Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst – So lautet zumindest eine alte Weisheit und gerade mit dem Blick auf den französischen Überraschungshit Ziemlich beste Freunde (mit 17 Millionen Zuschauern der zweiterfolgreichste Film Frankreichs im Jahr 2011), scheint diese mehr als zu stimmen. Denn die Story rund um einen querschnittsgelähmten reichen der einen jungen schwarzen ungelernten Pfleger aus dem Plattenbau einstellt, basiert auf einer wahren Begebenheit. Niedergeschrieben in dem Buch Le Second Souffle und als Dokumentarfilm von den Regisseuren Olivier Nakache und Eric Toledano bereits im Jahr 2004 verfilmt, legten diese nun ein Kino-Debüt nach, das vor allem durch seine feinen darstellerischen Akzente überzeugt, wie auch durch seine sozialkritische Art sowie dem mehr als herben schwarzen Humor. So erzählt der Film eine einfühlsame Geschichte über eine tiefe Freundschaft, die alle Hindernisse zu überwinden weiß. Seien es Klassenunterschiede oder gar körperliche Hindernisse. Was folgt ist eine fantastische Erzählung über eine scheinbar unmögliche Beziehung, die auf der einen Seite tragisch daher kommt, auf der anderen aber auch zeigt, dass das Gute im Menschen existiert. Unglaublich intensiv, nah sowie glaubwürdig, präsentiert so der neue Hit aus Frankreich ein Werk, welches bereits jetzt zur besten Komödie des Jahres gezählt werden kann.
Dies liegt vor allem an seinen beiden ungewöhnlichen Hauptcharakteren. Denn Ziemlich beste Freunde erschafft viel von seiner faszinierenden Atmosphäre aus seinen brillanten Darstellern heraus. Jungstar Omar Sy überzeugt als Driss durch eine imposante lockerleichte Art, die stets frech wirkt und einen makaberen Witz nach dem anderen offenbart. François Cluzet indes, brilliert besonders durch seine Performance des querschnittsgelähmten Philippe, da er nur durch seine Mimik sowie Stimme agieren kann. Treffen dann beide Charaktere schlussendlich aufeinander, ergibt dies eine ganz besondere Dynamik, der man sich als Zuschauer schwer erwehren kann. So folgt eine Einbindung in eine wunderschön fotografierte wie gezeichnete Geschichte, die mit fabelhafter Musik (von Klassik bis Earth, Wind & Fire) untermalt, einen wahren Genuss der humorvollen wie tragischen Unterhaltung präsentiert. Denn den Regisseuren Olivier Nakache und Eric Toledano gelingt es, nicht nur einfach eine kitschige Handlung über ein Sozialmärchen zu offenbaren, sondern sie geben ihren Figuren ein dichtes vielschichtiges Profil.
So liebt Philippe die Art von Driss, da dieser kein Mitleid heuchelt, sondern seine Person einfach so nimmt wie sie ist. Was daraus folgt sind gar makaber Witze auf seine Kosten, die Philippe aber gerne mit Humor nimmt, da sie ihn vergessen lassen, dass er trotz seines vielen Geldes ein gefangener seines Körpers ist. Driss indes, spielt seine freche Art nur, da er im Kern eine tiefe Unsicherheit beherbergt, da er nie in den Genuss von Zuwendung oder Sicherheit gekommen ist. Doch auch beide Charaktere zusammen, ergeben ein Zusammenspiel, welches sich ergänzt und schließlich auch eine Menge Humor offenbart. Da wird gekifft (auch als alternative Therapie für Philipps Phantomschmerzen zu erkennen), die Polizei übers Ohr gehauen, ein Rollstuhl mit mehr PS ausgestattet und sich köstlich über eine mehr als merkwürdige Oper amüsiert. Stets hierbei mit regelrechten Wortgefechten, die teils schwärzer oder ironischer nicht sein könnten. Eben intelligenter Humor, der von Anfang an perfekt getimt in Szene gesetzt wird.
Schließlich entsteht so über die Handlung hinweg eine Freundschaft, die beide verbindet, aus der sie aber auch lernen. Philippe kann durch die unbekümmerte Art von Driss endlich wieder mehr das Haus verlassen und bekommt zudem auch gleich Erziehungstipps (wenn auch seine Tochter nur eine kleine Rolle spielt). Und Driss lernt von Philippe nicht nur etwas über Kultur, sondern entdeckt auch seine künstlerische Ader. Doch auch Kritik am bestehenden Klassensystem wird angesprochen. Denn anfangs wird Driss vielfach in den neuen privilegierten Kreisen ignoriert und gar Freunde von Philippe machen sich über seinen neuen „Umgang“ sorgen. Aufgeweicht wird dieser Standpunkt allerdings etwas später im Film, wenn plötzlich Driss öfters mit Anzug unterwegs ist. Schlussendlich bleibt jedoch der Gedanke, dass eben Freundschaft mehr als nur Werte wie Geld oder Stand beinhaltet, es geht um die Wertschätzung, um die Hilfe in der Not und eben um viele kleine Gesten, die eine Unzertrennlichkeit darstellen. Und wenn nach dem Abspann schließlich kurz Philippe Pozzo di Borgo sowie Abdel Sellou zu sehen sind, die beiden Vorlagen für die fabelhafte Geschichte, wird deutlich, dass dies nicht nur leere Worte sind, sondern solche Dinge wahrhaftig geschehen.