DIE TOP 10 FILME 2019: 

1. Midsommar
Vielleicht der außergewöhnlichste Film des Jahres. Das Horrorgenre erfährt durch Ari Aster eine eigene Neuausrichtung, eine individuelle Handschrift, die nach nur wenigen Filmen bereits ihre eigene Definition verlangt. Das ist emotional komplex, audiovisuell wunderschön gestrickt und gleichzeitig so besonnen eigenwillig ... das Selbstvertrauen eines Ari Aster müsste man haben.

2. Parasite
So "komplett" war dieses Jahr vermutlich kaum ein Kinobeitrag. Ob tiefergehende, gesellschaftlich relevante Themen, emotional komplexe Figuren oder oberflächliche, unheimlich wirksame Spannungs-und Spaßmomente: Parasite liefert in so ziemlich jeder Hinsicht. Ein Film, dem man uneingeschränkt jeder Kinozielgruppe empfehlen kann, ohne, dass sich Bong Joon-Ho hier irgendwem anbiedert. Das gibt es sehr, sehr selten.

3. The Sisters Brothers
Ähnlich wie Parasite ein geradezu faszinierend "runder" Film. Angehende Autoren können lernen wie man nachvollziehbar komplexe Charaktere entwickelt, Regisseure wie sie ein bekanntes Genre auch visuell in etwas Eigenwilliges verwandeln. Ein wunderbar melancholisches, mitreißendes Werk.

4. The Irishman
Martin Scorcese schließt den Kreis, den er vor über 40 Jahren mit Werken wie Goodfellas oder Hexenkessel begann. Das Ende einer Ära. Und wir waren dabei!

5. Marriage Story
Es ist beeindruckend, wie sehr Noah Baumbach sich von Film zu Film weiterentwickelt. Das fällt besonders bei Marriage Story auf: Ein ganz wundervoller Film, der bewusst darauf verzichtet, die eigene Aussagekraft in den Mittelpunkt zu stellen und genau aus diesem Grund so unfassbar berührt. Feinfühlig und extrem intensiv zugleich.

6. Mid90s
Man merkt in jeder der 85 Minuten wie viel Herzblut und Leidenschaft in Jonah Hills Coming-of-Age Film steckt. Am Ende steht ein ungefiltertes Werk über die Lust am Leben und die Lust die Regeln dieses Lebens auszureizen.

7. Once Upon a Time ... in Hollywood
2019 scheint einem Motiv zu folgen. Nach Scorcese und Baumbach liefert auch Tarantino seinen bisher erwachsensten Film. Ein Film, der in all seiner augenscheinlichen Trivilaität genau weiß, was er will. 168 Minuten pure Freude am Eskapismus, an der Kunst und am Cinéma. Es wäre zwar schade, aber wäre Once Upon a Time ... in Hollwood Tarantinos letzter Film ... es wäre ein weiterer geschlossener Kreis.

8. Burning
Ein eigenwilliges Narrativpuzzle, das sich erst nach der Sichtung wirklich entfaltet. Neben komplexen Figuren darf vor allem die eigenwillige Atmosphäre von Burning in den Bann ziehen. Am Ende bekommt jeder Zuschauer ein ganz eigenes Kinoerlebnis spendiert.

9. Der Leuchtturm
Eine atmosphärische Wand. Mit Willem Dafoe und Robert Pattinson hat Robert Eggers vermutlich das beste Leinwandduo des Jahres gefunden. Ein Sturm von einem Film.

10. Joker
Gerade inhaltlich lässt Joker eine tiefergehende Ebene schmerzlich vermissen. Da wird sich mit Plattitüden zufriedengegeben, die das Endprodukt in der Retrospektive leider etwas herunterziehen. Dennoch: Joker ist ein ungemein intensiver Film, der das Comicbuchgenre im Geiste eines Logan vor allem inszenatorisch und schauspielerisch weiterentwicklen darf. Davon gerne mehr.

Honorable Mentions: Avengers: Endgame, Drachenzähmen leicht gemacht 3, Beale Street, Fahrenheit 11/9

DIE FLOP 5 FILME 2019: 

1. Der König der Löwen
Mit ihren "Live Action Remakes" hat sich Disney diesen Platz redlich verdient. Der König der Löwen ist das Paradebeispiel wunderschön anzusehender Seelenlosigkeit, die Zuschauernostalgie gnadenlos missbraucht. Eine Kuh zum melken extistiert schon gar nicht mehr - Disney schult das Kinopublikum auf Anspruch zu verzichten und sich nur im warmen Suht aus altbekannten Motiven wohl zu fühlen. Damit sprengt der Konzern einen der wichtigsten Punkte des Eskapismus: das neue, unbekannte Element, das dem Film seine Magie verleiht. Der Erfolg der Wiederverwurstung rundet diesen zynischen Kreis formvollendet ab.

2. Men in Black: International
Wenn ein Film die müde Durchschnittlichkeit des Kinosommers 2019 repäsentiert, ist das Men in Black: International. Ein vor allem im Bereich Kreativität unfassbar leeres Machwerk, das auf der Oberfläche alle Zutaten eines "hippen" Marvelerfolgs zu imitieren versucht. Ein Film aus Plastik. Zum Fremdschämen.

3. Fast & Furious: Hobbs and Shaw
Es langt. Die Macher von Fast & Furious meinen ihr Publikum zu kennen - meinen, ihr Publikum will stets die gleiche Leier auf der Leinwand anfeuern. Fast & Furious Hobbs and Shaw zelebriert den ultimativen Durchschnitt als neues Kino-A-und-O. Durchgehend wird hier so getan, als hätte man etwas Außergewöhnliches, etwas Kultiges fabriziert. The Rock und Jason Statham klopfen sichherblassend auf die breiten Schultern. Öde.

4. Godzilla: King of the Monsters
Ein Film, in all seiner audiovisuellen Kraft geradezu perfekt zugeschnitten auf einen tollen Trailer. Aber leider nicht mehr. Substanz sucht man vergebens, die öden Figuren ziehen Godzilla: King of the Monsters nur unnötig in die Länge. Wer hätte gedacht, dass dieser Film bei all der Monsterpower primär für Langweile sorgt.

5. Star Wars 9: Der Aufstieg Skywalkers
Der Grindelwalds Verbrechen des Star Wars-Universums. Gleichzeitig total überladen und unheimlich leer. Die neue Star Wars-Trilogie steht sich narrativ selbst im Weg, ein Gleichgewicht der Macht ist Augenwischerei. Viel mehr kämpfen Abrams und Johnson darum ihre Visionen gewaltsam durchzubringen. Am Ende obsiegt Abrams mit einem der faulsten Blockbuster des Jahres. Hauptsache keiner wird gefordert, dann kann sich auch keiner beschweren.

Dishonorable Mentions: The Lego Movie 2, Polar, Verachtung, In the tall Grass

GEHEIMTIPPS aus dem Jahr 2019:

Fyre - Eine ebenso inszenatorisch ansprechende wie inhaltlich packende Dokumentation über social-media-gespeiste Hybris auf Creator- und Konsumerseite. Purer Wahnsinn.

They Shall not grow old - Eine technische Meisterleistung und eine ganz neue Dimension geschichtlicher Aufarbeitung.

3 From Hell - Selbst ein Rob Zombie wird irgendwann erwachsen.

10 MOST WANTED FILME 2020: 

Last Night in Soho
Tenet
007: Keine Zeit zu Sterben
Artemis Fowl
The Eternals
1917
Little Women
The Gentlemen
Halloween Kills
Dune

MEIN SERIENJAHR 2019:

Zeit ist der Hauptgrund, aus dem ich jährlich hier keinen großen Text schreiben kann. Mit immerhin 13 durchgeschauten Serien war 2019 aber mein serienintensivstes Jahr seit Ewigkeiten. Und das hat sich gelohnt: BoJack Horseman läutete eine unheimlich befriedigende letzte Staffel ein, The Boys und Der Dunkle Kristall: Ära des Widerstands überzeugten mich auf ihren eigenen Ebenen jeweils restlos, Fleabag durfte mich erwartungsgemäß begeistern und Mindhunter sog mich auch in Staffel 2 in weiteres Mal in seinen Bann. Dazwischen durften Serien wie Russian Doll, What We Do in the Shadows und mit Abstrichen auch Marvels The Punisher, Living with Yourself, Stranger Things sowie The Witcher für Kurzweil sorgen. Enttäuscht war ich eigentlich nur von einem nicht zu Ende gedachten Game of Thrones-Serienfinale sowie der Animations-Anthalogie Love, Death & Robots, die ich als unheimlich leer und stupide befand. Aber ja, Serien haben schon was für sich! 

Beste Performance(es) des Jahres: Für mich sind das Scarlett Johansson und Adam Driver in einem wunderbaren Liebe/Hassduo. Hervorheben will ich hier ihre Jeweiligen Katharisismomente in Form von Gesang. Toll! Being alive. Aber Willem Dafoe in Der Leuchtturm und Van Gogh - An der Schwelle zur Ewigkeit war auch ganz toll.

Beste Autofahrt durch das Hollywood der 60er des Jahres: Ganz klar Brad Pitt in Once Upon... a Time in Hollywood. Brrrruuuum.

Mein Mads Mikkelsen des Jahres: Viel zu wenig Mads Mikkelsen dieses Jahr. Aber mein Mads des Jahres war Mads im Hirnfurtzfilm Polar. Und zwar weil ich mir das Ding nur seinetwegen bis zum Ende durchgeschaut habe. 

FAZIT: 

Als Disney-Problemjahr wurde 2019 von mir erwartet und in Zügen ist es auch dazu gekommen. Der Blockbustersommer war in meinen Augen so nichtssagend wir lange nicht mehr. Wir sind in einem "netten" Durchschnitt angekommen, der vergisst wie echte Begeisterung geht. Aber das ist nichts Neues. Abseits davon gab es 2019 aber dennoch eine Menge zu entdecken. Kino lebt immer noch, vor allem im Kleinen - die Schere zwischen Groß und diesem Klein wird, wie im echten Leben, aber immer größer. Ob sich das 2020 auf das Streaming verschiebt und das Kino etwas Luft holen darf? Nach dem Kino ist vor dem Kino. Ick freu mir! :)