertraut vorkommen, und bei manchem Missgeschick hat man den fehlgeschlagenen Fähigkeits-Check nur zu deutlich vor Augen.
Während der Plot größtenteils stimmig entwickelt und vorangetrieben wird, gibt es Momente, in denen das Drehbuch schwächelt: Binnen weniger Dialogzeilen eskalieren dann Konflikte mit kaum nachvollziehbarer Wucht und werden ebenso rasch wieder aufgelöst, was auch zulasten der emotionalen Wirkung geht. Schade ist das deshalb, weil der gleiche Film es an anderen Stellen so viel besser macht und ja gerade auf Nähe und Nachvollziehbarkeit zu den Figuren setzt. Auch im Finale selbst wird durch das erzählerische Tempo so leider Potenzial verschenkt. Die Story selbst bleibt insgesamt ohne große Überraschungen, weist aber im Kleinen doch die ein oder andere erfrischende Wendung auf.
So macht Honor Among Thieves denn auch am meisten Spaß, wenn es sich auf die persönlichen Einsätze und Ziele seiner Figuren konzentriert und ihren chaotischen Einfallsreichtum zelebriert.