Inhalt
Claire ist eine Hebamme mit Leib und Seele. Mit den Jahren jedoch sieht sie sich immer mehr mit den modernen, unpersönlichen Methoden der Krankenhäuser konfrontiert, die mehr auf Effizienz als auf Catherines Einfühlsamkeit Wert legen. Sie beginnt, sich und ihre Fähigkeiten infrage zu stellen. Da erhält sie eines Tages einen Anruf von Beatrice, der frivolen und extravaganten früheren Geliebten von Catherines verstorbenem Vater. Beatrice hat wichtige Neuigkeiten und möchte, nachdem sie vor 30 Jahren spurlos verschwand, Catherine nun dringend wiedersehen. Mit der pflichtbewussten und zurückhaltenden Catherine und der lebenslustigen Beatrice prallen Welten auf einander. Mit ihrem unerwarteten Wiedersehen werden nicht nur alte Erinnerungen wach und Geheimnisse gelüftet, es wird auch nichts mehr so sein wie es war...
Kritik
Catherine Deneuve ist ohne Zweifel die Grand Dame des französischen Kinos. Sie drehten mit Größen wie François Truffaut oder Luis Buñuel und gehört dementsprechend seit Jahrzehnten zu den bekanntesten und vielleicht auch essentiellen Darstellerinnen des europäischen Films. Da ist es umso tragischer, wenn sie sich für Filme wie Ein Kuss von Béatrice hergibt. Das neue Drama von Regisseur Martin Provost (Séraphine), der dieses der Hebamme widmete, die ihm einst das Leben als Neugeborener rettete, ist ein einziges Klischeefest des französischen Films. Die ganzen Merkmale von diesem werden aber so leb-, seelen- und lieblos durchexerziert, dass Ein Kuss von Béatrice vor allem eines ist: anstrengend.
Dass diese Anstrengung dabei nichts bringt, ist das wirklich katastrophale des Films. Die Figuren werden von der Dramaturgie entweder zu langsam, oder aber so rasch behandelt und geformt, dass die Geschichte niemals wirklich rund wirkt. Das Aufeinandertreffen zweier Frauen, die ein früherer Schicksalsschlag vereint, ist dabei so elendig konform in ihrer Abhandlung, dass es mitunter fast schon wie eine Karikatur wirkt: Dort die lebenslustige aber todkranke Béatrice, dort die vernünftige aber immer irgendwie unglückliche Claire (Catherine Frot, Das Mädchen, das die Seiten umblättert). Wie diese Figuren sich entwickeln ist nicht nur absehbar, sondern in trostloser Weise auch frei von Courage.
Trotz seiner Fixierung auf die beiden Frauen, frönt Regisseurs Provost lieber dem Schwelgen in proletarischen Romantikbildern und flanscht ganz nebenbei noch einen wenig bissigen - dafür trotzigen und viel zu bemühten - Kommentar auf die moderne Medizin obendrauf. Dessen kritischer Haltung fehlt aber für einen wirklichen Effekt ein wirklich differenzierter Blick. Allgemein wirkt Ein Kuss von Béatrice wie eine blindwütige Zelebrierung des Damaligen. Auch wenn das Drama in marginalen Schüben davon erzählt, dass heutzutage auch Männer Hebamme werden können, so hinterlässt Provost mit seinem neuen Film doch mehr den Eindruck von bockiger Nostalgie.
Was dem Film bleibt sind Deneuave und Frot. Beides tolle Schauspielerinnen, doch auch sie arbeiten hier scheinbar auf Autopilot. Warum auch nicht? Provost fordert sie mit seinem Script auch niemals wirklich heraus. Natürlich gibt es lautstarke Aussprachen und Streitereien, aber diese glänzen nicht und wirken auch nie wirklich befreiend, weil die Charaktere viel zu fern erscheinen. Es sind eben Figuren die aus reiner Konzeption bestehen. Blaupausen eben. Wirklich befreiend ist Ein Kuss von Béatrice erst dann wenn nach knapp zwei Stunden endlich der Abspann einsetzt.
Fazit
Europäisches Kino kann frisch, gewagt und belebend sein. Es kann aber auch bleiern, gestrig und qualvoll starr daher kommen. „Ein Kuss von Béatrice“ gehört zur zweiten Kategorie.
Autor: Sebastian Groß