Inhalt
Schon seit jeher üben Berge eine Magie aus, die Menschen dazu bringt, sich ihnen zu nähern. Wanderer, Kletterer, Skifahrer, sie alle gehen an ihre physischen Grenzen um der Wildnis der Berge nahe zu sein. Aber nicht nur sportliche Abenteuerer wissen die Berge zu schätzen, auch Nonnen, Künstler und Menschen wie Du und ich tun alles, um die Kraft der Berge zu spüren. Jeder auf seine ganz eigene Art und Weise. Teilweise richten Menschen ihr Leben danach aus oder setzen dieses sogar aufs Spiel – denn die Magie der Berge ist gewaltig!
Kritik
Regisseur und Kameramann Grant Baldwin (Just Eat It: A Food Waste Story, The Clean Bin Project) beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Wachstum, Nachhaltigkeit und Ökonomie. Kein Wunder also, dass sein neuestes Projekt This Mountain Life all dies gekonnt in fokussierter Form aufgreift und sich der Frage widmet, wie ein einsames Leben in der Natur heute noch aussehen kann. Mit jeder Menge opulenter Bilder, vieler verschiedener Perspektiven, Kunst, Glück sowie der Sehnsucht nach Freiheit, lässt er dabei Mensch und Natur sprechen, sodass am Ende gar schon fast ein poetisches Werk auf den Zuschauer wartet. Jedoch nur fast: Denn abseits der vielen kleinen erzählerischen Einschübe, ist This Mountain Life vor allem dann faszinierend, wenn er sich auf kleine abgeschlossene Geschichte konzentriert, die fast ohne viel Dialog auskommen. So schwankt am Ende die Dokumentation stark, während bekannte Motive immer wieder die gängige Botschaft formuliert: Die Freiheit in der Natur, ist des Menschen Hoffnung und Heilung. Zum Glück bietet This Mountain Life aber noch mehr.
Die Stärke von Grant Baldwin liegt zumindest in erster Linie beim visuellen Geschichtenerzählen. Mit einer großen Frage im Gepäck, durchstreift er die Berge von British Columbia in Kanada – die immerhin 75 Prozent der kompletten Landschaft ausmachen – auf der Suche nach Bildern, Menschen und Antworten. Und diese findet er schnell: Sei es in der vergänglichen wie dauerhaften Kunst, dem Abenteuer, dem Wunsch nach Freiheit, der Verbundenheit, der Ruhe, der Herausforderung oder schlichtweg der Frage nach Leben und Tod. Letztere sind dabei immer wieder Leitmotiv, während die Rahmenhandlung vor allem die Lawinenexpertin Martina und ihre 60-jährige Mutter Tania auf ihrer sechsmonatigen Reise durch Eis, Kälte und Nässe begleitet. Abseits dessen schwankt This Mountain Life doch allerdings sehr: Während gerade kleine Geschichte zwischen Religiosität und Abenteuerlust hin und her springen, und diese am Ende wenig im Gedächtnis bleiben, sind es vor allem die Hintergründe sowie Beweggründe, die zu fesseln wissen. Diese sind zudem visuell ansprechend aufgearbeitet – meist im Comic-Look – sodass die Bildsprache die Odyssee gleichsam verstärkt.
Wo This Mountain Life aber klar ein Highlight darstellt, ist wohl bei der Reise zum Einsiedler-Pärchen Mary and Bernard. So ist hier nicht nur der Hintergrund einmalig, sondern auch die Stärke bewegend. Gerade Bernard kann mit seiner Kunst den Zuschauer ebenso mitreißen, wie mit seinen wenigen Zeilen über Natur, Leben und Bären. Die Essenz die hier am Ende übrig bleibt, ist wohl das Kernelement des Filmes und offenbart nicht nur die Antwort auf Nachhaltigkeit, sondern auch Respekt und Leben mit der Natur. „Dem Leben entgegen gehen“, dies bleibt somit am Ende von This Mountain Life die wohl kräftigste Botschaft. Der Rest ist indes vor allem eine visuell berauschende Reise. Egal ob Spuren im Schnee, eisige Höhlen oder riesige Gletscher – die ebenfalls von einer nicht zu übersehenden Schmelze befallen sind – hier gibt es überall etwas zu entdecken und immer wieder Momente, die sich einbrennen und einen niemals wieder loslassen. Mehr noch: Sie motivieren selbst das Abenteuer zu suchen. Aber Vorsicht: Wo Fahrräder kommen, folgen Motorräder und schließlich die Zerstörung des Gleichgewichtes. Zumindest ist dies Bernards Erfahrung aus über 50 Jahren Leben an einem der einsamsten Orte der Welt. Beeindruckend.
Fazit
"This Mountain Life" lebt vor allem von seinen atemberaubenden wie einmaligen Bildern sowie seiner Botschaft, die am Ende durch Natur und Mensch selbst ausgedrückt wird. Der Rest ist hingegen gewohnte Kost, dessen Motive keineswegs neu erscheinen und dessen erzählerischer Stil immer wieder qualitativ schwankt. Wer sich aber auf den eigenwilligen Erzählstil einlässt, bekommt am Ende eine eindrucksvolle Dokumentation zu sehen, die nachwirkt und Leben als Suche und Aufbruch formuliert.
Autor: Thomas Repenning