Inhalt
Captain JJ Collins wird auf eine einsame Atomraketen-Abfangbasis mitten im Pazifik versetzt. Just am Tag ihrer Ankunft wird die Basis von Alexander Kessel, einem ehemaligen Offizier des US-Militärgeheimdienstes, überfallen. Kessel hat die Kontrolle über sechzehn Atomraketen erlangt und gedenkt diese auf ebenso viele amerikanische Städte abzufeuern. Zwischen ihm und der Umsetzung seines Plans steht ausschließlich Collins, die sich im Kommandoraum der einzigen noch funktionstüchtigen Raketenabwehrstation eingesperrt hat und um ihr Überleben (und jenes vieler Millionen Amerikaner) kämpft.
Kritik
Rambo nowadays is a woman
Sämtliche Romane des Bestseller-Autors Matthew Reilly haben eines gemeinsam. Sie lesen sich wie buchgewordene 90erJahre Actionfilme. Handlung, Charaktere, Schreibstil, Punktierung…alles zielt ausschließlich darauf ab, im Kopf des Lesers einen bombastischen Genrestreifen ablaufen zu lassen. Daher passt es gut ins Gesamtbild, dass Reilly als Einstieg ins Filmgeschäft sowohl Drehbuch als auch Regie bei der Netflix-Action-Produktion Interceptor übernommen hat.
Leider ist ein versierter Verfasser von Spannungsliteratur nicht zwingend auch die ideale Wahl, um am Regiestuhl eines modernen Actionfilms Platz zu nehmen. Denn was beim Lesen eines Romans die Fantasie von ganz allein in den gewünschten Kontext setzt, muss beim Film durch die Zusammenarbeit vieler Spezialisten (Casting, Kostüme, Schnitt, Schauspieler, Effekte, Schauplatzwahl…) erst mühsam in eine (halbwegs) glaubhafte Bildsprache gegossen werden. An diesem Kontakt mit der Realität zerplatzt schlussendlich auch der Traum, dass aus Interceptor, dank Reillys unleugbaren Gespürs für Actionszenen, mehr als nur (unter-)durchschnittliche Genreware wird. Dafür haben offensichtlich sowohl das Budget als auch der Wille des Produzententeams gefehlt.
Interceptor bietet lediglich einen einzigen Raum als primären Handlungsort, was durchaus funktionieren kann, aber in diesem speziellen Fall recht eindeutig den überschaubaren Finanzmitteln und nicht der zugrunde liegenden Story geschuldet ist. Auch Elsa Pataky als Hauptdarstellerin müht sich zwar redlich ab, doch weder nimmt man ihr die brutalen Kampfszenen so richtig ab, noch kann man sich des Gefühls erwehren, dass es hauptsächlich ihrem Mann Chris Hemsworth (Executive Producer und Cameo-Star des Films) geschuldet ist, dass gerade sie die Hauptrolle übernommen hat. Zur Verteidigung von Pataky sei jedoch angeführt, dass wahrscheinlich auch Meryl Streep oder Katharine Hepburn dem Drehbuch nur unwesentlich mehr Substanz abringen hätte können.
Was bleibt ist ein knapp 90minütiges Spiel auf der Actionklaviatur, das mit etlichen ungemein brutalen und gut choreografierten Kampfsequenzen zu unterhalten weiß. Abseits der direkten Konfrontationen zwischen Captain Collins und ihren Gegnern hält sich Reilly dankenswerterweise mit großangelegten Effekt-Shots zurück. Denn die wenigen Digitaleffekte mit denen Interceptor aufwarten kann, wirken ziemlich veraltet.
Fazit
"Interceptor" ist ein auf Hochglanz poliertes Direct-To-Stream B-Movie. Nicht weniger aber leider auch nicht mehr. Neben den genreüblichen Unzulänglichkeiten wie einer fehlenden Story und unterirdischen Dialogen sind es auch einige sehr übertriebene Actionszenen und die durchwachsene Regiearbeit, die das Sehvergnügen etwas trüben. Wer jedoch Freude daran hat, Elsa Pataky 90 Minuten lang dabei zu beobachten, wie sie einen Bösewicht nach dem anderen durch den Fleischwolf dreht, um am Ende schwerverletzt einarmige Turnübungen zu veranstalten und den Sieg davonzutragen, der ist bei Interceptor goldrichtig.
Autor: Christoph Uitz