Inhalt
Toni liebt seine Espressomaschine. Paul liebt sein Handy. Toni kann nicht ohne Haarpillen, Paul nicht ohne seine heiligen Sneakers. Aber vor allem kann Paul nicht ohne Toni und Toni nicht ohne Paul. Aber das wissen sie nicht. Immer geht es darum, wer besser oder cooler ist, und das haben sie jetzt davon: Jetzt sitzen sie da, ohne Möbel, ohne Kleidung, nackt und verfroren. Und das ist erst Tag eins! Hundert Tage, haben sie gewettet, müssen sie auf alles verzichten. Jeden Tag kommt nur ein Gegenstand zurück.
Kritik
Wenn 100 Dinge, der neue Film von Florian David Fitz (Der geilste Tag) in unseren Kinos startet, ist der Black Friday erst knapp zwei Wochen vorüber. Ursprünglich eine amerikanische Shopping-Tradition, hat sich der Rabatt-Tag längst auch in Deutschland etabliert. Gekauft wird nicht das was man braucht, sondern dass was man will, weil es (angeblich) billiger ist. Geiz ist eben geil und Konsum ist noch viel geiler. Davon können sich wohl nur die wenigstens freisprechen. Bei 100 Dinge liefert Fitz nun den komödiantischen, erhobenden Zeigefinger, der uns zeigen soll, dass man mehr ist als dass, was man sich in den Einkaufskorb legt. Tyler Durden würde das gefallen, zumindest so lange, bis er sich den Film angesehen hätte.
Ganz klar, die Absichten die Fitz, der auch das Drehbuch schrieb, verfolgt sind ehrenwert und verfügen in Zeiten des Black Friday-Wahns durchaus eine Relevanz. Wie er das Ganze aber aufbereitet und wiedergibt, ist eine ziemlich hohle Nummer. Fitz Kritik ist deutlich, dadurch, dass 100 Dinge aber stets darauf erpicht ist, seinem Publikum die einfachsten oder gängisten Lösungen darzubieten, bleibt vom guten Willen nicht mehr übrig als viele schwache Pointen und eine großer Haufen Rührseligkeit, die allesamt umrandet werden von einer Geschichte, die trotz ihrer kritischen Attitüde vieles, was sie tadelt, mit offenen Armen empfängt.
So sind die beiden Hauptfiguren Toni (Matthias Schweighöfer, You Are Wanted) und Paul (Fitz) natürlich junge, attraktive und auch erfolgreiche Geschäftsmänner, die in stylishen Lofts hausen, ein schickes Büro haben und mal eben so eine technischer Errungenschaft erfinden, die die gesamte Welt revolutionieren könnte. Es sind Figuren, die sich Konsum und Kommerz leisten können und nur wegen einer Wette für 100 Tage auf ihre Sneaker, Feuchtigkeitssalben und Smartphones verzichten. Der Kommerzkritik des Films fehlt also ganz klar eine wahrhaftige Gewichtung innerhalb der Geschichte. Später kommt zwar noch eine Figur hinzu, die in groben Zügen die Schattenseite von Kaufsucht und Bankrott aufzeigt, das instrumentalisiert 100 Dinge aber leider nur für eine Romanze, die weder der Aussage des Films gut tut, noch ihrer Narration.Ziemlich verkitscht ist das Ganze auch noch.
100 Dinge ist bedauerlicherweise nur eine Standardkomödie aus Deutschland, die sich versucht durch die Tarnung von relevanter Kritik eine unverdiente Wertigkeit zu erschummeln. Klappt zum Glück nicht, wie einiges andere auch bei Fitz' dritter Regiearbeit. Vor allem in Sachen Humor verhebt sich Fitz deutlich. Da werden Nebenfiguren eingeführt, um einmalig für Komik und auch Diversität zu sorgen, nur um diese dann aufs Abstellgleis zu stellen. Auch der Versuch mit Katharina Thalbach (Sonnenallee) als Grußmutter einen Running Gag zu etablieren endet in purer Halbherzigkeit.
100 Dinge ist also in vielen Bereich gescheitert. Es gibt aber etwas, das Fitz wirklich gut macht, das zeigt, dass er im Katalog gegenwärtiger, populärer, deutscher Filmemacher vielleicht doch einer der besten ist. Im Gegensatz zu etwa Willkommen bei den Hartmanns von Simon Verhoeven oder jeden Film von Til Schweiger (Honig im Kopf) sehen Fitzs Bilder nicht übergekünselt aus. Berlin sieht bei ihm aus wie Berlin und nicht wie der Versuch mit sattem Sonnenlicht die Hauptstadt wirken zu lassen, als wäre es Los Angeles im Hochsommer. Man kann über 100 Dinge sagen was man will, aber zumindest verfügt die nichtsdestotrotz kaum empfehlenswerte Komödie über eine eigene optische Identität, die nicht aus eingesüßten Anti-Depressiva besteht.
Fazit
Florian David Fitz hat nichts übrig für Subtilität. Es ist nicht mal ein Holzhammer mit dem er die Botschaft von „100 Dinge“ vermittelt. Viel mehr verwendet er einen Presslufthammer, den er zuvor mit einem Flakgeschütz abgefeuert hat. Wer nach dem Film nicht verstanden hat, dass Konsum kein adäquater Lebensinhalt ist, der ist entweder hirntot oder hat sich dazu entschieden diesen überheblichen, besserwisserischen und sülzigen Film schlafend durchzustehen. Immerhin gelingen Fitz manchmal nette Schmunzeleinlagen, aber das alleine kann die Verfehlungen und Schwächen von „100 Dinge“ nur im minimalen Ausmaß lindern.
Autor: Sebastian Groß