Vielleicht einer der unterschätztesten, teilweise sogar komplett fehlinterpretiertesten Filme der 90er, zumindest zu seiner Zeit. „Starship Troopers“ musste sich damals von einigen Seiten gar vorwerfen lassen, faschistisches Gedankengut zu propagieren, dabei vermittelt er exakt das Gegenteil. Paradoxerweise zeigen diese unreflektierten Anschuldigungen erst, wie gut Paul Verhoeven („Fleisch & Blut“) seine giftige Kriegssatire in Wirklichkeit gelungen ist.
Er stellt neben dem Faschismus gleich noch jeden großen Krieg des letzten Jahrhunderts – vornehmlich mit US-Beteiligung – bloß, nutzt dazu deren eigenen, manipulativen und plakativen Methoden und verpackt es so wirksam, dass man es oberflächlich alles für bare Münze nehmen könnte. Verhoeven vertraut auf die Intelligenz seines Publikums, sich nicht durch die Bilder blenden zu lassen und selbst die (an sich überdeutlichen) Schlüsse aus dem zu ziehen, was er ihnen auf dem galligen Silbertablett serviert. Dass das einige Menschen in den falschen Hals bekommen oder den Film sogar aus der falschen Gründen feiern spricht nur für die Wirksamkeit, Cleverness und Brillanz von „Starship Troopers“.
„Would you like to know more?“
Im Namen der Freiheit und des Friedens – was denn auch sonst? – werden junge, enthusiastische Menschen direkt von der Schulbank für die gute Sache verpflichtet. An ihr Ehrgefühl, ihren Patriotismus und ihr Verantwortungsbewusstsein wird appelliert, wenn im Wochenschaustil über den Krieg gegen den grausamen, gnadenlosen und primitiven Feind berichtet wird. Join Up Now, leiste deinen Beitrag und kämpfe für deine Rasse. Die Ausbildung noch wie ein großer Abenteuerspielplatz, auf dem man besser nicht den Helm abnehmen sollte; das junge Frischfleisch zu einer Einheit geformt, Kameradschaft und militärischer Drill werden groß geschrieben. Dem Kampfeinsatz wird entgegen gefiebert wie dem ersten Date, endlich kann man sich beweisen, dem Feind in den Arsch treten.
Erst auf dem Schlachtfeld wird man sich gewahr, welchen Zweck man eigentlich erfüllt: Kanonenfutter in einem ausweglosem Gemetzel. „Starship Troopers“ ist Kriegssatire in Reinform, nicht witzig, sondern zynisch, demaskierend. Bewusst schmückt Verhoeven seine Streitkräfte mit Motiven des NS-Regimes und lehnt sie noch deutlicher an der US-Army an. Mutig, so was wird speziell in den USA natürlich nicht gerne gesehen. Einem Paul Verhoeven ist sowas schnuppe, und ob die Menschen, die sich dadurch brüskiert fühlen würden dies überhaupt erkennen steht zudem auf einem ganz anderen Blatt. Von den beiden Weltkriegen, über Vietnam bis Desert Storm, „Starship Troopers“ zieht sich seine Anspielungen quer aus der realen Kriegshistorie und verbindet sie auf eine bitter-ironische Weise.
Bei der Wahl der Hauptdarsteller greift Verhoeven bis auf die alten Haudegen Michael Ironside („Die totale Erinnerung – Total Recall“) und Clancy Brown („Die Verurteilten“) offenbar ebenfalls sehr bewusst auf junge, wenig gestandene Darsteller zurück, die auch nach diesem Film nicht gerade die ganz große Karriere hinlegten. Zu den talentiertesten und fähigsten Mimen zählen Casper Van Dien („Sleepy Hollow“), Denise Richards („Wild Things“), Jake Busey („Identität“) oder Dina Meyer („Saw“) zweifellos nicht, doch gerade das macht sie eigentlich perfekt für die Rollen in diesem Film. Sie verkörpern eine gewisse Naivität und ihr nicht hochkarätiges Spiel passt zu Verhoevens Inszenierung, die einer grellen, überzogenen Parodie gleicht.
Gerade das Beziehungshickhack zu Beginn hat sogar gewisse Seifenoperqualitäten, ohne dass dies negativ ins Gewicht fällt, den satirischen Grundton nur noch deutlich hervorhebt. „Starship Troopers“ ist kein ernstgemeinter Actionfilm, er ist eine radikale Parabel, der darüber hinaus aber auch alles bedient, was einen satten Sci-Fi-Actioner ausmacht. Die Effekte sorgen selbst heute noch für eindrucksvolles Staunen, die Schlachtszenen sind enorm wuchtig und brachial, Verhoeven-typisch wenig zimperlich. „Starship Troopers“ gleicht an vielen Punkten „RoboCop“, der von Ausrichtung und Umsetzung ähnlich zur Sache ging.
Man könnte es als doppelmoralisch bezeichnen, dass der Regisseur dem Krieg und dem militärischen Gebaren offen ins Gesicht spuckt, gleichzeitig jedoch das Bedürfnis nach Krawall und Brutalität mit viel Hingabe bedient. Könnte man, doch wer Verhoeven kennt und weiß wie er tickt, wird das nur als weiteres Stilmittel der Satire erkennen. Ein Antikriegsfilm der Krieg zelebriert und seine eigentliche Message dahinter versteckt. Das zieht der Regisseur beeindruckend konsequent durch, bis zum Ende, das ein vermeidliches Happy-End als Endsieg feiert und aus seiner gezielt einseitigen Perspektive dabei nie die Frage aufwirft, ob hier wirklich „die Gute“ gerade „die Bösen“ geschlagen haben…und es gerade dadurch tut bzw. gleich direkt beantwortet. Den Feind will man nur verstehen, um ihn effektiver vernichten zu können. Ihn WIRKLICH verstehen zu wollen, dass würde die Sache nur komplizierter machen…
„Nur ein toter Bug ist ein guter Bug!“
Wegtreten!