Inhalt
Iris ist 17, trägt Sportklamotten und dribbelt ihren Basketball durch die weiten Innenhöfe ihrer Sozialwohnungssiedlung irgendwo in Argentinien. Sie ist von der Schule geflogen und verbringt die warmen Tage und Nächte mit ihren zwei besten Freunden, ihren Cousins, in engen Zimmern am Handy oder auf den leeren Straßen des Ortes. Jungs verschwinden beim Versteckspielen mit anderen Jungs, ziehen sich vor der Webcam aus und schreiben leidenschaftliche Texte gegen eine heteronormative Gesellschaft. Eine trügerische Leichtigkeit liegt in der Luft und das Versprechen, dass in der Liebe und beim Sex alles möglich ist. Als die coole und selbstbewusste Renata die Bildfläche betritt, ist Iris fasziniert.
Kritik
Das Einzige, was Clarisa Navas in ihrem richtungs- und inhaltslosen Mix aus Jugenddrama und Pornophantasie erkundet, sind ihre Vorurteile und die Bauweise eines argentinischen Sozialkomplexes. Durch den streifen die Protagonisten auf der Suche nach einem Plot oder Grundzügen einer Story. Beides existiert in der Aneinanderreihung austauschbarer Szenen genauso wenig wie Ästhetik. In der Anfangsszene folgt eine holprige Kamera der jungen Iris (Sofia Cabrera) durch jede Ecke der Wohnanlage. Mehr passiert die nächsten zwei Stunden nicht.
Da die aber mit irgendwas gefüllt werden müssen, vertreiben die dauergeilen Figuren die Zeit mit leerem Sex. Nur Iris ist gläubig und keusch. Düstere Verführerin wird die ominöse Renata (Ana Carolina Garcia), die wie alle relevanten Personen und der gesamte Block queer ist. Was ist dann die in der Inhaltsdarstellung zitierte „feindselige Umgebung“? In der hinterrücks bigotten Inszenierung eben jenes sexuell ultraliberale Milieu, wo Iris eine HIV-Infektion durch Renata droht. Wie geht das bei Lesben?
Renata erklärt die Methode, die so risikoverrückt ist wie die allseitige Ablehnung von Safe Sex. Die Infektion kümmert weder Renata und Iris noch die Regisseurin. Die füllt ihr Drehbuch mit Negativklischees, Irrglauben und idiotischen Sprüchen über HIV. Zerrbilder und Fehlannahmen werden wie selbstverständliche Tatsachen behandelt. Homosexuelle sind in der amateurhaft gespielten Szenenaneinanderreihung gewissenlose, hedonistische Todgeweihte, die unheilbare Krankheiten und Gewalt provozieren. Diese Erkenntnis macht die sich als „Engel“ beschreibende Iris vor Schreck wahrscheinlich hetero.
Fazit
Geisttötend auf mehr als einer Ebene, zieht sich Clarisa Navas endlos in die Länge und konstruiert dabei statt glaubhafter Charaktere und Konflikte nur archaische homophobe Vorurteile. Homosexualität liegt in der kunstlosen Abfolge von Sexszenen und Sex-Talk in der Familie, erscheint als ansteckendes Verhalten, das sich in Wohnvierteln ausbreitet und in Clubs weitergegeben wird, und kommt zwingend mit sexueller Verantwortungslosigkeit. HIV-Infektionen sind selbstprovoziert und die einzige vergleichsweise vernünftigste Person ist eine enthaltsame Gläubige. Amen.
Autor: Lida Bach