Inhalt
Die Psychiaterin Constance Petersen ist hin und weg von ihrem neuen Chef Dr. Edwards, der die Leitung der Heilanstalt „Green Manors“ übernimmt. Wie sich aber herausstellt, ist der Mann in den sie sich verliebt hat nicht Edwards, sondern eventuell sogar sein potenzieller Mörder. Überzeugt davon, dass es sich um einen Irrtum und eine geistige Verwirrung seinerseits handelt, begibt sie sich mit ihm auf eine riskante Flucht…
Kritik
Die erste von insgesamt drei Zusammenarbeiten von Alfred Hitchcock und Ingrid Bergman erscheint auf den ersten Blick wie ein psychologisch-affektiert runtergerocktes Knallbonbon aus dem Freud-Discount-Katalog, erweist sich aber als eine seiner schönsten und sogar künstlerisch hochwertigsten Arbeiten, die ein als übergeordnet eingeläutetes Thema fast zum berüchtigten Macguffin macht. Die Psychoanalyse nach Sigmund Freud, sie dominiert die Geschichte, und das von Beginn an. Auch und besonders die Hauptfigur Dr. Constance Petersen (Bergman), die einzig und allein ihrem Beruf, ihrer Passion verschrieben scheint. Eine professionelle, aber gewollte Jungfer, so wird sie präsentiert. Bis der neue Leiter ihrer Psychiatrie, Dr. Edwards (Gregory Peck, Ein Köder für die Bestie), eintrudelt und ihr als eingefroren eingeläutetes Herz wie ihren unantastbaren Verstand im Sturm erobert. Aber irgendwas ist faul im Staate Dänemark, was sich recht schnell herausstellt. Dass der neue Chefarzt eindeutig weder den Anforderungen entspricht, noch einer genaueren Prüfung seines Backrounds standhalten würde, das wird dem Zuschauer sehr schnell, Ingrid Bergman und dem Rest vom Schützenfest kurz danach glasklar. Also was genau macht er hier und was hat ihn zu so einem kuriosen Identitätendiebstahl geführt?
Es kommt, wie es nach dem Hitchcock-Katalog kommen muss: (Vermeintlich) Unschuldige auf der Flucht, diesmal aber mit einer sehnsüchtigen Romantik als Treibstoff im Vordergrund, die wunderbar den Plot erst in seiner Effektivität befeuert. Eine ehrliche, fast flehende Hoffnung auf die wahre Liebe ist essentiell für das weitere Geschehen, ähnlich dem zweiten Hitch-Bergman Berüchtigt. Mit dem Unterschied, dass der Zuschauer genauso lange im Unklaren tappt und der Plot einige Stolperfallen bereithält, gerade weil Hitchcock sich nicht wirklich darum bemüht, seine psychologischen Gedankengänge glaubhaft zu hinterlegen. Um eventuell kleinkariert aufzutreten: Einiges an den hier präsentierten, psychoanalytischen Puzzleteilen ist natürlich völliger Nonsense und verkauft diese absolut seriöse Methode ein Stückweit als kuriosen Taschenspielertrick, was dem Film augenscheinlich nicht förderlich ist. Aber hier zaubert Hitchcock seinen Joker namens Macguffin aus dem Zylinder. Und dementsprechend ist es wirklich total wurscht, wie fragwürdig manche Konsequenzen erscheinen mögen. Der Weg ist das Ziel. Wunderbar interpretiert mit famosen Szenen (von Rasiermesser bis Revolver und surreal-verspielten Traumsequenzen von Salvador Dali), in einer hinreißenden Kombination aus Romanze und Thriller (sogar noch besser als in Berüchtigt, da hier die Emotion das Zünglein an der Waage ist), die jedwede Glaubwürdigkeit eintauscht gegen den –perfekten - Effekt.
Fazit
Das Gefühl, nicht der Verstand ist bei „Ich kämpfe um dich“ ausschlaggebend. Wunderbar, emotional und empathisch kreiert Hitchcock einen vom Inhalt angreifbaren, aber von der Präsentation so beeindruckenden und kraftvollen Film, der jedwede Nörgelei zwar als augenscheinlich berechtigt, aber sie dennoch nicht als wirklich notwendig entlarvt. Mit Metaphern und Symbolen spielerisch agierend (Türen, Treppen, Licht & Schatten) und in seinem Herzen mehr Romanze als Thriller ist „Ich kämpfe um dich dich“ einer der ehrlichsten, wuchtigsten und technisch effektvollsten Hitchocks, der zudem eine krachende Pointe beinhaltet, die ihres gleichen sucht.
P.S:. Niemand raunt so sinnlich „Leberwurst“ wie die Bergman.
Autor: Jacko Kunze