Inhalt
Das Leben eines Heavy-Metal-Schlagzeugers gerät in den freien Fall, als er beginnt, sein Gehör zu verlieren.
Kritik
Anmerkung: Seit dem Start des Filmes, am 4. Dezember 2020 auf Amazon Prime, mehren sie die Beschwerden, dass der Film asynchron ist. Das stimmt, gilt aber nur für die deutsche Fassung. Wir haben das Drama in der englischen Sprachversion mit deutschen Untertiteln gesehen und uns fiel dort keine Asynchronität auf. Wollen wir hoffen, dass Amazon den Fehler behebt. Drei Tage nach dem Start hat sich aber leider noch nichts getan.
Das Sounddesign von großen Blockbustern wird oft – und dies absolut zurecht – gefeiert. Doch dieses Jahr geht der imaginäre Moviebreak-Award für das beste Sounddesign nicht an ein effektreiches Spektakel, sondern an das Drama Sound of Metal. Das Langfilmdebüt von Regisseur Darius Marder. In diesem verliert der Drummer Ruben (Riz Ahmed, Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis) plötzlich sein Gehör. Dies ist der Beginn der charakterlichen Reise von Ruben, der lernen und vor allem akzeptieren muss, dass sein Leben sich für immer geändert hat.
Die Töne der Welt verkommen zu dumpfen Echoresten. Einhergehend damit überkommen den Ex-Junkie Verzweiflung und Wut, die schon bald auch nicht mehr von seiner Freundin Lulu (Olivia Cooke, The Limehouse Golem) gelindert werden können. Ruben braucht Hilfe und geht – mehr unfreiwillig – in eine Einrichtung, die geleitet wird vom Alkoholiker Joe (Paul Raci, Dragon - Die Bruce Lee Story), der im Vietnamkrieg sein Gehör verlor. Was folgt, ist klar: Ruben muss sich in der Einrichtung für Gehörlose den Dämonen seines eigenen Ichs sowie seiner neuen Situation stellen. Wie Regisseur und Co-Autor Darius Marder dies einfängt, ist famos. Die Bildsprache ist klar und frei von Mätzchen jeglicher Art. In seiner Prägnanz erinnert der Film an Darren Aronofskys The Wrestler. Auf akustischer Ebene holt Sound of Metal hingegen alles aus der, im Grunde nicht sonderlich komplexen, Geschichte raus.
Es ist eigentlich simpel: Als Zuschauer vernehmen wir Ruben Umwelt sehr oft, so wie er sie hört. Lange Zeit verbleiben wir unter dieser Kuppel, die Geräusche eindampft, solange bis nur noch so etwas wie ein akustischer Geist übrig ist. Irgendwann springt der Film dann wieder zur Normalität und plötzlich klingt eine alltägliche Situation ganz seltsam. Ein Gemeinschaftsessen wird so zu einem Manifest der akustischen Details: Schmatzen, das Klackern von Geschirr und Besteck, Straßenlärm von draußen. Zusammen mit dem grandiosen Spiel von Riz Ahmed gelingt es Darius Marder so eine sehr starke empathische Verbindung herzustellen, die immersiv immer weiter wächst.
Die schauspielerischen Leistungen sowie das Sounddesign können eigentlich nicht genug gewürdigt werden, allerdings erfüllen diese Qualitäten einen wesentlich wichtigeren Zweck als bloße Zurschaustellung. Sound of Metal ist vor allem ein Vermittler. Zum einen zwischen den Welten der Tauben und Hörenden, zum anderen erbringt das Drama aber auch eine intime Einsicht ins Seelenleben eines Verzweifelten, eines Charakters dem unvermittelt etwas genommen wurde, was für ihn (und auch uns) als gegeben galt und nun unwiderruflich verschwunden ist. Alles, was Ruben bleibt ist Hass gegen sich selbst. Wie er nach und nach lernt, seine neue Position zur akzeptieren, ist eine herzzerreißende wie authentische und stets hochgradig ehrliche Tour de Force, an deren Ende die Stille thront.
Fazit
Ehrlich, mitreißend, authentisch und emotional packend. "Sound of Metal" erweist sich als eines der besten Dramen, die 2020 hierzulande erschienen sind. Nicht nur ein verdammt guter Film, sondern auch ein Vermittler zwischen den Welten der Tauben und Hörenden. Nach "Sound ofMetal" haben Lärm sowie Stille eine ganz neue Relevanz.
Autor: Sebastian Groß