The gray man …. seeps through the cracks … you’ll breathe him in … do terrible things.
Als wäre die Ende der 1920er- Jahre einsetzende Weltwirtschaftskrise noch nicht schlimm genug gewesen, kam es in den 30ern in südlichen Teilen der USA bzw. Kanadas auch noch zu schrecklichen, lang anhaltenden Dürren sowie tosenden Staubstürmen. Viele der in diesen Gebieten lebenden Menschen sahen sich durch die unwirtlichen Bedingungen gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen, um in weniger stark betroffenen Regionen ihr Glück zu suchen. Für jene, die in der „Dust Bowl“ ausharrten, glich jeder Tag einem Kampf um die eigene Existenz. Dieser äußerst heikle Dauerzustand dient den RegisseurInnen Karrie Crouse sowie William Joines als Ausgangslage für ihr Langfilmdebüt Hold your Breath. Darin entführen uns die beiden in eines jener Areale, das von der Naturkatastrophe besonders schwer betroffen war: den Bundesstaat Oklahoma.
In Oklahoma ist die Hölle los. Den Eindruck macht es jedenfalls. Soweit das Auge reicht, nur Staub, Sand sowie Dreck. Die Umgebung ist karg und knochentrocken. Pflanzen wachsen schon lange keine mehr. Die Bevölkerung ist ausgedünnt, die Stimmung schlecht. Es scheint, als würde die Welt nur noch trostlose Brauntöne kennen. Immer wieder fegen Staubstürme über das Land, die derart mächtig sind, dass sie den Himmel verdunkeln. Der vom heulenden Wind mitgeführte Sand kriecht dabei in jede noch so kleinste Ritze, setzt sich in den Lungen der Menschen fest und zehrt an deren ohnehin schon strapazierten Nerven. Inmitten dieser tristen Einöde steht die Farm der Familie Bellum. Auf dieser führt Margaret (sehr stark gespielt von Sarah Paulson, American Horror Story) mit ihren beiden Töchtern ein beschwerliches Leben.
Die Gegend, in der die drei wohnen, ist nur spärlich besiedelt, die Wege bis zum nächsten Nachbarn alles andere als kurz. Margarets Mann ist losgezogen, um weit in der Ferne nach Arbeit zu suchen. Die Nahrung ist knapp, der feine Staub bedroht die Gesundheit und der ewige Kampf das Haus vom Dreck freizuhalten ist ermüdend. Die Schauergeschichten, die von den Nachbarsfrauen beim gemeinschaftlichen Anfertigen von Stickereien erzählt werden, sind ebenfalls wenig erbaulich. Man spricht von mordenden Landstreichern sowie tödlichen Unfällen. Der Tod scheint allgegenwärtig zu sein und Magaret beginnt sich zunehmend zu fragen, ob da draußen in den Sturmböen irgendwer oder womöglich irgendetwas lauert. Schließlich will die liebende Mutter ihre beiden Kinder (darunter Amiah Miller, Lights Out) um jeden Preis beschützen.
Hold your Breath verfügt über eine ungemein bedrückende Bildsprache, die stellenweise fast schon apokalyptische Züge annimmt. Dabei pendelt der Film zwischen Horrorfilm bzw. Horror-Thriller sowie (psychologischem) Drama hin und her. Wir erleben Verzweiflung, ein Leben voller Entbehrungen und Menschen, die längst vergessen haben, wie die Farbe Grün ausschaut oder wie sich prasselnde Regentropfen auf der Haut anfühlen. Gleichzeitig wird eine höchst unheilvolle Atmosphäre zu etabliert, die mit manch schauriger Sequenz sowie kurzen, sporadisch eingestreuten Schockmomenten angereichert ist. Dabei säht das Regie-Duo bei uns immer wieder Zweifel daran, was hier wirklich vor sich geht. Lauert da draußen in den staubigen Böen tatsächlich etwas?
Könnte ein Fremder (überzeugend verkörpert von Ebon Moss Bachrach, The Bear), der seinerseits ein Heiler sein will, Böses im Schilde führen? Ist er womöglich der, den man den „grauen Mann“ nennt? Oder sind Magarets Ängste vielleicht völlig unbegründet und lediglich das Produkt einer angeschlagenen Psyche? Schließlich musste sie in der Vergangenheit einen schweren Schicksalsschlag überwinden, der sie emotional sehr stark mitgenommen hat. So sehr dieses unterschwellige Rätselraten in Verbindung mit den starken Bildern sowie dem guten Schauspiel sämtlicher Beteiligten (allen voran Sarah Paulson) auch zu gefallen weiß, es vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass eigentlich nicht so wahnsinnig viel passiert. Zudem will das Geschehen nicht recht in die Gänge kommen, wodurch die Spannungskurve um einiges flacher bleibt, als es einem lieb wäre.
Infolgedessen hat Hold your Breath spätestens aber der Hälfte der Laufzeit mit ersten Ermüdungserscheinungen zu kämpfen. Sogar das Rätselraten entfällt irgendwann, da der Film mit der Zeit doch sehr konkret darin wird, woher die Gefahr denn tatsächlich rührt. Aber anstatt nun ein wenig aufs Gaspedal zu drücken, bleibt das Regie-Gespann seinem entschleunigten Erzähltempo auch dann noch treu. Dies hat zur Folge, dass sich die gerade einmal 90-minütige Laufzeit deutlich länger anfühlt, als sie es tatsächlich ist. Da helfen selbst zwei, drei Tropfen Blut nicht mehr viel. Letzten Endes wird Hold Your Breath wohl, so stark er auch begonnen haben mag, nicht wenige ZuschauerInnen enttäuscht zurücklassen. Wer ein paar thematisch gar nicht mal so unähnliche Alternativen sucht, kann es mit Werken wie The Wind, The Witch, It Comes at Night, The Lodge oder dem frisch erschienenen Never Let Go versuchen.