Im November 2016 brach eine neue Zeit an. Nachdem die Geschichte rund um Harry Potter literarisch wie filmisch zu Ende erzäht war, startete Warner mit Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind ein Spin-off, bei dem Potter-Schöpferin J.K. Rowling höchstselbst die Herrschaft über das Drehbuch übernahm. Das rächte sie durchaus. Zwar besaß der erste Teil klare Qualitäten, die auch überwiegten, allerdings wirkte der Film fast schon zweigeteilt. Zu Beginn eine Ansammlung der titelgebenden Tierwesen, ohne richtigen erzählerischen Kurs, später ein durchaus einnehmendes Fantasy-Abenteuer, dass seinem Publikum die magische Welt außerhalb der Zauberschule Hogwarts und lange vor Harry Potter und Lord Voldemort präsentierte.
Der Nachfolger, Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen, erneut inszeniert von David Yates (Harry Potter und der Orden des Phönix) und verfasst von J.K. Rowling, hat im Gegensatz zu Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind keine strukturellen Probleme. Es ist ein Werk mit einem klaren Ziel vor Augen und beim Erreichen von diesem gibt es wieder allerlei kuriose Zaubersachen und magische Kreaturen zu bewundern. Fans des Universums dürfen also wieder schwelgen, vor allem dank der zig größeren und kleineren Anspielungen auf die Potter-Saga. Allerdings könnten die enttäuscht werden, die gehofft hatten, dass sich Jude Law (Sherlock Holmes: Spiel im Schatten) als junger Albus Dumbledore groß in den Film einbringt. Seine Figur ist zwar durchaus essenziell, besonders viel Screentime hat er aber nicht.
Auch das Auftreten von Johnny Depp (Charlie und die Schokoladenfabrik) als Gellert Grindelwald ist eingeschränkt. Dafür überzeugt der ewige Jack Sparrow aber in der Rolle des intriganten wie eiskalten Zauber-Nazis, der Menschen als Lasttiere bezeichnet. Gleich zu Beginn, wenn Depp eine effektreiche Flucht aus einem magischen Gefängnis gelingt, trumpft Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen vollends auf. Bereits hier, im Prolog, wird mehr als deutlich, dass die Fortsetzung wesentlich düsterer ausfällt. Die FSK12-Freigabe ist berechtigt, auch wenn Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind diese eigentlich bereits verdient hätte.
Neben Dumbledore und Grindelwald kommen noch weitere neue sowie bekannte Figuren hinzu, deren Wege sich ständig kreuzen, verlieren und über Umwege dann doch wieder zusammenführen. Das ist auch das größte Problem des Films. Seine Struktur ist besser als bei seinem Vorgänger, aber dafür ist er viel zu vollgestopft mit Charakteren, Expositionen und Schauwarten. Ein Durchatmen, um die Magie des Films vollends wahr- und aufzunehmen, wird dadurch immens erschwert. Eine Entschlackung oder ein paar Minuten extra hätte da sicherlich geholfen. Im letzten Akt kommt es dann schließlich dazu, dass die losen Fäden ziemlich ungelenk und platt zusammengeführt werden. Zum Glück traut sich Rowling in ihrem Script aber danach noch einige dramaturgische Überraschungen einzubringen, die dafür sorgen, dass nicht gerade wenige dem dritten Teil entgegenfiebern werden. Die finale Enthüllung dürfte ihr übriges dafür tun.
Bleibt noch zu sagen, dass Hauptdarsteller und Oscar-Preisträger Eddie Redmayne (Die Entdeckung der Unendlichkeit) in der Rolle des Newt Scamander wohl die Rolle seine Lebens gefunden hat. Es hat einfach etwas Putziges wie Gütiges, wenn er durch die Zauberwelt streift. Auch das Wiedersehen mit dem heimlichen Star des ersten Teils, Dan Fogler (Taking Woodstock) als Jacob Kowalski, ist gelungen, vor allem weil Rowling hier nicht bloß auf den Charme der Figur setzt, sondern diese immer wieder mit Entscheidungen konfrontiert. Eine davon dürfte Kowalski-Fans durchaus das Herz brechen. Wie gesagt, Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen ist düster (für einen hochbudgetierten, familienfreundlichen Fantasy-Film) und auch wenn es immer mal wieder helle Momente gibt, am Ende steht die bereits erwähnte Enthüllung und die macht deutlich, dass Teil drei wohl in eine ähnliche Kerbe schlagen wird. Warum auch nicht?