Vergangenen Herbst machte auf Youtube und in sozialen Medien ein Video die Runde, was zugleich beeindruckte und erschreckte. Es zeigte Drohnenaufnahmen von San Francisco, in glühendes Rot getaucht und untermalt von Vangelis' unvergesslichen Synthie-Klängen aus Ridley Scotts Sci-Fi Meisterwerk Blade Runner. Aber auch wenn der Clip u.a. unter „Blade Runner 3020: San Francisco" viral kursierte, spielte sich dieses Schauspiel weder in der Fiktion, noch in der Zukunft, sondern im Hier und Jetzt ab. Oder vielmehr in den Wäldern von Kalifornien, wo die Brandsaison aufgrund von anhaltenden Dürreperioden bereits im Sommer einsetzte und bis Dezember sage und schreibe 4,2 Millionen Quadratkilometer Fläche vernichtete.
They Want Me Dead spielt hingegen zwar statt in Kalifornien im schätzungsweise über 800 Meilen entfernten Montana, doch sind auch diesem ebenso von Wäldern geprägten, nördlichen US-Bundesstaat ausgeartete Feuersbrünste leider ebenso wenig fremd. Auch Regisseur Taylor Sheridan, dessen Drehbuchdebüt Sicario glücklicherweise in den mehr als fähigen Händen von Denis Villeneuve (Blade Runner 2049) landete, scheint sich in diesen Gefilden ausgesprochen wohl zu fühlen. Und so siedelt er nun nach der Serie Yellowstone mit Kevin Costner, die nicht nur dem Namen nach dort beheimatet ist, seine neueste Regiearbeit ebenfalls da an. Anders als bei seinen Erfolgsfilmen Wind River oder Hell or High Water, versucht Sheridan sich hier nun aber erstmals an einer Romanverfilmung, was man dem Streifen leider auch unweigerlich anmerkt.
Diesem Umstand und dass neben ihm selbst Charles Leavitt (Blood Diamond) und davor sogar noch Michael Koryta, auf dessen Vorlage von 2014 die Geschichte beruht, am Skript herumwerkelten, dürfte es dann auch wohl hauptsächlich geschuldet sein, dass They Want Me Dead sich vor allem in der ersten Hälfte nicht nur als ausgesprochen zäh, sondern auch unnötig kompliziert erzählt erweist. So wird der denkbar simple Plot um eine traumatisierte "Feuerwehrspringerin", die eher durch Zufall in einen kleinen Jungen hineinstolpert, der wiederum als unfreiwilliger Zeuge von zwei Killern gejagt wird, anfangs fast schon so umständlich aufgerollt, als wollte das Drehbuch daraus einen vielschichtigen Episodenfilm zimmern, der vorgibt, mehr zu sein, als er ist. Erst etwa genau in der Mitte der zunächst kurzweilig anmutenden 95 Minuten, nimmt die Handlung tatsächlich an Fahrt auf und lässt die bis dahin teils unzusammenhängenden Plotlines sich zusehends überkreuzen und ineinanderfließen.
Das wäre allerdings soweit verschmerzbar, wenn They Want Me Dead bis dahin großartig Nennenswertes zu erzählen hätte. Leider aber entpuppen sich neben der schnörkellos schlichten Story, die mitunter wie ein Relikt der 90er Jahre wirkt, auch die Figuren überwiegend als Dutzendware. Insbesondere Oscarpreisträgerin Angelina Jolie, die hier nach Maleficent: Mächte der Finsternis und vor ihrem Einstand ins Marvel Cinematic Universe mit Eternals endlich mal wieder auf der Leinwand zu sehen ist, hat sich mit diesem Auftritt ganz sicher keinen Gefallen getan. Selbst bedeckt von Rauch, Ruß und Schmutz, wirkt die 45-Jährige als Feuerwehrfrau Hannah wie ein völliger Fremdkörper, der sich teils sogar noch mehr vom geerdeten Setting abhebt als die meist zu offenkundig digitalen Feuereffekte.
Das verpasst vor allem den obligatorischen Rückblenden, in denen wir Hannahs Trauma und Hilflosigkeit vor Augen geführt bekommen, neben Jolies glattgebügelter Präsenz und den ansonsten durchaus beeindruckenden Landschaftspanoramen von Kameramann Ben Richardson, etwas geradezu irritierend Artifizielles, das sich aber wiederum mit der eher klassisch haptisch inszenierten Action beißt. Aber auch abseits der glatten Fehlbesetzung der Hauptrolle, liest sich der Cast von They Want Me Dead mit Jon Bernthal, Aidan Gillen, Nicholas Hoult (und sogar ganz kurz Tyler Perry!) auf dem Papier besser als beim Rollen des Abspanns. So wirkt der Film lange Zeit nicht nur merkwürdig unentschlossen, wer nun eigentlich Dreh-und Angelpunkt des Ganzen sein soll, er verhaftet seine Darsteller auch in denkbar rudimentären Reißbrettrollen, bei denen sich allenfalls noch Aidan Gillen als gnadenloser Killer mit ein paar fiesen Akzenten hervortun kann.
Hier darf Taylor Sheridan dann auch mal tatsächlich, bewaffnet mit einem glühenden Brenneisen vorm Gesicht einer Hochschwangeren, seine sonstigen Qualitäten in punkto Gewalt und Rohheit zumindest mal durchschimmern lassen, die man aber ansonsten über weite Strecken vermisst. Zu sehr mangelt es They Want Me Dead spürbar an Spannung, wirklichen Höhepunkten oder kritischen Zwischentönen im Hinblick auf sein feuriges Szenario, was irgendwann nur noch als ein beliebig eingesetztes Gimmick daherkommt. Dass der abgegriffen wirkende Stoff aber womöglich besser zum launigen, überbesetzten B-Movie getaugt hätte und weniger Survivalthriller mit betont bierernstem Anstrich, wird schlussendlich nochmal dadurch besonders offensichtlich, dass zwischenzeitlich sogar tatsächlich Nicolas Cage (!!) für eine Rolle darin vorgesehen gewesen sein soll...