Neben Freddy Krüger, Michael Myers und Jason Voorhees war Killerpuppe Chucky einer der größten Schlitzer der 1980er und 90er Jahre. Nun hat der kleine Rotschopf, wie seine eben genannten Kollegen, auch ein Remake erhalten. Ein Remake, dass im Vorfeld nicht unumstritten war. Denn Chucky-Schöpfer Don Mancini war nicht involviert und will die Reihe, die er in den letzten Jahren mit Direct-to-DVD-Filmen wie Cult of Chucky fortführte, auch weiterhin mit Filmen und einer TV-Serie erweitern. Sollte der neue Child’s Play also erfolgreich genug sein, könnte es sein, dass uns demnächst zwei Mörderpuppen mit jeweils eigenen Storylines erwarten.
Verwechslungsgefahr besteht, aber wahrscheinlich nur durch den Namen Chucky, denn die Neuverfilmung von Lars Klevberg (Polaroid - Du weißt nicht, was Du auslöst) versteht es recht gut, sich mit eigenen Ideen vom Ursprung der Horrorfilmreihe abzukapseln. War es im Original ein Serienkiller und Voodoo-Zauber, der aus einer Puppe eine Gefahr machte, ist es im Remake eine fehlprogrammierte Künstliche Intelligenz. Das passt. War der Ursprung des ersten Chucky ähnlich diffus wie die politischen Bedrohungen der damaligen Zeit (Stichwort: Kalter Krieg), kommt die Bedrohung im Remake direkt aus der Cloud. Der neue Chucky hätte auch Alexa heißen können. Das bringt narrativ aber ein Problem mit sich:
Während Chucky - Die Mörderpuppe von 1988 durchaus Intensität daraus generieren konnte, dass das mörderische Spielzeug die meiste Zeit im Verborgenen agierte, spart sich das Remake dieses erzählerische Vorgehen. Ohne den Versuch zu unternehmen, etwas geheim zu halten sind wir als Zuschauer Zeuge, wie sich aus der hochtechnischen Puppe ein eiskalter Killer wird. Diese Wandung vollzieht sich dazu nicht, weil Chucky von Beginn an böse ist, sondern weil sein System einige Dinge zum Thema Freundschaft missinterpretiert. Merke: Zeig einem lernfähigen Spielzeug niemals Tobe Hoopers Texas Chainsaw Massacre 2!
Und so vertraut Child’s Play nicht auf den Aufbau von Spannung und Suspense, sondern versucht sein Publikum lieber mit garstigen Kills zu unterhalten, die im Kontext zur polierten Visualität des Films ziemlich krass ausgefallen sind. Im Remake gibt es zweifelsohne die brutalsten Morde der Chucky-Historie, die von Regisseur Klevberg dazu oft genug mit zynischen, manchmal sogar mit sadistischen Spitzen ausgestattet wurden. Wir sind auf die FSK-Freigabe gespannt, die zum Zeitpunkt der Pressevorführung noch nicht feststand.
Ein krasser Widerspruch zu diesen Gewalteskapaden ist der Versuch in die Handlung noch eine kindliche Gruppendynamik zu integrieren. Denn Chucky-Besitzer Andy (Gabriel Bateman, Lights Out) erhält im Laufe des Filmes Verstärkung durch ein paar Nachbarskinder. Das hat durchaus einen leichten Vibe des Clubs der Verlierer aus dem neuen Es. Kein Wunder, immerhin stecken die Produzenten der erfolgreichen King-Verfilmung auch hinter Child’s Play. Doch bedauerlicherweise zieht das Chucky-Script von Tyler Burton Smith (Kung Fury II: The Movie) dieses Element nicht konsequent durch und gegen Ende wird es fast schon stiefmütterlich fallen gelassen.
Wirklich schade, denn außerhalb dieser Kindergruppe gelingt es dem Film keine wirklich brauchbaren Figuren aufzufahren. Aubrey Plaza (Mike and Dave Need Wedding Dates) als Mutter bleibt konturlos, Brian Tyree Henry (Widows - Tödliche Witwen) als Cop sowie Nachbar hat Potenzial, dieses wird aber auch nicht vollständig genutzt, und alle weiteren Charaktere bleiben blass und dienen nur dazu vergessen oder von Chucky ermordet zu werden. Dieser wird in der US-Fassung von Krieg der Sterne-Held Mark Hamill gesprochen.
Wer es nicht weiß, Hamill hat sich über die Jahre einen hervorragenden Ruf als Sprecher erarbeitet. Sein Trickfilm-Joker gilt z. B. immer noch als eine der besten Versionen des ikonischen Bösewichts. Hamills Chucky kommt da natürlich nicht heran und auch nicht an die Vertonung des Originals (hier lieh Brad Dourif der Puppe seine Stimme). Das liegt einfach daran, dass der neue Chucky im Gegensatz zum Original eben doch keine wirkliche Persönlichkeit hat, sondern im Grunde halt nur ein defekter Computer ist.
Auch das neue Design der Killerpuppe will nicht so wirklich überzeugen. Vom Gesicht her erinnert der 2019er Chucky – selbst im Mördermodus – an die Augsburger Puppenkiste. Seine Mimik wirkt im Gegensatz zum ersten Chucky befremdlich steif und egal wie rot die Augen glühen und wie verzerrt seine Mundwinkel auch sind, wirklich furchterregend wirkt es nicht. Da waren selbst die letzten Auftritte der klassischen Mörderpuppe um einiges überzeugender, auch wenn diese gewiss kostengünstiger von der Produktion waren.
Insgesamt steht Child’s Play also eher im Schatten der Vorlage. Dennoch lässt sich ein rudimentärer Unterhaltungswert nicht absprechen und im neuen Ursprung von Chucky steckt durchaus ein galliger Kommentar zu unserer heutigen technisierten Zeit. Darüber hinaus ist es einfach schön, dass die Macher keine bloße 1:1-Kopie produziert haben, sondern wirklich versuchen etwas Eigenes zu erschaffen. Das Ergebnis dieses Versuches hat viele Macken und erlaubt sich leider einige Fehlentscheidungen. Für den kleinen Horrorhappen für Zwischendurch reicht Child’s Play aber allemal.