Schon in seinem gefeierten Kinodebüt Whiplash gelang es Regisseur Damien Chazelle auf unvergleichliche Weise, seine Begeisterung für die Musik mit einer psychologisch brisanten Geschichte über die Irrungen und Wirrungen des Lebens zu vereinen. Umso gespannter wartete man nun auf seine nachfolgende Regiearbeit, in der Emma Stone und Ryan Gosling sich in den Straßen von L.A. ins La La Land träumen. Das Projekt nahm in Chazelles Kopf schon seit einigen Jahren Form an, wurde von ihm aber hintenangestellt, da er zuerst Erfahrungen in der Realisierung eines kleineren Projektes wie Whiplash sammeln wollte. In La La Land widmete der Regisseur sich erneut seinem erklärten Herzensanliegen: eine Geschichte über die menschliche Existenz in dem Dilemma zwischen Realität und Wunschtraum zu erzählen. So träumte sich Damien Chazelle über die Jahre in eine musikerfüllte, farbenfrohe Welt des modernen Musicals und ließ nun zumindest diesen Traum Wirklichkeit werden.
Die Ausgangssituation ist ein Stau auf einem Highway in Los Angeles. Hupende Autos, wütende Menschen, Stillstand und frustrierende Machtlosigkeit. Hier, inmitten des geballten Ärgers der erfolglosen Glückssucher, begegnen sich Mia (Emma Stone) und Sebastian (Ryan Gosling) zum ersten Mal. Sie geraten derart aneinander, dass sich alles andere als eine Liebesbeziehung zwischen den beiden vorausahnen lässt. Zwar verbreiten die berauschenden Musiknummern schon zu Beginn eine von lebensbejahenden Glücksmomenten durchtönte Atmosphäre, doch die latente Unzufriedenheit der sich lediglich mit Nebenjobs über Wasser haltenden, jungen Leute bleibt als frecher Beigeschmack bestehen.
Dazu gesellt sich eine fast anti-romantische Zusammenführung der beiden Hauptfiguren. Die erfüllte Liebe blitzt am Horizont auf, indes die Realität des banalen Alltags ihr immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Damit nimmt Damien Chazelle, der auch für das Drehbuch des Films verantwortlich ist, seine romantische Intention geschmackvoll und gekonnt selber auf die Schippe. Er versieht einige knisternde Herzschlagmomente mit einem selbstkritischen Schmunzeln und steht an anderer Stelle wieder ehrlich für das pathetische Besingen der großen Liebe ein.
Einerseits ist La La Land eine liebevolle Hommage an die unvergesslichen Musical-Klassiker der 40er, 50er und 60er Jahre geworden und lässt eine Ahnung vom Glanz der goldenen Jahre Hollywoods entstehen. Andererseits entwickeln Chazelles berauschende Kamerafahrten in Abwechslung mit schnellen elektrisierenden Bildschnitten eine moderne Bildästhetik, die dem Genre neues Leben einzuhauchen vermag. Der Film lässt Musik und Bilder in einem synchronen Rhythmus gemeinsam pulsieren und nahtlos ineinanderfließen. Aufwändige Massenchoreografien auf sämtlichen Autodächern der im Stau stehenden Autos oder auf glanzvollen Gala-Abenden der hohen Gesellschaft Hollwoods wechseln sich mit intimen Solonummern ab, die von Ryan Gosling und Emma Stone auf erquickend natürliche und energiegeladene Weise gesungen und gespielt werden.
Wie kaum ein anderer Film der letzten Jahre beweist La La Land ein großes Herz für die Musik. Er vereint mehrere Musikrichtungen in sich und positioniert sich aus Sicht der verschiedenen Figuren für oder gegen ein bestimmtes Genre. Nebenbei diskutiert er auf reife Art und Weise die Frage nach Kunst oder Kommerz in einer Welt, die überfüllt ist von Meinungen und Behauptungen. Der Klangteppich des Films spiegelt dabei die Vielfältigkeit und unbegrenzte Anzahl an Möglichkeiten wider, die innerhalb der Musikrichtungen, insbesondere des Jazz, existieren und Beachtung verdient haben.
Ausgehend von der mit Augenzwinkern und Unterton versehenen Begegnung der beiden idealistischen jungen Menschen, entwickelt der Film eine faszinierende Mischung aus existenzialistischem Beziehungsdrama und romantischer Fahrt zu den Sternen. Selten sah man diese beiden Extreme harmonischer und formvollendeter in einem Stück Film verschmolzen. Im Zentrum steht dabei immer die persönliche Lebensgeschichte von Mia und Sebastian. Vor wunderbar überstilisierten Farbkulissen und in den behutsamen Klangpausen entwickeln sich zwischen den Charakteren Dialoge über die ureigensten Befürchtungen, Hoffnungen und Gewissenskonflikte des Menschen. Sebastian wird von seinem Freund Keith (John Legend in seiner ersten großen Filmrolle) vorgeworfen, ein unverbesserlicher Traditionalist zu sein, der an seinem Retro-Jazz festhalte und nicht das Zeug zum Revolutionär habe. Mia wird mit der Realität des unmenschlichen Wettkampfes um Rollenangebote konfrontiert und wagt immer seltener zu hoffen. Trotzdem geben sie nicht auf und werden zu hartnäckigen Träumern.
Neben den Melodien mit garantiertem Ohrwurmpotenzial und der visuell betörenden Bildästhetik bleibt auch die Erzählweise der Geschichte nachhaltig in Erinnerung. Während das Leben von Mia und Sebastian in Momenten ihrer Einsamkeit beschleunigt geschildert wird, strahlt der Film in den Momenten ihres Aufeinandertreffens die lebendige Kraft des Atemholens aus, indem er zum Stillstand kommt und in der Handlung zurückspult, um weiter ausholen und den Zuschauer ins Boot ziehen zu können. Dadurch beweist La La Land einmal mehr, wie viel ihm an seinen Charakteren liegt und erzeugt eine Dynamik, wie sie nicht oft im Kino zu erleben ist.