Inhalt
In einer Welt, in der es eher einen Grund braucht nicht zu trinken, ist Mark (Frederick Lau) der ungekrönte König. Scheinbar spielend leicht jongliert er sein Leben zwischen einem fordernden Job als Bauleiter einer Berliner Großbaustelle, ausgelassenen Geschäftsessen und ausufernden Streifzügen durch das Berliner Nachtleben. Als er eines Nachts im Rausch sein Auto umparken will, passiert es: Polizeikontrolle, Schein weg, MPU am Hals. Mark wettet mit seinem besten Freund Nadim (Burak Yiğit), dass er es schafft, so lange keinen Alkohol zu trinken, bis er seinen Führerschein wiederbekommt. Als Mark im MPU-Kurs Helena (Nora Tschirner) kennenlernt, findet er in ihr seine „Partnerin in crime“. Ist er sich anfangs noch bombensicher, dass das alles ein Spaziergang wird, stellt sich die Wette langsam immer mehr als ein langer, steiniger, oftmals durchaus lustiger, aber manchmal auch wirklich harter Weg heraus. Wie gibt man vertraute Gewohnheiten auf und gesteht sich ein, dass man ein echtes Problem hat? Der Weg zurück zum eigenen Selbst ist alles andere als leicht…
Kritik
Mit Iron Man 3 hatte Regisseur und Autor Shane Black versucht, die Alkoholsucht von Tony Stark zu thematisieren. Das missfiel den Studiobossen und diese sehr menschliche Facette des Sequels wurde nur ausgesprochen stiefmütterlich in dem Blockbuster behandelt. Dabei wäre es wirklich mutig gewesen, immerhin wird Alkoholismus in den Medien meist nur in Zusammenhang mit weiterem Elend gebracht. Eine Person mit Alkoholproblemen, die obdachlos ist, scheint einfacher für unsere Wahrnehmung zu sein, als etwa ein vermögender Superheld. Dabei heißt es doch immer wieder Volksdroge Alkohol und wenn wir mal ganz ehrlich sind, ist es doch wahr, dass eher Verwunderung auslöst, wenn man bei einer Party nichts trinkt, als andersherum, oder? Natürlich kann und sollte Alkohol nie nur verteufelt werden, aber dennoch ist es doch sehr seltsam, wie viel auf der Leinwand, in Film oder Serien, konsumiert wird. Man denke nur einmal an die ganzen Sitcoms, in denen die Figuren wie selbstverständlich Bierflaschen und Weingläser halten.
Der Stellenwert von Alkohol innerhalb unserer Gesellschaft ist hoch. Die Gefahr in eine Sucht abzudriften ist vorhanden, auch wenn es gewiss etwas albern wäre, jedem eine potenzielle Abhängigkeit zu bescheinigen, der*die hin und wieder ihre Promillezähler dezent erhöhen. Es ist halt ein durchaus komplexes Thema, weil es stets auch an die Vielseitigkeit des Menschseins gebunden ist. Regisseur Markus Goller versucht sich mit One for the Road der Thematik zu nähern. Mit Filmen wie Friendship! oder 25 km/h hat er sich vor allem den Ruf des Road-Movie-Spezialisten aufgebaut. Sein Alki-Drama bleibt nun aber einem Standort (Berlin) treu. Mit Frederick Lau in der Hauptrolle, hat er aber erneut mit einem alten Bekannten zusammengearbeitet. Gemeinsam drehten sie bereits Simpel.
Lau, der für diese Art von Rolle einfach die passende Ausstrahlung besitzt, gibt dem Alkoholismus eine Verkörperung, die eher selten in massentauglichen Medien auftaucht. Sein Mark ist sozial kompetent, beruflich erfolgreich und trägt, so weit wir als Publikum es mitbekommen, auch keine allzu großen seelischen Narben aus der Vergangenheit mit sich herum. Es ist gut, dass One for the Road versucht, so gut es geht alteingesessene Erwartungen nicht zu bedienen. Selbstverständlich lief auch im Leben von Mark nicht alles rund, aber vergangene Fehler und Tragödien, werden hier nicht scheinheilig als Auslöser oder sogar Schuldige für seinen Alkoholismus genutzt. Einen Alkoholismus, der zu Beginn gesellschaftlich auch vollends akzeptiert, vielleicht sogar hofiert wird. Doch dieses Bild eines Mannes, der gerne feiert, aber dennoch mit beiden Füßen fest verankert im Leben steht, beginnt nach und nach zu aufzubrechen. Es beginnt damit, dass Mark betrunken hinterm Steuer von der Polizei aufgegriffen wird und seinen Führerschein verliert.
Was folgt ist, dass es für Mark zunächst nur eine unangenehme Lappalie ist, die ihn zwingt drei Monate lang für die Vorbereitung der MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) an Gruppensitzungen teilzunehmen, die weder er noch wir, zu Beginn wirklich ernst nehmen. Der Kursleiter (Godehard Giese, Es gilt das gesprochene Wort), ein Mann, dessen Nachname tatsächlich Blau lautet, erscheint auch mehr wie die Verkörperung eines Spießers. Der krasse Kontrast zum beliebten Mark, der anscheinend jede müde Feier aufwertet. Doch nach und nach brechen diese Ansichten, weil Mark, das wird sehr deutlich, irgendwann sich der Realität stellen muss und die ist so bitter wie hochprozentig. Der Weg dorthin ist holprig, übersät mit guttuenden Erfolgen und extrem bitteren Rückschlägen.
Große Teile dieses Weges geht Mark mit seiner neuen Bekanntschaft, der zynischen Helena (Nora Tschirner, Einfach mal was Schönes). Dass daraus fast zwanghaft eine Liebesgeschichte gestrickt wird, ist schade, aber vertretbar. Letztlich zeigt diese auf, wie viele Facetten Alkoholismus haben kann und wie destruktiv es sein kann, wenn die größte Gemeinsamkeit eine Sucht ist. Wo andere Werke vermutlich die Liebe als Ausweg gewählt haben, wird bei One for the Road klargemacht, dass es so einfach nicht ist. Zwar traut sich das Drama niemals so ganz, die Hässlichkeit eines (seelischen) Absturzes mit voller Kraft und Wucht darzustellen, aber an der Aussage verändert es nichts. Auch wenn einiges verkürzt und vereinfacht dargestellt wurde, so besitzt der Film immer etwas Aufrichtiges. Das ist essenziell für eine Geschichte, die sich ernsthaft mit ihrer Thematik auseinandersetzt und gleichsam versucht ein größeres Publikum zu erreichen. Die wichtigen Themen sollte man halt doch Menschen anvertrauen und keinen Superhelden.
Fazit
"One for the Road" bewegt sich bewusst zwischen den Polen der Gesellschaft und scheut sich davor, den menschlichen und gesellschaftlichen Absturz mit voller Härte darzustellen. Dennoch bleibt der Film stets aufrichtig in seiner Herangehensweise und vermittelt seine Botschaft klar und deutlich. Sehenswert.