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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Der Gerichtspathologe Dr. Warren Chapin macht eine sonderbare Entdeckung: Offenbar wächst in Situationen panischer Angst an der Wirbelsäule des Menschen ein Parasit, der das Rückgrat seines Wirtes zerstört und ihn somit töten, außer er wird durch einen lautstarken Angstschrei seines Opfers vorher abgetötet. Um seine Theorie und somit die Existenz der von ihm „Tingler“ getauften Kreatur zu beweisen, schmiedet er einen furchtbaren Plan: Er will eine taubstumme Frau in panische Todesangst versetzen, um den Tingler in ihr zu wecken. Denn ein erlösender Schrei ist von ihr nicht zu erwarten…

Kritik

In einer gerechten Welt hätte William Castle zumindest posthum einen Ehrenoscar für sein Lebenswerk und seinen einzigartigen Beitrag für das Kino, die Liebe zu dieser inzwischen längst nicht mehr so unantastbaren Kulturform bekommen. Ein positiv verrückter Träumer, ein unerschütterlicher Enthusiast und Selfmade-B-Movie-Mogul, der sich selbst als eine Mischung aus Orson Welles und Alfred Hitchcock sah und gerne sehr bewusst genauso in Szenen setzte. Dieser dezente Anflug von Größenwahn und Selbstüberschätzung, gepaart mit seinen extrem bescheidenen Produktionsmitteln rückte ihn zwar eher in die Nähe eines Ed Wood, mit dem Unterschied das Castle durchaus verstand, wie er mit seinen eingeschränkten Möglichkeiten einen effektiven Film auf die Beine stellen konnte (der so funktionierte wie angestrebt und nicht ausversehen einen Heidenspaß machte). Nach etlichen Billig-Auftragsarbeiten gründete er - tatsächlich angetrieben durch eine lange Schlange vor dem Kino zu Henri-Georges Clouzot’s Meisterwerk Die Teuflischen und die Erkenntnis, dass richtig vermarktetes Genre-Kino eine Goldgrube darstellte – seine eigene Produktionsfirma. Mit wenig Geld auf der hohen Kante und ohne großen Studio im Rücken musste er die Leute von der Straße irgendwie in seine Nischen-Filme lotsen und kam daher bei seinem Studio-Debüt zu einem einzigartigen Marketing-Trick, der alles Folgende prägen sollte.

Mit falschen Krankenschwester, Sanitätern, Krankenwagen und Ärzten vor den Kinos sowie einer 1000 $-Versicherungspolice für jeden Besucher, die gegen den Tod aufgrund von nicht auszuhaltender Spannung entschädigen sollte wurde sein sonst wahrscheinlich sang- und klanglos untergegangener Thriller Macabre zum echten Happening und klitzekleinen Straßenfeger. Dieses Konzept – den Event um den Film herum; das Gimmick, das den Kinobesuch unabhängig vom Film an sich zu einem prägnanten und spannenden Erlebnis macht – verwendete Castle von nun an bei jeder seiner eigenen Regiearbeiten und baute es immer weiter aus. Seine vermutlich beste und effektivste Idee ist Teil von Schrei, wenn der Tingler kommt. Auch weil der Film dadurch nicht nur am Rande etwas aufgemotzt und ausgeschmückt wird, er arbeitet von Anfang an und komplett mit seinem Gimmick bzw. konsequent darauf hin. Dadurch läuft er natürlich Gefahr, ohne diesen Extra-Service, sprich z.B. jetzt bei der Heimkinoauswertung, nicht mehr funktionieren zu können. Erstaunlicherweise ist dem nicht so. Es ist lediglich von Vorteil zu wissen, was damals vor sich ging. Das vor Augen wird man als Zuschauer ein wenig traurig, nicht selbst diesem Spektakel beigewohnt zu haben.

„Beraubt“ durch den ursprünglich angedachten, interaktiven Gruseleffekt funktioniert Schrei, wenn der Tingler kommt dennoch allein durch seine grandiose, klar zu erkennende Strukturierung, welche ihn zu einem (Beinah)Meisterwerk des Low-Budget-B-Movies macht. Ein ganz seltener Fall von direkter Interaktion von Film und Publikum, ein durchbrechen der Leinwand, sogar auf physische Art und Weise. Auf dem Papier sieht man hier „lediglich“ einen kleinen Gruselfilm, der dafür schon mit Castle-Buddy Vincent Price (Das Haus auf dem Geisterhügel) einen echten Star des Genres, eine ungewöhnlich-kreative Creature-Story rund um den Tingler (sieht aus wie eine Mischung aus Hummer und Riesen-Ohrenkneifer) und einige smarten Ideen zu bieten hat. Durchzogen mit pechschwarzem, makabrem Humor schreckt der extrem gut aufgelegte Price nicht vor moralisch mehr als fragwürdigen LSD-Selbst- und (ungefragten) Fremdversuchen zurück (intravenös übrigens. Wenn schon Drogen, dann bitte auch richtig), um eine taubstumme Frau auf grausamste Art in den Wahnsinn zu treiben. In der Hoffnung, ein Wirbelsäulen-sprengendes Monster wird in ihr heranwachsen und prächtig gedeihen können, da sie nicht in der Lage ist, den befreienden Panik-Schrei auszustoßen. Alles im Sinne der Wissenschaft, ganz uneigennützig, versteht sich von selbst. Wie übel!

Dieser fiese Monster-Streich wirkt vom Narrativen, Inhaltlichen und natürlich auch seiner Inszenierung oftmals ziemlich naiv, ist jedoch genau das nicht. Das ist ein fast perfekt konstruiertes Gesamtkunstwerk, das auch als solches betrachtet und beurteilt werden sollte. Denn Castle’s Gimmick ist diesmal nicht nur ein kleiner Gaukler-Effekt wie in einigen anderen seiner Filme, vergleichbar mit (den überflüssigen) 3D-Spielerein heutzutage, die den Film kein Stück wertvoller machen. Es wird zum unvermeidlichen Höhepunkt des Plots und sogar von Beginn an dementsprechend aufgebaut. Die Kinosäle wurden mit speziellen Sitzen präpariert, die sowohl fremdgesteuert sowie sogar unter Strom gesetzt werden konnten. Zusätzlich „lauerten“ Mitarbeiter in den Reihen, die am Siedepunkt mit Tingler-Attrappen um sich warfen. Alles nur in den letzten Minuten, doch bis dahin tut William Castle alles dafür, dass das Publikum sich wirklich vorkommt als würde Handlung und Realität plötzlich miteinander verschmelzen. Die ganze Zeit injiziert er bereits unbemerkt sein Entertainment-LSD, bis der große Knall mit voller Wucht auf seine „Opfer“ einprasselt. Das lässt sich schwer beschreiben ohne in eine ausführliche Analyse abzudriften, dazu fehlt hier eindeutig der Platz. Allein dass ein Film wie dieser das anbietet ist schon kurios. Und spricht für seine Qualität. Ein schelmischer Riesenspaß, selbst „nur von außen“ betrachtet.

Fazit

Auf seine ganz spezielle Art absolut außergewöhnlich. William Castle erschuf mit „Schrei, wenn der Tingler kommt“ eine Perle des sonderbaren Kinos, auf wahnsinnig kreative und liebevolle Weise zu echtem Leben erweckt. Erleben kann man es so leider nicht mehr (uneingeschränkt), aber noch rekapitulieren und sich immer noch daran erfreuen. Und das nicht zu knapp. Ein Liebhaber-Film zum Einrahmen.

Kritik: Jacko Kunze

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