Langlebige Horrorfranchises gibt es reichlich, qualitativ sind sie aber in der Regel ein ewiges Auf und Ab. Ob nun Halloween, Freitag der 13., Texas Chainsaw Massacre oder Child's Play, wirklich sicher sein kann man sich nie, was ein neuer Ableger mit sich bringt. Die Evil Dead-Reihe hat in den letzten vier Jahrzehnten jedoch echte Beständigkeit bewiesen, ohne dabei zu enttäuschen. Und das, obwohl es stilistisch in unterschiedlichste Richtungen ging: vom düsteren Horror bis zum albernen Spaß war schon alles dabei. Selbst das knallharte Remake von Fede Álvarez (das ungekürzt in Deutschland auf dem Index steht), war eine richtig positive Überraschung, was man von vielen anderen Remakes diverser Klassikern nicht behaupten kann.
Dennoch sollte es lange zehn Jahre bis zur indirekten Fortsetzung Evil Dead Rise dauern, für die diesmal Lee Cronin (The Hole in the Ground) verantwortlich ist. Trotz hoher Beliebtheit der Marke war ursprünglich vorgesehen, den Film direkt auf HBO Max im Streaming zu veröffentlichen. Doch Testscreenings verliefen derart gut, dass sich das Studio kurzerhand umentschied und einen Kinorelease freigab. Definitiv die richtige Entscheidung, denn auch diesmal kommen Genrefans voll auf ihre Kosten. Dieser Film gehört auf jeden Fall auf die große Leinwand!
Evil Dead Rise verlagert den Schauplatz von der Waldhütte in die Großstadt. In einem in die Jahre gekommenen Gebäudekomplex LA's bekommt es dabei eine fünfköpfige Familie schon bald mit den sadistischen Dämonen zu tun. Wie das Necronomicon (das Buch der Toten, das alles Übel in Gang setzt) in ihre Hände fällt, ist eigentlich ziemlich absurd herbeigeführt, jedoch angesichts des Spaßes, der sich anschließend daraus entwickelt, glücklicherweise schnell wieder vergessen. Der Kulissenwechsel stellt sich schon bald als echte Stärke heraus, denn er bringt eine angenehme Frische und ein beklemmendes Gefühl mit sich. Die Akteure können den Handlungsort aus gegebenen Gründen nicht verlassen und sind den dortigen teuflischen Spielereien hilflos ausgeliefert.
Stilistisch hält sich Cronin mit seinem Film nah am Stil des Vorgängers von Álvarez. Bedeutet, dass auch Evil Dead Rise ein richtig harter, blutiger Horrorschocker ist, der durch und durch finster und diabolisch ausfällt. Und all die (originell erdachten) Gemeinheiten werden in einem derart hohen Tempo aufgefahren, dass Leerlauf oder Monotonie gar nicht erst möglich werden. Der psychische und auch physische Terror spielt sich hier vor allem innerhalb einer Familie ab und macht auch vor Kindern nicht halt, wodurch der ganze Spuk noch an Intensität gewinnt. Die hervorragende Maskentechnik und der Einsatz von reichlich Kunstblut (stolze 6500 Lieter wurden hier verwendet) unterstreichen das Engagement und die generell sehr hohe handwerkliche Kompetenz des Teams, das CGI meist bedacht statt aufdringlich einsetzt und so für einen stimmigen Look sorgt.
Evil Dead Rise erlaubt sich zwischendurch auch einige fiese Späßchen, die grob an vergangene Tage erinnern, ohne es damit aber zu übertreiben und zu albern auszuarten. Von einem Ash vs. Evil Dead, Tanz der Teufel 2 oder Army of Darkness ist man also weit entfernt, der Ton bleibt insgesamt weitestgehend ernst und unheimlich. Doch mit gutem schwarzen Humor, der dezent eingebaut wird, macht sich der Film an passender Stelle locker und sorgt für Kurzweil, ohne, dass man ihn seiner Spannung beraubt.
Lob verdienen auch die Darsteller*innen, allen voran Alyssa Sutherland (Vikings) und Lily Sullivan (Monolith). Beide gehen wahrlich durch die Hölle, was sie auf jeweils ihre Art richtig gut meistern. Franchise-Urgestein Bruce Campbell hat sich bekanntlich nach Beenden der Serie aus der Reihe verabschiedet, hier ist er nur noch hinter der Kamera als ausführender Produzent mit an Bord. Das ist natürlich irgendwo schade, verhilft Evil Dead Rise allerdings auch dazu, auf eigenen Beinen zu stehen. Und das gelingt dem Film ziemlich gut. Auf gelegentlichen Fanservice in Form kleinerer Hommagen muss man aber trotzdem nicht verzichten.