2023 war bislang sehr gut und abwechslungsreich zu Fans des Actiongenres. Fast & Furious 10 war vertraut hyper-bescheuert, Tyler Rake: Extraction 2 präsentierte drückende Sequenzen, John Wick bot zum vierten Mal ein Kopfschuss-Ballet der Extraklasse, Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil Eins lieferte bekannt hohe Qualität ab und Kandahar war anregend kernig , während der ähnlich gelagerte Guy Ritchie's Der Pakt etwas weniger auf Ambivalenz ausgerichtet war, dafür mehr durchschlagende Schusswechsel hatte. Nun kommt auch noch Freelance von Regisseur Pierre Morel in die deutschen Kinos. Der Franzose begann seine Karriere mit Ghettogangz - Die Hölle vor Paris, dem frischesten Actionfilme seiner Dekade. Es folgten mit 96 Hours ein internationaler Erfolg, der vermutlich auch der Höhepunkt war. Denn in den letzten Jahren ließen seine Projekte immer mehr zu wünschen übrig. Nach The Gunman oder Peppermint: Angel of Vengeance war der Boden doch eigentlich schon erreicht und Freelance könnte das Comeback des einstigen Hoffnungsträgers des europäischen Actionfilms sein, oder? Oder?!
Leider ist Freeelance eine bittere Enttäuschung. Das liegt nicht an der grundlegenden Geschichte. Die ist zweckmäßig und sogar in der Hinsicht amüsant, dass tatsächlich versucht wird dem Publikum weiß zu machen, dass Wrestler und Peacemaker-Darsteller John Cena einen glaubwürdigen Anwalt abgeben würde. Aber gut, das kann hingenommen werden und entbehrt auch nicht einer gewissen Kaltschnäuzigkeit, die vielleicht sogar das Beste am gesamten Film ist, während der ansonsten immer recht charismatische Cena, genau wie seine Co-Stars (dazu gehören die verschenkten Christian Slater, Marton Csokas und Alice Eve), sich entweder auf Autopilot oder Bauerntheater-Niveau munter durch die Szenerien und oft zu künstlich wirkenden Sets manövriert.
Wirkliche Action gibt es dabei kaum zu entdecken und wenn es dann doch mal kracht, ist das Ergebnis teils entsetzlich hüftsteif und schlapp. In einer Sequenz werden der kampferprobte Jurist und GLOW- sowie Community-Mitglied Alison Brie als Klatschjournalistin durch den Dschungel gehetzt. Hinter ihnen ist ein Hubschrauber her, der mit Bordgeschütz und Raketen auf das ungleiche Duo feuert. Das könnte Momente voller Kinetik ergeben. Szenen, die die Leinwand erbeben und den Puls in die Höhe rasen lassen. Nicht bei Freelance. Was ein Höhepunkt hätte sein können (vielleicht sogar sollen) unterscheidet sich nicht wirklich von andere Augenblicken des Films. Egal ob Comedy, Drama oder eben Action, hier wirkt alles wie ein und dasselbe. Ein Sandsack, der mit Wattebäuschen beworfen wird. Eine durchgängig schlapp herunterhängende Linie von der ersten bis zur letzten Minute.
Das Drehbuch von Jacob Lentz versucht dazu mit Juan Pablo Raba (The Marksman - Der Scharfschütze) als Autokrat Venegas einen Impuls in die Handlung zu integrieren, der aber keinen wirklich positiven Effekt mit sich bringt. Eher im Gegenteil. Die Mischung aus taktischen Politiker, Witzfigur aus der Klamottenkiste und südamerikanischem Charmeur zerrt recht bald ordentlich am Nervenkostüm und sorgt mit dafür, dass sich zwischen Cena und Brie nie eine wirkliche Chemie bilden kann. Das ist überaus schade, denn in den wenigen guten Momenten, ist ersichtlich, dass sich hier ein unterhaltsamer Abenteuerfilm verbirgt, vergleichbar mit The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt oder dessen großen Vorbild Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten.
Auf der anderen Seite weiß das Script auch nicht so recht, was es mit dem Duo anfangen soll. Die Entwicklung von Antipathie hin zu überdeutlichen und seltsam plumpen sexuellen Avancen findet nicht statt. Es wird einfach kurz gewechselt, nur um dann wieder zurückzuschalten. Das ist fast schon beachtlich krude, bringt die Figuren sowie die Geschichte aber keinen Millimeter weiter. Das meiste, was geboten wird, wirkt akinetisch. Sei es das Abenteuer an sich oder die Hintergrundgeschichte des Helden. Im krassen Kontrast dazu steht die abstruse Sprunghaftigkeit der Tonalität. Blutige Schusswechsel, dumme Sprüche, ernst gemeinte politische Aussagen, parodistische Verweise auf Stilistiken des Genres. Das alles wird munter versucht aneinanderzuheften. Das Ergebnis ist kein abwechslungsreiches Ganzes, sondern stotterndes, überaus anstrengendes Flickwerk mit teils eklatanten technischen Mängeln.