Im Jahre 1941 von Jack Kirby und Joe Simon erdacht, avancierte der blau-weiß gestreifte Held mit dem klangvollen Namen Captain America in den USA schnell zur Kriegs-Ikone. Mit ihm wurde ein Stück Hoffnung auf Papier gedruckt, das auch an der Front großen Anklang fand. Immerhin setzte Cap den Nazis ziemlich zu. Es war die Zeit der Kriegspropaganda, als sogar Donald Duck oder Mickey Mouse gegen Adolf Hitler antraten. Nach dem schließlich der Krieg zu Ende war, verschwand der Captain allerdings schnell wieder von der Bildfläche. Doch nie für lange, denn trotz der Nachkriegseuphorie, hielten die Amerikaner an ihrem Helden fest. Er wurde über die Jahre eine wahre Kultfigur und kämpft selbst heute noch Seite an Seite mit anderen Helden gegen das pure Böse. Außerhalb der USA sieht dieses Bild jedoch ein wenig anders aus. Zu viel Patriotismus, das Amerika steckt schon im Heldenname, zu viele Sterne, einfach zu viel des Guten. Natürlich war so die Skepsis groß, als Marvel ankündigte, ihren ersten Avenger auf die Leinwand zu bringen. Doch schien dies auch eine Chance zu sein. Denn der altgediente wie aufrichtige Kämpfer hätte bestimmt ein Wörtchen dabei mitzureden, wie aktuell mit der Welt umgegangen oder auf welche vielfältige Weise zurzeit Krieg geführt wird. Allerdings geht Marvel bei Captain America kein Risiko ein, versetzt ihn zurück in den zweiten Weltkrieg und entfernt so die Figur vom Greifbaren, wodurch der ganze Film viel von seinem eigentlichen Potenzial verliert.
Die Intentionen dahinter sind klar: Lieber auf Nummer sicher gehen. Immerhin wurde schon längst grünes Licht für die Avengers gegeben, womit nun nur noch der letzte der Rächer eine kleine Einführung erfahren muss. Und genau dies ist es schlussendlich auch geworden. Denn trotz eines sehr stimmigen Drehbuches, was besonders Anfangs für eine gelungene Einführung sorgt, wirkt die ganze Szenerie einfach zu jeder Zeit aufgesetzt sowie unerfreulich banal. Da hilft es dann auch kaum, dass sich Regisseur Joe Johnston viel zu sehr auf den alten Comic stützt, ohne dabei dem Held die Chance zu geben, einen eigenen Stil zu entwickeln. Auch wirkt der gezeigte 2. Weltkrieg stets wie eine aufgedrehte Fantasywelt, wodurch die Identifikation, die durch den strittigen Charakter sowieso schon stark zu leiden hat, noch unnötig schwer gemacht wird. Hitler oder gar die braunen Nazi-Schergen spielen einfach keine Rolle, Schlachtfelder werden nicht gezeigt und so entsteht ein Setting, welches sich zu weit von der eigentlichen Idee entfernt. Stichwort ist hier HYDRA. Der Anführer Red Skull ist dabei der typische Mad-Scientist, wodurch die Waffen überdreht daher kommen, die Verstecke etwas zu modern erscheinen und der abgewandelte Hitlergruß unfreiwillig komisch ist. HYDRA ist eben das ultraböse, mit dem sogar die Nazis nichts zu tun haben wollen.
Klischees lassen sich bei so einer Erzählweise überhaupt nicht vermeiden, womit Regisseur Joe Johnston regelmäßig auf selbige zurückgreift. Dass dies durchaus anders geht, bewies dieses Jahr schon Thor. Erfrischend selbstironisch sowie mit einer Menge Humor, wurde die Welt von Midgard perfekt eingeführt. Dem Captain wird dieses Vergnügen nicht zu teil. Zwar versucht Captain America ab und an etwas Satire einfließen zu lassen, doch aufgrund des überzeichneten Settings sind diese Stellen meist zum Scheitern verurteilt. Auch der beiläufig aufgebaute Humor, will nicht so recht zünden. Daraus ergibt sich schlussendlich noch ein weiteres Problem: Fehlende Charaktertiefe. So sehr sich Chris Evans in seiner Rolle auch bemüht (darstellerisch wie körperlich), seine Figur bleibt deutlich zu blass sowie seltsam austauschbar. Die Motive werden kaum beleuchtet und auch das Agieren mit seiner Umwelt gestaltet sich nicht immer recht nachvollziehbar. Besonders bemerkbar macht sich dies bei der Beziehung von Steve Rogers zum Wissenschaftler Abraham Erskine. Anfangs als Vaterfigur aufgebaut, verschwindet dieses Motiv schnell wieder und die vorher weise gesprochenen Worte gehen in der Story unter. Während Iron Man eine Parodie seiner selbst ist, Hulk mit inneren Dämonen kämpft, Thor naiv eine neue Welt erkundet, bleibt Cap einfach profillos zurück und somit ein Schatten seiner selbst.
Auch den vielen Sidekicks ergeht es ähnlich. Zwar kann Dominic Cooper als ambitionierter Iron Man-Vater Howard Stark für ein paar gelungene Szenen sorgen, doch das Gefühl bleibt, dass hier einfach deutlich mehr drin gewesen wäre. Dies trifft ebenfalls auf die pseudo romantische Beziehung zwischen Captain America und Peggy Carter (Hayley Atwell) zu. Die taffe wie schlagkräftige Offizierin schmachtet dem Helden lange hinterher, ohne dass jemals wirkliche Gefühle aufkommen. Die Auftritte von Neal McDonough als irisch grimmiger Kämpfer Dum Dum Dugan oder Sebastian Stan als treuer Freund James Buchanan ‘Bucky’ Barnes, sind indes vollkommen verschenkt. Sobald die Figuren keine Rolle mehr spielen, sind sie auch schon wieder aus dem Sinn. Einzig und allein Tommy Lee Jones kann als Colonel Phillips für etwas Auflockerung sorgen. Seine Paraderolle als harter Knochen vom alten Schlag ist gelungen und sorgt immer wieder für ein klein wenig Humor.
Während die Story durchaus überzeugen kann, dafür aber die Charaktertiefe fehlt sowie die Bindung zum Setting, bleiben auch die Actionszenen weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Spannung oder gar ein Mitfiebern entsteht nicht und dies obwohl es regelmäßig ordentlich kracht. Denn was Regisseur Joe Johnston auf die Beine stellt, kann sich durchaus sehen lassen. Reihenweise fliegen Fahrzeuge in die Luft, spektakulär lösen sich Leute auf oder der Bildschirm wird gleich zum wahren Schlachtfest. Die Nazis indes, bleiben seelenlose Feinde, die mit ihren fragwürdigen Masken eher für trashige Momente sorgen. Wenn Cap zudem auch noch in regelrechter Grindhouse-Manier mit Motorrad durch reihenweise Explosionen fährt, bleibt die Frage, welches Ziel die Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeely eigentlich verfolgten. Hugo Weaving hat schließlich als Red Skull dann auch kein großartiges Interesse mehr daran, wirklich als sadistisches Feindbild zu wirken. Viel zu gelangweilt wandelt der Matrix-Star durch die Kulissen, sodass hierdurch eine weitere Bindung zum gezeigten vernichtet wird. Wer jetzt zumindest hofft, dass die 3D-Effekte für den nötigen Spaßfaktor sorgen, dürfte ebenfalls enttäuscht werden. Nur gelegentlich kann der Effekt überzeugen, die meiste Zeit ist er jedoch unnötig.