5.2

MB-Kritik

Ein Jackpot zum Sterben! 2024

Action, Comedy

5.2

5.8

Seann William Scott
Marian Green
David Conk
Josh Diogo
Rosanna Scotto
Dolly de Leon
Conor McCullagh
Shannon Mayers
Brian Ashton Smith
Murray Hill
Awkwafina
Becky Ann Baker
Adam Ray
Rylea Hendreschke
Simu Liu
Sam Asghari

Inhalt

Eine ehemalige Kinderdarstellerin nimmt unbeabsichtigt an einem tödlichen Lotteriespiel teil und muss nun um ihr Leben kämpfen.

Kritik

Was macht eine Regierung, der das Geld fehlt? Richtig, sie ruft eine Lotterie ins Leben. Aber nicht bloß irgendeine Lotterie, sondern eine mörderische. So auch in dem 2024 veröffentlichten und von Paul Feig (Ghostbusters) inszenierten Film Jackpot!. In einer nahen Zukunft angesiedelt erzählt uns Jackpot! von einem im Bundesstaat Kalifornien stattfindendem Lotteriespiel, bei dem die Person mit dem Siegerlos bis zum Sonnenuntergang vogelfrei ist. Heißt, man darf sie ungestraft töten und dadurch den Gewinn für sich selbst beanspruchen. Doch sogar bei einer moralisch mehr als fragwürdigen Angelegenheit wie dieser gibt es gewisse Regeln zu befolgen.

So dürfen an der halsbrecherischen Menschenjagd selbstverständlich nur jene teilnehmen, die ihrerseits käuflich ein Lotterielos erworben haben. Alles andere wäre schließlich barbarisch … und vor allem würde es der Regierung kein Geld einbringen. Außerdem gibt es noch eine andere Regel, die den Gebrauch von Schusswaffen aufs strengste untersagt. Das macht ohne Frage Sinn, denn niemand möchte in einem Kriegsgebiet wohnen … und die auf Gewinn bedachte Regierung hat zweifelsohne keine Lust für etwaige Kollateralschäden aufzukommen. Das Konzept geht jedenfalls bestens auf. Die Bevölkerung ist begeistert, die Staatskassen sind wieder voll, was will man mehr?!

Als die von Awkwafina (Ocean's Eight) verkörperte Katie Kim nach Los Angeles kommt, um dort ihre Schauspielkarriere wieder aufleben zu lassen, hat sie (warum auch immer) von alledem keinen blassen Schimmer. Dennoch wird sie, als sie ungeplant in den Besitz eines der elektronischen Lotterielose kommt, selbiges versehentlich aktiviert und dann auch noch gewinnt zur wandelnden Zielscheibe. Ohne zu verstehen, was vor sich geht, sieht sich Katie plötzlich mit haufenweise mordlüsternen BürgerInnen konfrontiert, die ihr an den Kragen wollen. Doch die Rettung naht in Form des von John Cena (The Suicide Squad) gespielten Noel Cassidy, der Katie für eine 10-prozentige Gewinnbeteiligung am Leben halten will.

Na, wenn das mal nicht nach einem ungemein dystopischen Schreckensszenario klingt. Schließlich erscheint das tödliche Glücksspiel oder anders ausgedrückt die temporäre Legalisierung von Mord wie eine Abwandlung der aus The Purge (bzw. dem Purge-Franchise) bekannten „Säuberungsnächte“. Nur dass dort das ganze Land teilnehmen kann und man nicht nur einer Person, sondern jedem Menschen, der einem über den Weg läuft, straffrei das Leben nehmen darf. Auch die tödliche Spielshow aus Running Man, bei der Häftlinge um ihre Freiheit kämpfen, kommt einem in den Sinn. Gleiches gilt für den brutal geführten Überlebenskampf der japanischen SchülerInnen in Battle Royale. Aber wo die genannten Werke die ihnen zugrunde liegenden Entwicklungen ihrer jeweiligen Gesellschaft düster aufbereiten, geht Feig mit Jackpot! einen ganz anderen Weg.

Bei Jackpot! wird nicht gemahnt, auch nicht kritisch hinterfragt und zum Nachdenken möchte man ebenfalls nicht anregen. Auf derartigen „Ballast“ hatte Feig bei Jackpot! offenkundig wenig Lust. Lediglich in zwei kurzen Szenen (bei denen es um falsche Werbefotos sowie Castings, für die selbst zu zahlen ist geht) wirkt es, als ob so etwas wie ein Hauch von gesellschaftskritischem Subtext durchscheinen würde. Aber sind wir mal ehrlich, da hat selbst die trashige Roger Corman-Produktion Death Race 2000 kritischere Untertöne vorzuweisen. Anstatt die gesellschaftliche Verrohung anzuprangern (wir sprechen hier immerhin von staatlich legitimierter Menschenjagd), setzt Feig in erster Linie auf spaßgeladene Action, die mit einer Vielzahl an Gags aufwartet. Ob die Gags zünden, hängt vom eigenen Verständnis von Humor ab. Der eine wird sich kaputtlachen, die andere verzieht keine Miene. Jedenfalls sind die „slapstickhaften“ Witze, was den Anspruch angeht, von der seichten bzw. anspruchsloseren Sorte.  

Jackpot! ist schrill, laut und abgedreht. Das gilt auch für die Action. Insbesondere die ersten 45 Minuten sind es, die dahingehend überzeugen können. Die Choreografien der Kämpfe erinnern dabei an eine Mischung aus den Werken von Jackie Chan sowie den neueren John Wick-Filmen. Hervorzuheben sind hierbei vor allem die irrwitzigen Auseinandersetzungen in einem Dojo sowie dem daran angrenzenden Yoga-Studio. Die ein oder andere (teils motorisierte) Verfolgungsjagd ist ebenfalls nicht zu verachten. Jackpot! lebt zudem von seinen beiden spielfreudigen HauptdarstellerInnen, die zusammen eine richtig tolle Chemie aufweisen und reichlich komödiantisches Talent beweisen. Leider drosselt Feig ab der 45. Minute abrupt das Tempo, um Cenas bzw.  Awkwafinas Figur mit vermeintlich rührseligen Geschichten aus ihrer Vergangenheit mehr Tiefe zu verleihen, was jedoch nicht so recht funktionieren will.

Zu seinem ursprünglichen Tempo sowie seiner kompletten Unbeschwertheit wird Jackpot! ab diesem Zeitpunkt nicht mehr ganz zurückfinden. Dies liegt u. a. auch an der kurz vor dem letzten Drittel stattfindenden Einführung einer neuen Figur (Simu Liu, Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings), die das Geschehen eher ausbremst als bereichert. Erschwerend kommt hinzu, dass sich das Konzept der ewigen Verfolgungsjagd selbst bei einer Spieldauer von lediglich knapp 90 Minuten (ohne Abspann gerechnet) mit der Zeit abnutzt und in Sachen Schauwerte keinerlei neue Akzente mehr gesetzt werden. Das plus die Tatsache, dass das Worldbuilding aufgrund so mancher offener Frage nie so richtig gelingen will, lässt Jackpot! zu einem zweischneidigen Schwert werden. Und da ist die non-existente Kritik an einer offenkundig verrohten Gesellschaft noch gar nicht eingerechnet.

Fazit

„Jackpot!“ ist eine Dystopie, die sich einer kritischen Auseinandersetzung mit der eigens zugrunde liegenden Prämisse verweigert. Wozu eine verrohende Gesellschaft kritisieren, wenn man auch einfach darüber lachen kann? Das oder etwas Ähnliches scheint Regisseur Paul Feig gedacht zu haben, als er „Jackpot!“ gedreht hat. Denn er nimmt ein ernstes Thema wie staatlich legalisierte Menschenjagd und verpackt es in buntes Geschenkpapier. Das findet man entweder in höchstem Maße problematisch oder man versucht dies auszublenden und sich stattdessen auf das zu konzentrieren, was „Jackpot!“ besser kann. Nämlich schrill, laut und vollgestopft mit Gags zu sein. Freunde von anspruchsarmer Popcorn-Unterhaltung sowie Fans von John Cena bzw. Awkwafina dürften dann jedenfalls auf ihre Kosten kommen.

Autor: Constantin Wieckhorst
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